Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
zu atmen. Schwindel schien sie zu überkommen, denn ihr Kopf fiel stetig zur Seite und ihre Augen waren so verdreht, dass nur noch das Weiße zu sehen war. Allan und Sinalia ließen sich zu ihr nieder, um ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine war. Blass und schweißgebadet lag sie auf dem Boden. Mit den Händen ergriff sie die ihrer Begleiter.
»Und vergesst nicht, was ihr mir versprochen habt!«
»Keine Sorge, Noma«, beruhigte Allan sie. »Wir werden ein angemessenes Grab für dich herrichten.« Doch womit? , fragte er sich. Darüber würde er sich später Gedanken machen müssen, denn Nomas Augen schlossen sich. Ihr Brustkorb hob sich zum letzten Mal.
Sinalia begann zu schluchzen, hielt sich den Kopf in den Händen. Allan ging es nicht anders. Er berührte die Stirn der Hexe und musste zum Entsetzen feststellen, wie kalt sie schon geworden war. Einen Augenblick verharrten sie auf dem Boden neben ihrer toten Gefährtin - Mana schwebte stets um sie herum -, ehe sie sich aufmachten, um ihr ein Grab auszuheben. Sinalia zückte ihr Schwert, mit dem sie die Erde vor sich löste. Allan tat es ihr gleich. Die Errichtung von Nomas Ruhestätte erwies sich als schwierig, schließlich besaßen sie keine Schaufeln. Doch dies war die einzige Möglichkeit das Loch zu graben. Also arbeiteten sie drauf los - bis die Abenddämmerung einsetzte ... und die Morgendämmerung. Sinalia ließ sich erschöpft neben die Kuhle fallen. Sie war noch nicht groß. Dort würde höchstens ein Kind reinpassen - wenn überhaupt. Sie gruben emsig weiter, bis am darauffolgenden Abend endlich Nomas Ruhestätte tief genug war.
Ihr Leichnam lag nun sechs Fuß unter der Erde. Schippe für Schippe bedeckten Allan und Sinalia das Grab, bis nichts mehr von der Hexe zu sehen war.
»Und jetzt?«, fragte Sinalia bedrückt.
»Gehen wir weiter.«
»Wohin?«
Allan zuckte nur mit den Schultern, bis ihm die vier Elemente wieder in den Sinn kamen und der salzige Geruch.
»Ans Meer.«
»Ans Meer? Wieso ausgerechnet dorthin?«
»Weil wir noch nicht dort waren«, war seine sarkastische Antwort, womit er einen entgeisterten Blick erntete. Für Späße war wahrlich nicht der richtige Augenblick. Also versuchte Allan es erneut. »Erinnerst du dich an die Zeichen im Gebirge, in dem Giya gefangen war?«
»Ja. Was ist damit?«
»Erde, Luft, Feuer, Wasser. Der Wald, der Canyon und die Maryka-Stätte. Was trifft auf Wasser zu?«
»Das Meer.«
»Genau.«
»Dann auf ans Meer. Vielleicht erlangst du dann endlich die Erkenntnis über deine Vergangenheit.«
»Ich hoffe es sehr. Die Unwissenheit macht mich langsam wirklich verrückt.«
»Das glaube ich dir.« Sinalia trat auf ihn zu und nahm sein Gesicht in ihre Hände. »Du wirst es herausfinden und deinen inneren Frieden finden.« Sie küsste ihn sanft, dann sprach sie weiter: »Und hoffentlich finden wir auch diesen Bastard, der für Giyas und Hones Tod, Nomas Fluch und den Untergang der Maryka verantwortlich war. Kaum zu glauben, dass das älteste Volk Heravinas ausgestorben ist.«
»Sie waren das älteste Volk des Landes?«, fragte Allan erstaunt.
»Sie waren die ersten aufrechtlaufenden Wesen auf der Welt. Durch ihre Abschottung hinter dem Nebelgebirge konnten sie sämtlichen Kriegen aus dem Weg gehen und überlebten - bis jetzt.« Ihr Blick wurde traurig.
»Dafür ist mit Sicherheit Igos verantwortlich. Oder der Maskenträger. Vielleicht sogar beide. Womöglich stecken die beiden unter einer Decke.«
Plötzlich meldete sich Mana zu Wort, doch sie verstanden sie nicht. Sie stöhnte erneut.
»Mana, wir verstehen dich leider nicht«, erklärte Allan. Obwohl die Seelenlose kein Gesicht hatte und keine Gefühlsregung ausstrahlte, spürte er, wie traurig sie war. Sie schien immer noch an Brents Tod zu nagen ... und daran, dass sie unverstanden blieb. Doch was hätten sie tun sollen? Die Einzige, die etwas mit ihrem Stöhnen anfangen konnte, war tot.
»Lass uns weitergehen, Mana. Es hat keinen Sinn. Wir werden dich nie verstehen. Aber vielleicht treffen wir ja jemanden der das kann.«
Das taten sie nicht. Die Seelenlose blieb schweigsam und die Stimmung betrübt.
Mana führte sie geradewegs in die Richtung des Salzgeruchs. Die Vermutung, dort würde die Antwort auf Alles liegen, bestätigte sich immer mehr, denn plötzlich begann Allan Stimmen zu hören. Ein Rauschen ließ sie verstummen. Dieses Geräusch entpuppte sich als Meeresrauschen. Es schien, als würden die Wogen der Bucht nach ihm rufen. Komm´
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