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All the lonely people

All the lonely people

Titel: All the lonely people Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Wlodarek
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es aus ihr heraus, dass immer sie sich um andere kümmern musste, aber nie einer danach fragte, wie es ihr denn ging. Annette wusste: Sobald sie ihre unterstützende Funktion aufgab, war sie allein.
    Dieses Muster habe ich später noch bei zahlreichen anderen Frauen wieder gefunden. Sie hören stundenlang zu, spielen den Babysitter, gießen wochenlang die Blumen der Nachbarn, helfen beim Umzug oder der Renovierung. In der Firma gelten sie als Seele des Betriebes, |64| in der Familie sind sie diejenige, die die pflegebedürftige Mutter betreuen und die Geschwister zusammenhalten.
    Männer sind auf Grund ihrer Sozialisation weniger gefährdet, sich diese Maske aufzusetzen. Nur gelegentlich trifft man auf sie in Form des gutmütigen Hausfreundes, der immer bereit ist, die Katzen zu füttern oder das liegengebliebene Auto abzuschleppen. In der vergangenen Woche hörte ich die Geschichte eines einsamen Mannes, der in seiner Freizeit einem Paar ohne Entgelt für seine Arbeit ein halbes Eigenheim gebaut hat – nur um nicht allein zu sein.

Die Kauf-Maske
    M aterieller Anreiz kann eine erfolgreiche Maske gegen die Einsamkeit sein. Es gibt immer Menschen, die wie die Fliegen am Fänger hängen, sobald andere mit etwas winken, das sie gerne hätten: Ein schnelles Auto, Beziehungen, Kontakte, eine Machtposition. Dafür zahlen sie mit ihrer Anwesenheit und ihrer Aufmerksamkeit. Mit diesem Freundschaftsersatz gibt sich der einsame Mensch zufrieden, täuscht es doch ihm und seiner Umgebung Sympathie und Gesellschaft vor.
    Vielleicht hatten Sie auch in Ihrer Schulklasse ein Kind, dass sich mit Bonbons und Spielzeug Zuwendung erkaufte? Das gleiche System funktioniert auch bei Erwachsenen. Matthias, Zahnarzt in Stuttgart, verdient genug, um als Mäzen aufzutreten. Er sammelt junge Künstlerinnen und Künstler um sich und kauft ihre Bilder auf. Da Kunst meist brotlos ist, sind sie finanziell von ihm abhängig. Obwohl seine Schützlinge heimlich murren, dass sie schon wieder an einem dieser langweiligen Essen teilnehmen müssen, spielen sie mit. Schließlich stellt er ihnen ja auch noch sein Haus in der Toskana als Atelier zur Verfügung.

Die Extravaganz-Maske
    G edichte schreiben, malen, Ausdruckstanz proben, esoterische Techniken erlernen, weite Reisen unternehmen, Philosophie betreiben, aus einer feinen Familie kommen – alles, was uns den Hauch des |65| Besonderen vermittelt, kann als exzentrische Maske genutzt werden. Durch unsere Selbstdarstellung vermitteln wir, dass einfach niemand zu uns passt. In Wirklichkeit sind unsere Ansprüche eine Schutzmauer, hinter der wir unsere Einsamkeit verbergen.
    Die Maske des Besonderen ist Ihnen möglicherweise von früher vertraut. Viele Jugendliche setzen sie sich gerne in der Pubertät auf. In einer Zeit des inneren Umbruchs umgeben sie sich mit einer Aura der Individualität, um zu verbergen, wie unsicher und einsam sie im Grunde sind. Ich erinnere mich jedenfalls gut daran, wie nützlich diese Maske seinerzeit war. Damals war zwar »Gothic« noch kein Begriff, aber Schwarz war durchaus schon die Farbe, mit der man sich vom Rest der Welt abheben konnte. Existenzialistisch düster gekleidet, wandelte ich mit meinem Skizzenblock unterm Arm durch unsere Kleinstadt und würdigte niemand eines Blickes. Ich war nicht einsam, ich war eine angehende Künstlerin, die mit den örtlichen Spießern nichts zu tun haben wollte.
    Die Extravaganz-Maske ist nicht nur auf die Zeit zwischen fünfzehn und achtzehn beschränkt. Ich kenne eine Reihe Exzentriker beiderlei Geschlechts, die schon fast vor der Midlife-Crisis stehen und sich ihrer immer noch eifrig bedienen. Paul zum Beispiel, der seinen Status als angehender Opernsänger pflegt. Dass er seinen Lebensunterhalt als Nachhilfelehrer für Englisch und Mathematik verdient, unterschlägt er gerne. Selten sieht man ihn ohne Partitur unterm Arm. Für Frauen und enge Freundschaften hat er keine Zeit. Die Musik bestimmt sein Leben.
    Oder Marlene, die 42-jährige Lektorin. Sie hat längere Zeit in einem Ashram in Indien gelebt und dort meditieren gelernt. Nun lebt sie zurückgezogen, meist in geistiger Versenkung. Wer dagegen etwas sagt, »ist eben in seiner Entwicklung noch nicht so weit«. Meditation ist ein einsames Geschäft, wie jeder weiß.

Die Hilferuf-Masken
    I ch fasse hier die Beschreibung zweier Masken zusammen, weil sie exakt die gleiche Bedeutung haben: Sie stellen eine versteckte Aufforderung |66| dar, ihren Trägern Aufmerksamkeit zu

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