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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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sie - Inés - die Glaubensstärkere sei?

    Einige Wochen später - es war bereits Winter geworden - führte Eleonore von Saïssac am Ende eines weiteren katharischen Servitiums, dem Inés von Montpellier mit wachsendem Interesse gefolgt war, ein ernstes Gespräch mit ihr über den Glauben der Katharer.
    In Pelze gehüllt und mit warmen Schafsfellen über den Beinen, saßen die beiden Frauen auf einer Bank im kleinen Innenhof der Burg, in der milden Wintersonne. Der Himmel trug nur wenige Wolken. Eleonore, rotbackig und stets unternehmungslustig, liebte es, an der frischen Luft zu sein, auch wenn der Schnee auf den Dächern lag.
    Gelangweilt stolzierten einige Krähen im Hof herum; die Schafe rumorten in ihrem Pferch; eine der beiden Ginsterkatzen lag zusammengerollt vor der Scheune - und aus der Küche drang der Duft nach frischgebackenem Brot. Das gesunde Leben in den Schwarzen Bergen hatte Inés schon nach kurzer Zeit aufblühen lassen. Sie aß tüchtig und trank klares Quellwasser, sie ging beizeiten schlafen und stand mit den Hühnern auf. Ja, selbst der Schluckauf hatte sich verflüchtigt.
    Das von Eleonore gut vorbereitete Gespräch über den Katharismus sollte tief sitzendes Misstrauen gegenüber den „Andersgläubigen“ aufweichen. So hatte sie es jedenfalls mit ihrem Gemahl Bertrand besprochen, als dieser für zwei Tage auf der Burg weilte, um Inés über den Hochzeitstermin zu unterrichten. Die beiden Saïssacs verschwiegen ihr allerdings den wahren Grund für das Vorziehen des Festes in den Monat Februar: Erschreckende Gerüchte von einem Kriegszug gegen die Katharer waren aufgekommen, verbreitet von den Legaten Roms, Gui und Rainer, die wieder im Lande umherzogen. Ein baldiges Treffen des okzitanischen Adels war unumgänglich, und hierfür bot sich die Hochzeit des Vizegrafen Trencavel geradezu an.
    Bereits auf dem Rückweg von der Kirche, als die beiden Frauen durch den verschneiten Wald gestapft waren, hatten sie über die katharische Religion gesprochen:
    „So glaubt Ihr also nicht an das Wunder des Kreuzes?“
    Die Herrin von Saïssac schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Inés, ein Stück Holz kann keine Wunder bewirken.“
    Eleonore erzählte dem Mädchen vom Schicksal einer jungen Katharerin, die vor vierzig Jahren in der deutschen Stadt Collonia den Tod, und damit die Erlösung fand. „Man stellte sie mit ihren Freunden auf den Scheiterhaufen“, berichtete sie. „Sie hatten ihren Glauben nicht verleugnet, wie wir es heute oft tun, sondern mutig erklärt, dass sie lieber sterben würden, als sich zu verbergen. Die Unschuld und Schönheit der jungen Frau jedoch erweckte das Mitleid der Henkersknechte. Noch unversehrt, zogen sie sie aus den Flammen und versprachen, ihr im Falle des Widerrufs einen guten Ehemann zu verschaffen, oder, wenn sie das nicht wollte, sie in ein Kloster zu bringen. Die junge Frau willigte scheinbar ein und wartete in aller Ruhe ab, bis die Freunde tot waren. Dann bat sie ihre Wächter, ihr den ´Verführer der Seelen` zu zeigen, wie sie sich ausdrückte. Die Männer führten sie zum Leichnam ihres Lehrers, eines gewissen Arnold. Dort angekommen, löste die junge Frau plötzlich ihre Fesseln, bedeckte ihr Gesicht mit ihren Kleidern und warf sich auf seine Überreste, um mit ihm zu verbrennen …“
    Inés war entsetzt stehengeblieben. „Sie hat sich freiwillig dem Feuer ausgesetzt?“ Ein paar Schneeflimmer, die der Wind von den Bäumen trieb, ließen sich auf ihrer Nase nieder. Unwirsch wischte sie sie fort.
    Eleonore, selbst weißbestäubt, nickte. Sie erklärte dem Mädchen, dass der katharische Glaube zwar nach außen tolerant, nach innen jedoch eisenfest und unbeugsam sei. „Ihr seht an diesem Beispiel auch, dass es grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Kirchen gibt, und dass es nicht darum geht, zu hoffen, dass wir eines Tages reumütig in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückkehren. Wir sind keine verirrten Schafe! In diesem Glaubensstreit werden wir nicht nachgeben, Inés, so wie auch die Juden nie ein Jota von ihrem Glauben aufgeben werden.“
    Inés ging das Bild dieser Katharerin nicht aus dem Sinn. Sie wunderte sich, weshalb sich Alix` Gesicht über das der jungen Frau geschoben hatte. Lag es daran, dass die Schwester ebenfalls unbeugsam und von großer Willensstärke war? Unmerklich schüttelte sie den Kopf. Welch sonderbare Gedanken!
    Als sie später neben Eleonore im Hof saß, drängte es sie, ein weiteres Mal auf diese

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