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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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anderen Frau sorgfältig zu tilgen. Kate Banks war überaus reizvoll. Ich habe sie gesehen. Selbst im Tod hatte sie etwas, was sich nicht beschreiben lässt. Als ich sie sah, wünschte ich, ich hätte sie kennengelernt.«
    David Cummins saß da und betrachtete seine Hände auf dem Tisch, die ineinander verschränkten Finger.
    »Wie war Ihnen zumute, als Sie erfuhren, dass sie für einen Escort-Service arbeitete?«
    »Es kam nicht darauf an. Es kam auf gar nichts an, außer mit ihr zusammen zu sein. Bei diesem einen Service ging es eigentlich
gar nicht um Sex. Es gibt Männer, die suchen tatsächlich Gesellschaft. Trotzdem, es wäre unerheblich gewesen.«
    »Sie hatten vor, Chris zu verlassen, nicht wahr?«
    Er nickte, wischte sich mit dem Handrücken übers tränennasse Gesicht. Er schnupfte. »Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich meine, mit Chris da im Rollstuhl.«
    Wiggins konnte ihn hören, auch ohne die Tränen zu sehen, und war sogleich mit einem Taschentuch zur Stelle, das er vor Cummins auf den Tisch legte. Der nahm es, schüttelte es auf und hielt es wie eine weiße Fahne vor sich, als wollte er sich ergeben.
    Wiggins setzte sich wieder, kippelte mit dem Stuhl gegen die Wand und griff wieder nach Notizbuch und Stift.
    Cummins nahm die Kopie des Kassenzettels und warf sie auf den Tisch.
    Jury schob seinen Stuhl geräuschvoll zurück. Wiggins stand ebenfalls auf, aber David blieb sitzen. »Als Nächstes werden Sie mir noch sagen, Chris hätte sie umgebracht.«
    »Nein, das werde ich nicht. Sie hätte es wohl kaum geschafft, in die Stadt zu gelangen, oder? Obwohl sie es weiß Gott nur zu gern gemacht hätte.«
    »Sie wusste nicht, dass es Kate war.«
    Der arme Kerl, dachte Jury. »Doch.«
    »Ich glaube nicht …«
    »Da irren Sie sich. Holen Sie doch mal die Tatortfotos mit dem Schuhabdruck.« Jury stand auf. »Na, los.«
    »Was?«
    Jury wusste, dass Cummins ihn zwar gehört hatte, inzwischen aber auf alles bloß mit »Was?« geantwortet hätte.
    »Ich will mit Ihrer Frau sprechen. Bringen Sie die Fotos mit. Vielleicht erkennt Chris ja etwas.«
    David nickte. »Die Fotos sind in der Soko-Zentrale.« Er ging hinaus.
    Wiggins musterte Jury gespannt. »Sieht wirklich aus, als würden Sie denken …«

    Jury schnitt ihm das Wort ab. »Stimmt.«
    Gleich darauf war David wieder da. Er hielt die Fotos in die Höhe. »Ich behaupte trotzdem, sie hat es nicht gewusst.«
    »In dem Moment, als Sie den Fehler machten, ihr die verhassten Schuhe von Kate Spade mitzubringen, da wusste sie es. Bestimmt. Vermutlich hasste sie Kate Spade allein wegen des Namens. Sie müssen völlig von Sinnen gewesen sein, David.«

61. KAPITEL
    Chris Cummins kam, wie es Jury schien, in Rekordzeit an die Tür gerollt. In dem kurzen Augenblick, als er die Fotos holen gegangen war, hatte ihr Mann sie angerufen. Damit hatte Jury gerechnet. Cummins wollte sehen, was seine Frau verraten würde, wenn sie glaubte, dass ihr Mann in großen Schwierigkeiten war.
    Vermutlich gar nichts, dachte er.
    »Drei so betretene Gesichter habe ich ja noch nie gesehen. Die Schuhe aber an der Tür ausziehen.« Chris Cummins’ Lachen klang fast aggressiv.
    Wiggins lächelte. Im Gegensatz zu den beiden anderen.
    »Nur herein, ich mache gerade Tee. Wasser kocht gleich.«
    Sie folgten ihr hinterher, sogar David, als wäre es gar nicht mehr sein Zuhause, seine Ehefrau. Als wäre er wie die anderen nur auf Besuch.
    In der Küche stand das Tablett mit Tassen und Untertellern, Milch und Zucker schon bereit. Sie hatte also mit Gästen gerechnet. Jury ließ es unkommentiert.
    Als der Teekessel pfiff, wollte sie danach greifen, doch Wiggins kam ihr zuvor. Wiggins würde einem immer zuvorkommen, dachte Jury. Er unterschätzte Wiggins ständig und schämte sich deswegen. Er schämte sich überhaupt wegen so manchem.
    »Danke, Sergeant Wiggins«, sagte Chris.
    »Gern geschehen, Madam.«
    Sie begaben sich in das Zimmer, das sie das »Schuhzimmer« nannte. Wie gleißende Juwelen blitzten und funkelten die Schuhe in zauberhaftem Türkis, Rosé, Bernsteingelb und Rot, und Jury begriff, weshalb sie solche verführerischen Kräfte auf
Frauen ausübten. Im ganzen Londoner Juwelenviertel von Hatton Garden hätte man kein verlockenderes Arrangement von Geschmeiden entdecken können.
    Und Chris Cummins konnte in ihnen nicht laufen.
    Sie saßen in den bequemen geblümten Sesseln um den Tisch. Chris schenkte Tee ein, Wiggins assistierte. David kam gleich zur Sache: »Die Polizei hat den

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