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Aljoscha der Idiot

Aljoscha der Idiot

Titel: Aljoscha der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Erdmann
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lassen, damit er verstand: es bringt Unheil, wenn man zu sehr an die Katzenmenschen denkt.
    Am letzten Nachmittag – denn für ihn war es der letzte, die Semesterarbeit lag unfertig zu Hause, und die Zeit drängte – wanderten sie durch das Bergdorf Bucchianico, das von der sinkenden Sonne in antikes Licht getaucht wurde, Licht wie auf den Bildern von Lorrain. Leda und Sonja flüsterten sich etwas zu, dann liefen sie davon. „Wenn du nicht bei uns bleiben willst, bleiben wir auch nicht bei dir!“ rief Sonja und verschwand mit Leda im Labyrinth der schmalen Gassen.
    Aljoscha setzte sich auf eine Mauer und sah hinab in eine tiefe Schlucht. Seine Augen folgten einem flirrenden schwarzen Schatten, der dort untenzwischen Baumwipfeln hin und her stieß. Er dachte daran, wie Leda und er im Palast der Pitti die Galleria Palatina besucht hatten.
    Kein Sterblicher vermag, all die Gemälde in den Sälen des Palazzo Pitti an nur einem Nachmittag zu würdigen. Keine Weinbergschnecke erklimmt den Fujiyama anders als nach und nach. Aber schon im Saturn-Saal des Palazzo hatte Aljoscha, als er vor einem Raffael stand, nicht mehr Leda neben sich, sondern die Reisegruppe Basel. Leda war ihm so weit enteilt, daß er nur noch sah, wie sie gerade einen Saal verließ, den er eben erst betrat; im Odysseus-Saal hatte er sie vollends aus den Augen verloren. Daß eine gemeinsam betretene Gemäldegalerie auch gemeinsam besichtigt werden muß, steht in keinem Regelbuch, nicht einmal Liebende sind dazu gezwungen, und Eindrücke kann man sich ja jederzeit mitteilen. Zwar, manch Eindruck hat sich dann schon auf die Seite der aufständischen Kräfte geschlagen, die da jakobinisch zur eigenen Welt aufrufen, aber bitte, einer fällt immer unter die Räuber. Also, warum nicht? Weil ihnen früher so ein Riß im Wir nicht unterlaufen wäre? Aber warum den Riß so manisch anstarren, mit einem so blöden Eselsgesicht? Warum so gottverflucht gefesselt davon sein? „Mir schnurzegal“, sagt Majakowski in Geige und ein wenig nervös.
    Die eigene Welt. Aus dem Kopf schlagen, aus den Gedanken ätzen, aus dem Blick brennen! Name eines blassen Gespenstes, fort! Entzweiung ist das Siegel auf deiner Stirn. Ich bin blind für dich. Taub für dich. Sei nicht schön für mich.
    Die beiden Frauen kamen zurück wie kleine Mädchen, denen es noch lange nicht die Petersilie verhagelt, daß ihnen die Drachenschnur aus der Hand geglitten ist.
    „Hier gibt es Fledermäuse“, sagte Aljoscha. „Ich habe einen Vampir gesehen.“
    „Du bist deiner Geliebten nicht nachgelaufen, Aljoscha?“ tarnte Sonja eine Feststellung als Frage.
    „Aljoscha läuft mir nicht nach“, bemerkte Leda.
    „Stimmt das, Aljoscha?“ bohrte Sonja.
    „Er hat es einmal gesagt. Wenn ich eines Tages einen anderen lieben sollte, würde er für mich keinen Raubkrieg anzetteln. Nicht wahr, Aljoscha?“
    „Man weiß nie. Soll ich jetzt hier Süßholz räuspern?“
    „Du glaubst, Leda könnte einmal einen anderen lieben?“
    „Ich meinte, wenn sie einmal einen anderen liebt und wenn sie glaubt, daß dann die Rosentage für sie kommen, dann sage ich laut Amen und mache mich davon. Und mein Gesicht wird sagen: das verläßt mich so, wie es mich findet. Natürlich nur eine Posse. Vielleicht würde ich mich vor eine Kutsche werfen. Oder in der Schwärze meines Nichtmehrseins verbluten. Oder in einem Turmzimmer hausen für den Rest meiner Tage. Man kann überall leben. Ravel lebte in einer Spielzeugschachtel.“
    „Plemplem“, sagte Leda.
    Beim Abendmahl in einem kleinen Restaurant ereilten Aljoscha dann die Abschiedswehen, und der bevorstehende Abschied schien etwas ganz besonders Abschiedhaftes an sich zu haben. Sonja und Leda erschienen ihm schön wie zwei Schwestern in der Sommerfrische, und er sprach zu beiden Frauen wie zu einer.
    „Manchmal sehe ich diesen Mann an“, sagte Leda, „und denke: mein Gott, wo sind die Vierspänner.“
    „Ja, aber es ist gar nichts Altmodisches an ihm“, meinte Sonja. „In eine andere Zeit gehört er schon, aber eher auf Pariser Revolutionsbarrikaden. Oder, Aljoscha?“
    „Aber ich mag den Adel. Meine Seele trägt ein Rüschenkleid, glaube ich. Blöde Situation. Ich kann mich nicht entscheiden.“
    „Ein Geheimbund von Aristokraten, der Umsturz und Sozialreformen plant“, sagte Leda. „Das wäre genau das richtige für dich gewesen.“
    „Ja! Eine Frau, deren Garderobe die Staatskasse ausräumt, von nobler Blässe und geradezu grausamer Schönheit, bei

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