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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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haben Sie jetzt jedenfalls Ihre Katze wieder. Ähm, können Sie mir bestätigen, dass es auch Ihre ist?« Wenn nicht, habe ich noch eine im Auto.
    Mrs. Tobias beugte sich hinunter und erntete dafür ein Fauchen und Zischen. »Oh ja, das ist Schrödinger«, nuschelte sie. Es klang irgendwie eher wie »Scheißvieh«.
    »Ja, da würde ich Ihnen zustimmen.« Melrose öffnete die Box, und die Katze schoss sofort auf den Schreibsekretär zu.
    »Hat wahrscheinlich die Kätzchen vermisst.« Mrs. Tobias seufzte.
    Eine Katze war er also los. »Ich bitte nochmals um Verzeihung.«
    »Ach, schon gut, Sir. Hauptsache, die Katze ist vor Mr. Johnson wieder da.« Sie hielt ihm die Tür auf, und nachdem er durchgegangen war, streckte sie den Kopf hinaus und spähte suchend
umher. »Möchte bloß wissen … Sie haben nicht vielleicht zufällig einen kleinen Hund gesehen?«
    »Einen Hund?«
    Hier würden noch Tränen fließen, so viel war sicher.

56. KAPITEL
    Das Cigar, ein Klub im West End, war so cool und lässig-unaufdringlich, dass man den Laden glatt übersehen konnte.
    Genau das war Jury passiert. Er überlegte, ob das nicht als passende Metapher für das Meiste gelten konnte, was sich als Das Leben ausgab. Meist ging man glatt dran vorbei.
    Die Backsteinfassade, das kleine Messingtürschild (das man aus mehr als einem Meter Entfernung nicht mehr sehen konnte), das schmiedeeiserne Zäunchen und der un-uniformierte Türsteher – falls schwarzer Rollkragenpullover, schwarzes Wolljackett, schwarze Jeans, all das ambitionierte Schwarz, nicht als Uniform angesehen werden sollten -, all das ließ das Lokal so total hip wirken.
    Der schwarz gekleidete Türhüter tat außer Lächeln und Nicken gar nichts. Er war nicht dazu da, Referenzen zu überprüfen, er war nur dazu da, den Gästen zu versichern, dass man sich in Mayfair, West-London, befand und dass das Cigar ein exklusiver Schuppen war.
    Drinnen überlegte Jury, ob er seinen Mantel vielleicht bei der Blondine in dem kleinen abgetrennten Raum abgeben sollte, beschloss dann aber, ihn zu behalten, für den Fall, dass ein rascher Abgang vonstatten gehen musste. Da er ein paar Minuten zu spät dran war, wäre Rosie Moss bestimmt schon da, außer, sie legte es drauf an, ihn warten zu lassen.
    Das Cigar machte seinem Namen alle Ehre. Durch dichte Rauchschwaden ließ Jury den Blick über den Raum gleiten: Er registrierte die betörende Brünette, die ihn von der Bar her beäugte; eine Frau mit goldbraunem Haar an einem
der Spieltische, wo ein schurkisch aussehender Croupier die Roulettmaschine herumwirbelte; dann zwei Blondinen, wie Ausschneidepüppchen, die üppig mit Schmuck behängt dicht beieinandersaßen.
    Sein Blick wanderte zurück. Er hatte sie glatt übersehen, so wie er den Klub selbst übersehen hatte – aber kein Wunder! Sie entpuppte sich als die betörende Brünette an der Bar, die ihm jetzt zulächelte. Das Haar gelockt, nicht in Rattenschwänzchen, die Bonbonstreifen gegen einen langen schwarzen, bis ans Knie geschlitzten Rock ausgetauscht, schwarzes rückenfreies Oberteil, schwarzer Fransenschal – und an den Füßen jadegrüne Christian Louboutin-Schuhe, von denen sie einen so schwang, dass er ihr bedenklich locker am Zeh baumelte. Das war also Rosie Moss: Dunkles Haar. Schwarzes Kleid. Rote Sohlen.
    Killermäßig sah sie aus.
     
    »Sie haben mich nicht erkannt.«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Ich seh nicht immer aus wie zwölf.«
    »Das sehe ich.«
    Den rot besohlten Schuh wieder fest am Fuß, schob sie den Barhocker neben sich für ihn her. »Hier. Hab ich für Sie aufgehoben. Musste ein paar Typen abwimmeln.«
    »Halb London wohl eher.«
    Inzwischen war der Barmann in seinem Westchen aus blutrotem Wildleder herübergekommen. Als Jury fragend auf Rosies Glas sah, hob sie ihm ihren relativ frisch kredenzten Martini entgegen. Er bestellte sich Whisky und merkte dann, als der Kellner abwartend dastand, dass er ihn genauer bezeichnen musste. Das hier war schließlich nicht Trevor.
    »Macallan’s?«
    Der Barmann nickte, dann schwebte er ab, vermutlich in irgendeine Gruft, in der sie hier ihren Whisky zum Altern lagerten.

    »Verwandeln Sie sich eigentlich oft und immer so leicht?«, wollte Jury wissen.
    Sie zupfte eine Zigarette aus einem Ebenholzetui, das sie ihm ebenfalls anbot. Er lehnte zum tausendsten, herzzerreißenden Mal in drei Jahren dankend ab.
    »Wer sagt, dass es leicht ist?«
    »Okay, ich beobachte hier bloß Ihre chamäleonartigen Qualitäten.«
    »Ich

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