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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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gemacht.«
    »Nun, dann bringen Sie uns eine Flasche von dem Médoc und sagen Sie Jarvis, wenn er geht, soll er auch seinen Hund einsammeln.«
    Joey und Aghast hatten sich mittlerweile hingelegt. Aggrieved stand da und kaute immer noch gemächlich vor sich hin. Das Gras, an dem er knabberte, war von einem so gleichmäßigen satten Grün, dass es wie glasiert aussah. Ahorn und Weiden glänzten im frühen Nachmittagslicht.
    Melrose stand immer noch gegen die Wand gelehnt und spähte aus dem Fenster. »Ich kann gar nicht erkennen, ob er ein Halsband trägt.«
    Ruthven war im Handumdrehen wieder da und brachte ein Tablett mit Wein und Gläsern. »Mr. Jarvis behauptet, er weiß nichts von dem Hund. Aber wenn Sie möchten, könnte er ihn mitnehmen, dann sind Sie ihn los.«
    »Oh, vielleicht lieber nicht«, kam Jury ziemlich rasch dazwischen. »Der gehört wahrscheinlich irgendeinem Touristen auf der Durchreise. Vielleicht ist er ja entlaufen.«
    Ruthven hatte die Flasche entkorkt und kredenzte den Wein. »Ich stimme Mr. Jury zu, Mylord.«
    »Wann haben Sie hier das letzte Mal einen Touristen auf der Durchreise gesehen? Long Piddleton ist ja nicht gerade ein Dorf von touristischem Interesse. Vermutlich haben Sie aber recht.« Beide nahmen sich ein Glas Wein von dem Tablett, das Ruthven herumreichte.

    Melrose dankte seinem Diener und wies ihn an, dafür zu sorgen, dass der Hund auch ein Abendfressen bekam, zusammen mit dem Ziegenbock und dem Pferd.
    »Nehmen Sie aber das gute Silber«, sagte Jury.
    Ruthven gestattete sich ein kurzes Kichern und segelte ab.
    Melrose ließ sich in seinen Ohrensessel fallen. Aus den Ecken der Deckenvoluten beobachteten unbekümmerte Amoretten die Szene. »Ich sollte vielleicht eine Anzeige in die Zeitung setzen, was meinen Sie?«
    »Das würde ich tun«, sagte Jury. »Hundemarken hat er ja, zumindest die Tollwutmarke.« Dafür hatte Dr. Kavitz gesorgt. Doch woher sollte Jury das wissen? »Das habe ich gesehen, als ich draußen vor der Küchentür gewartet habe. Eine Marke mit seinem Namen hat er auch. Er heißt Joey.« Jury lächelte.
    Etwas später, als sie fertig waren mit dem Wein und dem Gespräch über den Hund und Jarvis – ein Obdachloser, der ab und zu vorbeikam (was Jury noch unwahrscheinlicher dünkte als ein Tourist) -, spazierten sie die Auffahrt hinunter und überquerten die Landstraße nach Northampton, nachdem ein Grüppchen von Motorradfahrern, ganz in schwarzem Leder, vorbeigedonnert war.
    Jury kam sich vor wie in einem surrealen Traum. Motorradfahrer waren hier noch unwahrscheinlicher als obdachlose Männer.
    Melrose sah ihnen nach, bis sie aus dem Blickfeld verschwunden waren, und meinte dann nachdenklich: »Übrigens, ich habe einmal ein Gedicht von einem amerikanischen Dichter gelesen. Darin beschreibt er die hereinbrechende Nacht und vergleicht sie mit heranbrausenden Motorradfahrern auf einer Asphaltstraße. Früher hasste ich Motorradfahrer, aber nachdem ich das gelesen hatte, sah ich sie anders. Jetzt besitzen sie für mich eine Art exotische Schönheit, als ob sie uns mit etwas Neuem bekannt machen, von dem wir wissen sollten.«
    »Etwas Neues. Ja, das ist die Aufgabe von Dichtung: uns an etwas Neues, Überwältigendes heranführen.«

    Sie kamen soeben an Lavinia Vines Cottage vorbei und blieben stehen, um den Garten zu bewundern, ein spätes Mai-Idyll.
    »Sehen Sie sich bloß diese apricotfarbenen Rosen an«, sagte Melrose. »Und diese Tulpen.« In einer Farbenorgie von Blassblau bis zu einem derart kräftigen Rot, dass es aussah wie in Blut getaucht, überstrahlte ein großes Tulpenfeld die umstehenden Blumen. Jury wünschte, er würde aufhören, an den Tod zu denken. Etwas Neues. Überwältigendes.
    Ein paar trunken taumelnde Schmetterlinge flatterten durch die gelben Blüten einer Strauchpflanze. Vor dem niedrigen Mäuerchen zur Linken befand sich eine Rabatte aus Pfingstrosen und bauschigen weißen Hortensien.
    »Der Duft ist schlaffördernd«, sagte Jury. »Der hat das Katzenvieh wahrscheinlich umgehauen.« Damit bezog er sich auf den großen Kater, der oben auf einer der steinernen Säulen schlief, die den Gehweg säumten.
    »Desperado ist ein garstiger Geselle. Den habe ich schon auf Hunde losgehen sehen.«
    Sie marschierten weiter.
    »Apropos Hunde – der Neue sollte eigentlich einen Namen haben«, sagte Melrose, Jurys Bemerkung von vorhin ignorierend. »Wir müssen einen Namensgebungswettbewerb veranstalten.«
    »Ich sagte Ihnen doch, er heißt Joey«,

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