All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition)
noch sagte: »Klopfen Sie bitte leise – wenn Herr Dr. Busch ruht, möchte er auf keinen Fall gestört werden. Er wird dann bös.«
Larissa eilte den Gang entlang. Sie bemühte sich um einen möglichst entschlossenen, zielsicheren Schritt. Tatsächlich fühlte sie sich sehr unsicher, denn sie wusste nicht genau, was sie erwarten würde. Dennoch hatte sie einen Entschluss gefasst und war gewillt, diesen auch in die Tat umzusetzen.
Sie folgte der blauen Markierung in einen anderen Gang, der vor einer Glastür endete, auf der in ebenfalls blauer Schrift
Gästehaus
geschrieben stand. Sie öffnete die Tür, durchschritt einen kurzen, verglasten Gang, in dem man kurz in den Garten blicken konnte. Dieser Gang endete in einem Nebengebäude. Hier musste sie wiederum eine Glastür öffnen, dann waren es nur noch wenige Schritte bis zu einem Flur, auf dem sie sehr schnell die Nummer Sieben fand. Laut und energisch klopfte sie mehrmals an die Tür.
Die Reaktion kam postwendend: »Wer stört?«
»Öffnen Sie, dann sehen Sie es!«, rief Larissa zurück.
Sie hörte ein Fluchen, dessen Inhalt sie nicht verstand, dann wieder Worte, sehr ärgerlich diesmal: »Was soll der Quatsch?«
Larissa verstand dieses Wort nicht, hielt es aber auch nicht für wichtig. Intuitiv erfasste sie den Sinn und antwortete: »Ich muss mit Ihnen reden – und Sie mit mir, glauben Sie mir das!«
Statt einer Antwort wurde die Tür aufgerissen. Adalbert Busch saß hoch aufgerichtet in seinem Rollstuhl. Er betrachtete Larissa, konnte sich offensichtlich keinen Reim auf die Besucherin machen und stieß hervor: »Ich bestimme, was ich glaube. Reinkommen!«
Larissa trat durch die Tür und ging an Busch vorbei ins Zimmer. Dieser warf die Tür mit einem lauten Knall hinter ihr zu.
»Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Schwartz«, antwortete Larissa. Dabei sah sie den Alten genau an, um festzustellen, welche Wirkung dieser Name auf ihn haben würde. Sie bemerkte, dass er dem Mann nicht unbekannt war, doch eine besondere Regung war ihm nicht anzumerken.
»Und?«, fragte Busch. Die Besucherin stand mitten in seinem Zimmer, und er machte keine Anstalten, ihr einen Platz anzubieten.
»Der Tod meines Vaters hat mich überrascht«, sagte sie, wobei der Alte genau merkte, dass sie gerne etwas anderes gesagt hätte, wenn ihr die passenden Worte möglich gewesen wären.
»Ach, Sie Arme«, sagte Busch in einem Ton, der nicht gerade auf viel Anteilnahme schließen ließ.
»Das bedeutet nicht, dass ich deswegen in Depressionen verfalle, wie Sie vielleicht bemerken«, entgegnete Larissa kühl. »Und ich bemerke, dass Sie überhaupt nicht überrascht sind, dass ich von meinem Vater spreche.«
»Ich habe vom Tod Ihres Vaters gehört«, sagte Adalbert Busch. Seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt, als er sie jetzt fixierte. Sein Verstand arbeitete fieberhaft. Der Alte schätzte es ganz und gar nicht, wenn andere ihn in Situationen brachten, die er nicht geplant hatte. Und genau dies war jetzt der Fall. Was wollte diese Frau? Warum kam sie zu ihm? Was wusste sie?
»Mein Vater hat mir von Ihnen erzählt«, sagte Larissa, als hätte sie seine Gedanken lesen können.
»Von mir?«, krächzte Busch. »Ich kannte ihn doch gar nicht!«
»Nicht persönlich,
maybe
«, entgegnete Larissa. »Aber Feigenbaum hat Ihren Namen genannt. Und dann war er tot. Mein Dad sprach mit mir darüber. Jetzt ist er auch tot. Bin ich jetzt die Nächste, Mister Busch?«
»Reden Sie keinen Scheiß«, zischte der Alte. Das sagte er nur, um Zeit zu gewinnen, denn er konnte sich auf diese Frau keinen Reim machen, und das behagte ihm überhaupt nicht. Larissa Schwartz machte einen Schritt auf den alten Mann zu. Hätte er nicht im Rollstuhl gesessen, wäre er vermutlich einen Schritt zurückgewichen. Buschs Ärger wuchs, als er sich seiner Reaktion bewusst wurde.
Larissa sprach weiter: »Jemand hat meinen Dad getötet, weil er etwas wusste.« Und nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Weil er etwas suchte.«
Busch horchte auf. Seine dürren Finger spannten sich um die Räder seines Rollstuhls, und er schob sich ein paar Zentimeter nach vorn. »Weil er was suchte?«, fragte er dann leise.
»Dasselbe wie Theo Feigenbaum«, antwortete Larissa ebenso leise. »Und ich vermute, dasselbe wie Sie auch.«
Busch winkte ab. »Wie kommen Sie denn auf so etwas?«
»Feigenbaum und mein Dad waren
brothers in arms
, verstehen Sie? Alte Kameraden.«
»Verstehe«, sagte Busch langsam. Vielleicht
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