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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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könnten sie und Connen-Neute den Rest des Weges fliegen. Sie war nicht den weiten Weg bis hierher gekommen, um einfach umzukehren und nach Hause zu gehen. Doch als ihr Blick von Strell zu Lodesh huschte, fragte sie sich, ob sie das wirklich tun konnte.
    Kapitän Sholan hob die Hand, um seine Augen zu beschatten, und sog die Oberlippe ein, so dass sein Schnurrbart hüpfte. Das war eine nervöse Angewohnheit, und Alissa fragte sich, ob seine Angabe zu den Vorräten stimmte. »Habt Ihr das Steuerrad im Griff?«, fragte er, und als Lodesh nickte, fügte er hinzu: »Haltet sie ruhig.« Der Kapitän stemmte sich aus dem abgesenkten Deck hoch. Er trat zu seinem ersten Maat, dessen Wache gerade endete, und seine gebeugten Schultern ließen ihn besorgt erscheinen.
    Alissa sah wieder zu Lodesh, und sie verbarg ihr Lächeln hinter dem Becher voll starkem Tee. Er sah größer aus mit dem Steuerrad in der Hand und dem kraftvollen Schiff unter sich. Die Brise zupfte an den goldenen Locken, die unter seinem Hut hervorlugten. Den Blick auf den fernen Horizont gerichtet, wirkte er so entspannt und zufrieden, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte. »Das muss einfacher sein, als es aussieht, wenn er dich das Schiff allein steuern lässt«, sagte sie.
    »Ist es auch«, erwiderte er. »Wenn ich zu weit vom Kurs abkomme, fangen außerdem die Segel an zu klappern.« Er löste den Griff am Rad, und sogleich drehten sie sich in den Wind. Das Deck neigte sich waagrecht, und die Segel begannen zu knattern. Die Mannschaft, deren Wache eben geendet hatte, blickte von ihrem Frühstück auf, und Lodesh brachte das Schiff wieder in die richtige Richtung. Von der anderen Seite des Decks rief der Kapitän ihm zu: »Wenn Ihr sie nicht halten könnt, stelle ich jemand anderen ans Ruder!«
    Lodesh grinste und winkte. Stirnrunzelnd folgte der Kapitän seinem Maat unter Deck.
    Alissa trank einen Schluck Tee und wärmte den Rest in ihrer Tasse mit einem raschen Bann wieder auf. Ihr Blick glitt zum Bug, wo Connen-Neute und Kralle waren. Als der Vogel Alissas Blick bemerkte, stieg er in die Luft.
    Angst durchfuhr Alissa – unnötig und peinlich –, als Kralle das Schiff umkreiste. Sie flog schwerfällig, denn ihre Last war so groß wie sie selbst. Unter leisem Rauschen ihres Gefieders landete Kralle mitsamt einer toten Ratte auf Alissas Schulter.
    »Ach, Kralle!«, rief Alissa angewidert, schauderte und setzte den Vogel mit seiner Ratte hinab auf die Bank. »Welch ein prachtvoller Fang. Iss du sie nur. Ich habe ganz sicher keinen Hunger.«
    Lodesh lachte, doch Alissa fand nichts Komisches daran. »Hat sie dir schon immer ihre Beute gebracht?«, fragte er, während Alissa die Ratte ihrem Vogel hinschob und Kralle sie prompt zu Alissa zurückstupste.
    »Immer.« Sie runzelte die Stirn. »Das war mir allerdings noch lieber, als Kralle nichts weiter als Grashüpfer fangen konnte.«
    »Hm-m. Wie sicher bist du eigentlich, dass Kralle eine Sie ist?«, fragte er, und Alissa warf ihm einen verwunderten Blick zu. »Ich meine damit, dass ich dieses Verhalten bei Vögeln bisher nur als Werbung gesehen habe.«
    Alissa errötete. »Sie will nur ihren Fang mit mir teilen, weiter nichts. Und sieh dir ihr Gefieder an. Männliche Falken sind viel auffälliger gezeichnet.«
    »Das stimmt.« Lodesh blickte hinauf zu der gelben Flagge an der Mastspitze. »Aber wie alt ist sie? Vielleicht ist sie doch ein Er, nur mit ergrauter Zeichnung?«
    »Vögel werden nicht grau«, erwiderte Alissa verächtlich. »Kralle ist ein Weibchen.« Doch ihre Gedanken kehrten zu dem Tag zurück, an dem sie Kralle hilflos auf dem Waldboden hatte flattern sehen, weil sie sich nicht wieder in die Luft erheben konnte. Damals war ihre Zeichnung dunkler gewesen. Alissa vermutete eigentlich nur, dass Kralle ein Weibchen war, weil sie recht groß war. Erst in den letzten paar Jahren – den letzten paar Jahren einer verdächtig langen Lebensspanne für einen Falken – waren ihre Federn verblasst.
    Still in Gedanken versunken, streichelte Alissa Kralle mit einem Finger. Der kleine Vogel hüpfte auf ihre Schulter und zupfte an ihrem Haar herum, bis das weiße Band davonflatterte. Alissa schnappte danach, doch es war schon fort, über die Reling und im Wasser. »Kralle!«, rief Alissa verärgert und wandte sich dann zu Lodesh um. »Das tut mir leid. Du hattest es mir gerade erst geschenkt!«
    »Ich besorge dir ein neues«, sagte er mit zärtlichem Blick.
    Kralle schnatterte wie wahnsinnig, packte die

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