All unsere Traeume - Roman
stimmt’s?«
Dies war etwa vor einem Jahr Gegenstand vieler ernster und ausführlicher Diskussionen gewesen, doch Posie hatte das Thema schon eine Zeit lang nicht mehr angesprochen.
Das Kind sagte auf: »Die Spermazelle von einem Mann trifft auf die Eizelle von einer Frau, wenn sie Sex haben, und beide nehmen die Hälfte ihrer Chromosomen, um ein ganzes Baby zu machen, aber es passiert im Körper der Frau, und sie legt keine Eier, wie es Insekten tun.«
»Manche Insekten«, verbesserte Romily automatisch. »Tja, Claires Eier eignen sich anscheinend nicht sonderlich gut dazu, Babys zu machen. Also habe ich ihnen angeboten, dass sie meine nehmen können. Ich habe gesagt, ich würde für sie schwanger werden, und wenn das Baby auf der Welt ist, würde ich es ihnen geben, und es wäre ihres.«
»Wessen Sperma hast du benutzt?«
»Bens.«
Posie verzog das Gesicht. »Du hast Sex mit ihm gehabt? Igitt!«
»Nein, wir haben es mithilfe von künstlicher Befruchtung gemacht.«
»Das heißt, dass man jemandem in den Mund pustet.«
»Das ist künstliche Beatmung. Hierfür hat Ben ein bisschen von seinem Sperma in einen kleinen Behälter gefüllt. Wir haben uns nicht mal berühren müssen.«
»Und du hast das Sperma in deine Scheide getan, damit es mit deiner Eizelle zusammentreffen kann.«
»Ja.«
»Und jetzt bist du schwanger.«
»Ja. Und deshalb schmerzen meine Brüste, und ich bin müde, und deshalb schickt Claire uns das ganze Gemüse, damit das Baby schön gesund heranwächst.«
»Darf man denn ein Baby für jemand anderen kriegen?«
»Natürlich darf man das. Das nennt sich Leihmutterschaft.«
Posie dachte eine Zeit lang darüber nach. »Na ja«, sagte sie schließlich, »dann ist ja alles in Ordnung.«
»Ich bin froh, dass du es so siehst.«
Posie setzte sich bequemer auf dem Sofa zurecht, die Beine über Romilys Bauch gehängt. Romily schob sie ein wenig zur Seite, damit sie nicht auf ihre Blase drückten.
»Wo wird das Baby wohnen?«
»Im Haus von Ben und Claire, zusammen mit ihnen.«
»Es bekommt aber nicht mein Zimmer, oder?«
»Ich weiß nicht, welches Zimmer sie für das Baby aus suchen werden. Aber es wird immer Platz für dich in ihrem Haus sein, da bin ich mir sicher.«
»Wenn es ein Mädchen ist, darf es mit meinem Puppenschloss spielen.« Posie sagte es mit der Miene eines Menschen, der einem anderen eine große Gunst erweist.
»Hey, bitte keine geschlechtsspezifischen Klischees, bevor das Kind überhaupt geboren ist. Ein Junge spielt vielleicht auch gern mit einem Puppenhaus.«
»Es ist dann mein kleiner Bruder oder meine Schwester.«
»Bloß dass es andere Eltern haben wird.«
Posie sprang in die Höhe. Romily zuckte zusammen, als ein spitzer Ellbogen ihre Brust streifte. »Das ist echt aufregend! Ich werde eine Karte für das Baby schreiben, um ihm zu gratulieren, dass es gezeugt ist.«
»Ich glaube, das Baby fände das toll.«
»Wenn es ein Junge ist, soll er Rupert heißen. Und wenn es ein Mädchen ist, sollte es Rapunzel heißen. Nein, Guinevere. Guinevere Mariposa, nach mir. Und ich kann mit auf sie aufpassen und sie im Kinderwagen fahren, und jeder weiß, dass wir Schwestern sind.«
»Tja, biologisch gesehen wärt ihr Halbschwestern, aber tatsächlich …«
»Darf ich dein Handy benutzen? Ich will Claire anrufen, um ihr zu sagen, welche Namen sie nehmen soll.« Alle Tränen waren längst verschwunden.
»Ich weiß nicht, ob Claire heute Nachmittag zu Hause ist«, sagte Romily vorsichtig. »Vielleicht solltest du stattdessen Ben eine SMS schicken. Dann kriegt er sie, sobald er mit der Arbeit fertig ist.«
Sie kramte in ihrer Tasche und reichte Posie das Handy, mit dem diese aus dem Wohnzimmer lief. An der Tür hielt sie inne und sah sich um.
»Ich bin froh, dass du keinen Krebs hast«, sagte sie.
Das Mutter-Thema
A lle in der Klinik hielten sie für ein Paar.
Im Rose and Thistle kamen sämtliche Stammgäste aus der Gegend und wussten immerhin von Claire, die manchmal mit Ben zum Essen kam. Und beim Fußball traten Romily und Ben als Kumpel in Fan-Trikots auf. Jahrelang war sie sein ständiger weiblicher Begleiter gewesen, sein Kompagnon, ein »Mann ehrenhalber«.
Während sie in der Sonografie auf ihren Zehnwochen- ultraschall wartete, ihren Mutterpass in einer Plastikhülle, konnte sie nicht länger als »Mann ehrenhalber« durchgehen. Natürlich trug Ben einen Ehering und sie nicht, doch sie konnte ihren aus allen möglichen Gründen abgenommen haben. Oder
Weitere Kostenlose Bücher