Alissa 4 - Die letzte Wahrheit
Bootes, und Strell wischte sich das Salzwasser aus dem Gesicht und blickte weiter in den Himmel. Er hielt den Atem an, als Keribdis erneut angriff. Sie verfehlte Alissa immer wieder und wurde mit jedem Mal zorniger. Alissa hielt sich aufreizend knapp außerhalb ihrer Reichweite und forderte sie immer weiter heraus. Doch dann begann Alissa in die Höhe zu steigen. Langsam wurden die beiden Gestalten kleiner. Eine Lücke tat sich zwischen ihnen auf, die stetig größer wurde. Sein Herz pochte laut. Keribdis konnte nicht mithalten. Alissa würde gewinnen!
Dann zauderte Alissa. Sie wand sich vor Schmerz, dessen Ursache Strell aber nicht erkennen konnte, und blieb in der Luft hängen. Strell schnappte nach Luft, als sie abstürzte. Keribdis stieß mit einem Triumphschrei auf sie herab, die Klauen ausgestreckt. Strell musste in hilfloser Panik zusehen, wie sie Alissas langen Schwanz packte.
Ihm blieb fast das Herz stehen, als Alissa krampfhaft erschauerte. Keribdis riss unerwartet die Schwingen hoch, so dass sie mitten im Flug mit einem brutalen Ruck abgebremst wurde. Alissa entwand sich ihr, überschlug sich geschickt und stieß nun ihrerseits auf Keribdis hinab.
»Nein!«, schrie er, als sie in einem wirbelnden Knäuel vom Himmel fielen. Atemlos sah er zu, wie sie auf die Insel stürzten.
»Schneller!«, brüllte er, und Connen-Neute raste auf den Strand zu. Die beiden Rakus schlugen leblos auf dem Sand auf. Keiner von beiden rührte sich.
Er wurde nach vorn geschleudert, als das Ruderboot auf den Strand schrammte. Einer der Rakus bewegte sich, kam geduckt auf die Beine, hielt die Schwingen aber in einem seltsamen Winkel. Außer sich vor Angst brachte Strell das Boot zum Kippen und fiel in die Wellen. Er versuchte zu rennen, doch das Wasser zerrte an ihm. Er stürzte und schrie frustriert auf. Als er sich wieder hochrappelte, erhob sich der größere Raku, blutig und rasend vor Wut, auf die Hinterbeine. Strell drehte es den Magen um, als er den Schwanz durch die Luft peitschen ließ und den kleineren Raku am Hinterkopf traf.
»Alissa«, flüsterte er, als einer der beiden bewusstlos in den Sand fiel. Das war Alissa. Er wusste es.
Keribdis bäumte sich wild knurrend auf, Geifer troff ihr aus dem Maul. Strell spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Sie würde Alissa die Kehle herausreißen. Diesen Ausdruck hatte er schon einmal gesehen, bei einem Rudel Hunde, bevor die Tiere über einen verwundeten Rivalen hergefallen waren.
»Keribdis!«, rief Connen-Neute. Seine Stimme klang belegt vor Furcht. Strell entdeckte ihn am Waldrand, in seiner menschlichen Gestalt. Der große Raku fuhr herum und fauchte, als er feststellte, dass es Zeugen gab. Strell erbleichte. Die geflügelte Bestie breitete die blutenden Schwingen aus und erhob sich für einen Moment in die Luft. Eines ihrer Augen war blutig rot; der Sand war mit Blut gesprenkelt. Sie war außer sich vor rasendem Zorn.
»Keribdis!«, schrie Connen-Neute lauter und beinahe flehentlich. Strell kam taumelnd neben ihm zum Stehen. Hinter ihnen rauschten große Schwingen in der Luft, dann noch einmal. Strell wandte den Blick nicht von Keribdis ab, um nachzusehen, wer gelandet war.
Brüllend vor Wut bäumte Keribdis sich vor Alissa auf. Ihre gewaltigen Kiefer öffneten sich. Strell war starr vor Entsetzen. Sie würde sie töten. Sie würde Alissa töten!
Strell duckte sich, so gewaltig war der gebrüllte Protest, der über seinen Kopf hinwegdonnerte. Keribdis zögerte, und Strell brach vor Erleichterung beinahe zusammen. Seine Knie wackelten, und seine Hände schmerzten, so heftig hatte er sie zu Fäusten geballt. Er riss den Blick von Alissa los und entdeckte Yar-Taw, der soeben als Mann aus dem wirbelnden Nebel erschien.
Keribdis grollte, offenbar eine Antwort. Strell fuhr erneut herum. Der Raku stand wieder auf allen vieren. Mit erhobenem Kopf musterte Keribdis die ankommenden Rakus. Ihr zweites Augenlid schloss sich, um ihr verletztes Auge zu verbergen, und sie verwandelte sich in einem Wirbel aus nichts, der in der grellen Nachmittagssonne beinahe schwarz erschien.
Mit hämmerndem Herzen rannte Strell zu Alissa. Der Sand rutschte unter ihm weg, als er neben ihrem dreieckigen Kopf zum Stehen kam. Sie atmet, dachte er, und ein Aufschrei der Erleichterung entfuhr ihm. Er breitete die Hände aus, wusste aber nicht, wie er ihr helfen sollte. Sanft berührte er eine haarlose Braue und spürte die Wärme der Sonne auf ihrer Haut. Zornig sah er auf, und eine Woge
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