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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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gewesen. Nervös ließ Alissa ihre Barrieren sinken und spürte, wie Bestie das Gleiche tat. Eine Angst, die nicht die ihre war, rauschte durch Alissa. Erschrocken zog sie sich zurück und öffnete die Augen.
    Bestie wurde ungeduldig. »Das ist nur meine Angst«, dachte Bestie, und Alissa blickte sich in der stillen Kabine um. »Schmecke sie, und dann lass sie gehen.«
    »Sie schmecken«, brummte Alissa und erlaubte Besties Angst vorsichtig, den Rand ihres Bewusstseins zu streifen. Alissa ließ sie in sich einsickern, und es war, als gleite sie in einen kalten Fluss. Allmählich ließ ihrer beider Angst nach, und komplexere Gefühle konnten zwischen ihnen fließen – misstrauische Erwartung von Alissa und eine freudige Neugier von Bestie.
    Alissa rauschte das Blut in den Ohren. Angst war bei Bestie ein seltenes Gefühl. Ihre wilde Seite neigte eher zu überschäumender Begeisterung. Dass Besties Leidenschaft durch Alissa strömen sollte, als sei das ihre eigene Emotion, war beängstigend. Ihr Magen verkrampfte sich, und vor Aufregung kribbelten ihre Fingerspitzen. Wieder schloss sie die Augen und ließ sich von Besties Neugier beunruhigend tief in ihren geteilten Geist hinabziehen. Abrupt, ehe sie es sich anders überlegen konnte, gab Alissa sich ganz Besties Gedanken hin.
    Eine unerwartete, beinahe unerträgliche Woge von Gefühlen brandete in ihr auf, und sie spannte sich an. Besties Emotionen waren pur und beinahe brutal in ihrer schieren Kraft, ungezügelt von den selbst auferlegten Zwängen des Anstands, denen Alissa sich unterwarf. Sie spürte, wie ihre Lunge keuchend nach Luft rang, als Besties Emotionen durch sie hindurchströmten wie ein tosender Fluss durch eine schmale Schlucht.
    Alissa war wie betäubt von Besties kraftvollen, gewaltigen Gefühlen und brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass Bestie Angst davor hatte, den Wind zu verlieren. Erst jetzt begriff Alissa, warum Bestie nicht zuließ, dass jemand sie am Boden hielt. Bestie lebte wahrhaftig, um zu fliegen. Ihre Freude lag allein in Bewegung. Sie existierte nur im Jetzt, nur für das Jetzt. Sie hatte kaum eine Vorstellung von einem Morgen. Das war zugleich ihre Stärke und ihr Untergang.
    Deshalb kann sie die Liebe nicht verstehen, dachte Alissa voller Mitgefühl. Man musste ein gewisses Verständnis von Zukunft haben – und der Hoffnung, die daraus entstand –, um die Liebe begreifen zu können. Ein Stich durchfuhr Alissa, als ihr klar wurde, dass Bestie es nie verstehen würde. Sie konnte es nicht verstehen.
    »Ich kann es dich nicht lehren, und du kannst mich nichts lehren«, sagte Alissa, und ihr Kummer lastete so schwer auf ihr, dass sie ihre Lunge zwingen musste, Luft zu holen.
    »Dann haben wir versagt«, flüsterte Bestie.
    Besties Enttäuschung verschmolz mit Alissas und verdoppelte den Schmerz. Er war beinahe vernichtend stark. »Nein!«, rief Alissa. »Es muss einen Weg geben. Wir sind immer noch getrennt. Wenn wir uns noch näher kommen können, musst du es verstehen.«
    Sie weigerte sich, einfach aufzugeben, und tauchte in Besties Gedanken ein. Wilde Emotion schlug ihr entgegen. Alissa geriet in Panik, zwang sich aber, weiter in die Leidenschaft und wilde Unabhängigkeit einzudringen, die Bestie ausmachten. Besties hitziges Begehren zu fliegen, ihre Willensstärke, der Freiheit über alles ging, und das Vertrauen, das Bestie dem Wind entgegenbrachte, all das durchströmte Alissa – und ließ sie dennoch ganz. Es hatte nicht geklappt.
    Sie schaffte den Sprung nicht. Sie balancierte am Rand und war nicht in der Lage, sich aufzugeben, sich zu verlieren und ihre Gedanken eins werden zu lassen. Schlimme Dinge geschahen, wenn sie die Kontrolle über ihren Willen verlor, und sie fürchtete sich davor, sich gehen zu lassen, und sei es nur für einen Augenblick.
    Alissas Willen brach als trauriges Häuflein in sich zusammen, umgeben von Besties Gedanken. Sie wirkten so stark, verglichen mit Alissas oberflächlichem Selbstmitleid. Enttäuschung drückte Alissa nieder, Enttäuschung, die Bestie nicht teilte. Alissa würde gar nichts haben. Sie war zu einem Halbleben verdammt.
    »Ich kann nicht«, sagte Alissa hoffnungslos. »Ich kann meinen Willen nicht loslassen.«
    »Ich schon«, sagte Bestie. »Das tue ich jedes Mal, wenn ich fliege.«
    Alissas Anspannung war plötzlich wieder da. »Bestie? Warte!«, rief sie, denn sie sah, was Bestie vorhatte. Wenn Alissa es nicht tun konnte, dann gab es einen Grund dafür. »Die Verschmelzung

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