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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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hinweg. »Lasst ihn sich ungestört sein Grab schaufeln.«
    Talo-Toecan würdigte sie nicht einmal eines Stirnrunzelns. »Wir würden uns unser aller Grab schaufeln, wenn wir weiterhin zu ignorieren versuchten, dass Dutzende rezessiver Allele unbemerkt und unaufgezeichnet über unsere Grenzen entkommen sind«, stellte er mit geübter Beherrschung fest.
    »Ja!«, erklang ein ungeduldiger Zwischenruf. »Darin sind wir uns alle einig.«
    Ruen-Tag schob sich nach vorn, und seine goldenen Augen glommen vor Erregung. »Wir müssen alle drei Populationen wieder unter Kontrolle bringen und das Auftreten von Bewahrern verlangsamen«, sagte er, und Talo-Toecan bedeutete ihm mit einem Nicken fortzufahren. »Ich mag sie ja und so weiter, aber ich habe bereits fünf Schüler. Eine meiner Schülerinnen stammt aus einer Linie, in der es keine geben sollte. Das hat meine Aufzeichnungen ins Chaos gestürzt. Ich musste drei Generationen weit zurückgehen, um die Stelle zu finden, wo ihre Familie ein rezessives Küsten-Allel aufgeschnappt hat, ausgerechnet! Meine sämtlichen Tabellen mussten umgearbeitet werden, was mich jahrelange Arbeit gekostet hat. Ich habe nicht die Zeit, mich –«
    »Ja, ja«, beruhigte ihn Talo-Toecan mit erhobenen Händen. »Wir begegnen alle demselben Problem. Das unterstreicht nur meine Position, dass wir die Kontrolle noch weiter lockern, alle Barrieren, geografische wie psychische, auflösen und ihnen erlauben sollten, sich nach Belieben zu mischen.«
    In der Halle erhob sich streitlustiges Gebrüll. Talo-Toecan ließ sie toben und wandte sich den hohen, schmalen Fenstern und dem Himmel dahinter zu. Es war ein perfekter Morgen für einen weiten Flug: die Aufwinde beständig und stark, die Wolken dünn und hoch. Was hätte er nicht dafür gegeben, die schnippischen Empfindlichkeiten und sturen Temperamente sich selbst überlassen und in den Himmel abheben zu können.
    Aber Rakus liebten nun einmal das Debattieren. Sie konnten Jahrzehnte für eine wichtige Entscheidung brauchen, und ihre herzlose Missachtung ihrer schwächeren, menschlichen Verwandtschaft widerte ihn an. Sie versteckten sich in ihren Bergen und pflanzten den Menschen, die sie unauffällig manipulierten, den Glauben ein, Rakus seien nur geflügelte Bestien. Asche, selbst ihre Bewahrer wahrten das Geheimnis, und die Meister erkauften sich ihr Schweigen mit dem Versprechen auf »Magie«.
    Er wandte sich vom Himmel ab, als eine starke Stimme das allgemeine Durcheinander übertönte. »Sie sich vermischen zu lassen, würde alles noch schlimmer machen«, rief die Stimme vorwurfsvoll. »Das hast du selbst zugegeben, Talo-Toecan.«
    »Vorübergehend«, gestand er ein, doch sie hörten ihm schon nicht mehr zu. »Zwei Jahrhunderte lang viel leicht. «
    Etwas zupfte an seinem Ärmel, und er blickte auf Wy den hinab. Sie war errötet vor Verlegenheit, weil sie ihn unterbrochen hatte, und sein Ärger verebbte. »Es ist unmöglich, die relevanten Allele in einer homogenen Population nachzuverfolgen«, protestierte sie sanft. »Deshalb haben unsere Ahnen sie ja voneinander getrennt.«
    »In fünfzig Jahren würden wir von Bewahrern überrannt«, prophezeite ein anderer.
    »Septhamas und Shadufs würden nur so aus dem Boden schießen, wie Pilze auf einem Misthaufen«, meldete sich eine Stimme von ganz hinten, und ein Chor der Zustimmung mischte sich mit nervösem Lachen.
    »Es könnte sogar einen Transformanten geben, ohne dass wir je davon erfahren«, sagte Keribdis.
    Talo-Toecan wandte den Blick ihr zu und stellte fest, wie prachtvoll sie in ihrem stolzen, leidenschaftslosen Stursinn aussah. Sie stand auf dem Boden, doch ihre niedere Position im Verhältnis zu seinem erhöhten Standort hob ihre innere Stärke nur noch hervor. Das Geplapper verstummte, und Talo-Toecan runzelte die Stirn. Keribdis hatte ein geradezu unheimliches und sehr lästiges Talent dafür, den leisesten Nachteil an seinen Ideen zu finden und darauf herumzutrampeln. Es war nicht die Versammlung, die er überzeugen musste, sondern seine Gemahlin. Die Übrigen würden ihr folgen. Das taten sie immer.
    »Ja, Talo-Toecan«, sagte jemand vorwurfsvoll. »Was, wenn wir einen Transformanten hätten und gar nichts davon wussten? Möchtest du wirklich, dass einer hier auf der Feste erscheint in dem Glauben, er sei ein Bewahrer? Wer weiß, was wir dann für Ärger bekämen?«
    Er sagte nichts darauf. Waren sie denn alle blind?
    Ruen-Tag, stets Keribdis’ Stiefellecker, zog seine gelbe Schärpe

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