All the lonely people
können sich den Strategien widmen, die Sie wirklich aus der Einsamkeit führen.
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Die Einsamkeit in den Lebensphasen
S ie glauben, dass es an Ihnen liegt, dass Sie zur Zeit einsam sind? Stopp! Suchen Sie die Ursachen nicht zu schnell allein bei sich. Es kann nämlich auch an der Lebensphase liegen, in der Sie sich befinden.
Geteiltes Leid ist halbes Leid
V ielleicht sagen Sie jetzt: »Na und? Was nützt mir das? Einsamkeit ist schließlich Einsamkeit.« Das sehe ich in diesem Fall ein bisschen anders. Wenn es ganz natürlich ist, dass wir gegenwärtig einsam sind, dann können wir uns leichter damit abfinden, als wenn wir uns vorwerfen, persönlich versagt zu haben. Geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid.
Wie wahr dieses Sprichwort ist, habe ich erlebt, als ich für Leserinnen der Zeitschrift
Brigitte
Seminare zu Themen wie »Warum esse ich zu viel?« oder »Das Leben entrümpeln, Ballast abwerfen« hielt. Daran nahmen Frauen teil, die etwas ändern wollten. Sie sprachen, teilweise zum ersten Mal, ganz offen über ihre Probleme. Dass sie so mutig und ehrlich waren, zeigte einen für sie erstaunlichen Nebeneffekt: Als sie hörten, dass es den anderen ähnlich ging, wurde ihre Last plötzlich leichter. Einige sagten wörtlich: »Es tut gut, zu erfahren, dass ich mich nicht alleine damit herumquäle.«
Das gilt auch für die Einsamkeit. Indem wir erfahren, dass andere in einer vergleichbaren Situation stecken, relativiert sich das eigene Leiden.
Außerdem, wer den Auslöser kennt, kann ihm wirkungsvoller begegnen. Wenn Sie wissen, in welcher Phase Sie Einsamkeit erwartet, |72| haben Sie die Chance, sich rechtzeitig vorzubereiten. Sie werden dann nicht einfach von der Einsamkeit überfallen, sondern sind gewappnet und können Gegenstrategien entwickeln. So weit, so gut. Aber eines ist damit noch nicht geklärt: Gibt es solche Phasen überhaupt?
Lebensphasen – gibt es die?
D iese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie es auf den ersten Blick erscheint. Zweifellos gibt es bestimmte wichtige Abschnitte im Leben; schließlich können wir sie bei anderen und auch bei uns selbst nachweisen. Gleichzeitig existieren aber immer auch Gegenbeispiele. Manche Menschen gleiten einfach so durchs Leben, ohne dass man deutlich etwas von bestimmten Abschnitten merkt. Die haben offenbar keine Pubertätskrise oder Probleme mit dem Älterwerden. Auch die Wissenschaft ist sich in diesem Punkt uneins. Damit Sie sich selbst ein Bild machen können, möchte ich Ihnen kurz einige gegensätzliche Auffassungen vorstellen.
Levinsons Leiter
I n den vergangenen Jahrzehnten hat es immer wieder bedeutende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, vor allem aus dem Bereich Psychologie und Pädagogik, gegeben, die nach langjähriger Erfahrung ein Schema der Lebensphasen aufgestellt haben.
Einer der bedeutendsten ist der Psychologe Daniel Levinson von der Yale University. Er begann seine Untersuchungen Ende der sechziger Jahre, indem er Fragebögen, Interviews und die Auswertung von Biografien bekannter Männer der Zeitgeschichte benutzte. Daraus entwickelte er für die Zeitspanne zwischen Jugend und Alter die so genannte »Levinsonsche Leiter«. Sie besagt, dass man sich in jedem Alter ganz spezifischen Aufgaben und Herausforderungen stellen muss, zum Beispiel der Berufs- oder Partnerwahl. An der Schwelle jeder wichtigen Phase im Erwachsenenleben gibt es einen vorhersehbaren unruhigen Übergang: Von 17 bis 22 Jahren zum frühen Erwachsenenleben, zwischen 40 bis 45 Jahren zum mittleren Erwachsenenleben |73| und mit 60 bis 65 Jahren zum späten Erwachsenenleben. Allerdings sind diese Ergebnisse nur auf Männer bezogen.
Beide Geschlechter berücksichtigt der Entwicklungspsychologe Erik Erikson, dessen Werk bis heute gültig ist. Erikson entwickelte ein Acht-Phasen-Modell, in dem er das Leben in folgende Etappen aufteilt:
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Jede einzelne Etappe hat laut Erikson ihre spezifischen Konflikte. So kämpfen zum Beispiel beim Schulkind Eifer und Minderwertigkeitsgefühle miteinander, bei jungen Erwachsenen Intimität und Isolation. Nach Erikson muss der Mensch mit den Konflikten jeder Phase fertig werden, bevor er zur nächsten übergehen kann.
Gegenposition: Es gibt keine Phasen!
W ährend auf der einen Seite die Phasentheorien entwickelt wurden, kamen Wissenschaftler mit anderen Studien zu genau entgegengesetzten Ergebnissen.
Der Soziologe Michael Farrel von der State University of New York etwa suchte
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