Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Gefangenschaft begeben! Es lebe Carcassonne. Vivat Raymond-Roger Trencavel!“
„Vivat Raymond-Roger Trencavel! Es lebe Carcassonne!“ schallte es zurück.
Zufrieden drehte sich die Wölfin wieder um. „Hier, das soll ich Euch übergeben“, sagte sie zu Alix und drückte ihr einen Brief in die Hand, vierfach gefaltet.
In fliegender Eile öffnete Alix die Nachricht, die einfach nur mit „Raymond-Roger“ unterzeichnet war.
El nom del Payre e del Filh e del Sant Esperit …
hatte er geschrieben.
Willst du, dass dein Widersacher aus dem Grab heraus triumphiert?
Unser Schicksal ist besiegelt.
Mein Trost ist, dass es eine ewige Güte gibt,
die ewige Liebe ist ...
Leb wohl!
Raymond-Roger
Ewige Liebe? Mit gesenktem Kopf schlich Alix in ihr Gemach zurück. Das Glück lag nicht in der Mitte! Nach der Liebe gab es nur mehr noch den Tod.
29.
Ihr Herz verleugnend, das wie wild vor Angst um Raymond-Roger schlug, eilte Alix am Abend noch einmal zu Inés, nachdem sie sich bereits am späten Nachmittag ausgesprochen hatten. Die Schwester stand am Fenster ihres Gemaches und starrte in die Richtung der Hügelkette, wo sich das Heerlager befand. Alix sah, dass sie litt und nahm sie in den Arm.
„Ich habe es geahnt“, flüsterte Inés, „wir sehen ihn nie mehr wieder!“
„Aber wie kannst du so etwas sagen? Wenn wir die Bedingungen erfüllen, dann ...“
„Nein“, sagte Inés, „mach dir und mir nichts länger vor, Raymond-Roger ist uns verloren.“
Erneut fielen sich die Schwestern in die Arme. Das Trennende war aufgehoben. Der Schmerz um den Verlust des Mannes, den sie beide liebten, drohte sie zu überwältigen.
Da klopfte es an der Tür.
Eleonore, Brunissende und Na Loba standen draußen, letztere den Finger über den Mund gelegt. „Lasst uns bitte ein“, flüsterte sie.
Als sie zu fünft beieinander saßen, platzte die Wölfin mit einer verrückten Geschichte heraus. Es ginge um die unterirdischen Gänge, sagte sie, von denen einer in die Richtung der Cabaret-Burgen führte, direkt unter dem Fluss hindurch. Seit Jahren sei an diesem Gang heimlich gearbeitet worden.
„Wie? Ohne das Einverständnis meines Gemahls?“, warf Inés in vorwurfsvollem Tonfall ein, ungeachtet der Bedeutungslosigkeit ihrer Frage angesichts des Niedergangs der Stadt.
Na Loba beruhigte sie. Der Vizegraf hätte sehr wohl davon gewusst. „Das Problem ist jedoch, dass dieser Gang noch immer kaum begehbar ist“, meinte sie. „Des Flusses wegen liegt er sehr tief. Zwei gefährliche Schächte müssen überwunden und viele Meilen in gebückter Haltung zurückgelegt werden. Das kann man den Alten, Kranken und Gebrechlichen nicht zumuten.“
„Aber soeben haben wir erfahren, dass es heute Nacht losgehen kann“, platzte Brunissende heraus. „Heute Nacht!“
„Aber weshalb hat sich dann der Vizegraf ausgeliefert?“, fragte Alix entrüstet. „Er hätte die Kapitulation doch noch einen Tag hinauszögern können, solange bis dieser Gang ...“
„Ja, hast du es denn noch immer nicht verstanden?“, sagte Inés müde. „Tausende Menschen sind krank und halb verdurstet. Sie haben Durchfall, Fieber, sind geschwächt! Sollte er sie im Stich lassen und fliehen? Raymond-Roger macht keinen Unterschied zwischen den Konfessionen, nicht zwischen Mann und Frau und auch nicht zwischen Herrn und Knecht! Er hält die Paratge in Ehren! In Béziers haben ihn seine Ratgeber - und auch du, Alix, leugne es nicht! - zum Rückzug gedrängt. Er hat sich deswegen geschämt. Und glaubst du wirklich, die Kreuzritter würden das Volk ziehen lassen, wenn sie von seiner Flucht erführen? Nein, sie würden alle töten, niedermetzeln, wie in Béziers!“
Brunissende nickte. „Die Vizegräfin hat recht, leider. Aber wir müssen jetzt an uns und die Kinder denken. Der kleine Ray ist der Erbe von Carcassonne! Er muss in Sicherheit gebracht werden. Haltet Euch also bereit, liebe Inés, und auch Ihr, Alix. Zieht Männerkleidung an. Nehmt nur die wertvollsten Schmuckstücke mit, die Ihr am Körper tragen könnt. Bei Einbruch der Dunkelheit fliehen wir.“
„Und wir sind beileibe nicht allein“, ergänzte Eleonore. „Fast alle Vögte und Adligen begleiten uns, keiner mag sich am Samstag vor den Franzosen erniedrigen. Allerdings bleiben mein Gemahl und auch Peter von Cabaret so lange zurück, bis die letzten gerettet sind, die diese Gänge betreten haben.“
„Ich gehe nicht mit Euch“, sagte Inés kühl. „Und mein Sohn bleibt auch hier.“
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