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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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du bist ein tapferer Mann!« sagte Sir Henry knapp und treffend.
    »Koos!« rief der Zulu aus, hocherfreut über das Geschenk und über das Kompliment. »Auch du, Incubu, hast gekämpft wie ein wahrer Mann. Aber ich muß dir einige Lehrstunden mit der Axt erteilen; du vergeudest deine Kräfte.«
    In diesem Moment fragte Mackenzie nach dem Verbleib Flossies, und zu unserer großen Erleichterung sagte einer der Männer, er habe sie zusammen mit dem Kindermädchen in die Richtung des Hauses laufen sehen. Dann beluden wir uns mit so vielen Verwundeten, wie wir auf einmal tragen konnten, und machten uns langsam auf den Weg zurück zur Missionsstation. Wir waren ermattet von der fürchterlichen Schlacht, die soviel Blut gefordert hatte, aber in unseren Herzen glomm das ruhmreiche Gefühl des Sieges über eine solch überwältigende Übermacht von Feinden. Wir hatten das Leben des kleinen Mädchens gerettet und den Masai jener Gegend eine Lektion erteilt, die sie wohl während der folgenden zehn Jahre nicht vergessen würden – aber zu welch einem Preis!
    Mühsam schleppten wir uns den Hügel hinauf, den wir vor etwas mehr als einer Stunde noch unter so ganz anderen Umständen heruntergekommen waren. An dem Tor der Mauer stand Mrs. Mackenzie und wartete auf uns. Als sie uns jedoch erblickte, schrie sie entsetzt auf und schlug die Hände vors Gesicht. »Wie schrecklich, wie schrecklich!« rief sie weinend. Ihre Angst verstärkte sich noch, als sie ihren geliebten Mann erblickte, der auf einer improvisierten Trage den Hügel heraufgetragen wurde. Doch ihre Befürchtungen über die Natur seiner Verletzung legten sich schnell. Und als ich ihr mit wenigen Worten vom Ausgang des Kampfes berichtet hatte (über den Flossie, die unversehrt oben angekommen war, schon einiges hatte erzählen können), trat sie zu mir und gab mir feierlich einen Kuß auf die Stirn.
    »Gott segne Sie alle, Mr. Quatermain; Sie haben meinem Kind das Leben gerettet«, sagte sie schlicht.
    Dann traten wir ins Haus, legten unsere Kleider ab und verarzteten unsere Wunden. Ich bin froh, sagen zu können, daß ich selbst keine hatte. Und die von Sir Henry und Good waren dank der nicht in Gold aufzuwiegenden Kettenhemden vergleichsweise harmlos; mit ein paar Stichen und ein wenig Heftplaster hatten wir sie schnell versorgt. Mackenzies Verletzung war hingegen recht schwerwiegend; wir konnten von Glück reden, daß der Speer keine größere Arterie durchschlagen hatte. Danach nahmen wir ein Bad. Ich kann gar nicht beschreiben, was für ein herrliches Vergnügen das bereitete! Nachdem wir uns wieder in normale Kleider gehüllt hatten, gingen wir ins Eßzimmer, wo wie gewöhnlich schon der gedeckte Frühstückstisch auf uns wartete. Es war ein seltsames Gefühl, sich dort hinzusetzen und wie ein zivilisierter Mensch des neunzehnten Jahrhunderts Tee zu trinken und Toast zu essen, so als hätten wir nicht die frühen Stunden des Tages mit einer regelrecht primitiven, mittelalterlich anmutenden Schlacht verbracht. Wie Good sagte; die ganze Sache erschien einem jetzt eher wie ein böser Alptraum vor dem Wecken, als ein Ereignis, das wirklich stattgefunden hatte. Wir hatten das Frühstück fast beendet, als die Tür aufging und die kleine Flossie hereintrat. Sie war noch ziemlich blaß und ein wenig wacklig auf den Beinen, aber ansonsten völlig unversehrt. Sie gab uns allen einen Kuß und bedankte sich. Ich beglückwünschte sie zu der Geistesgegenwart, die sie bewiesen hatte, als sie den Masaikrieger mit ihrer Derringerpistole erschoß und dadurch ihr Leben rettete.
    »Oh, bitte, sprechen Sie nicht davon!« sagte sie und fing sofort an zu weinen. »Ich werde nie sein Gesicht vergessen, als er sich vor mir im Kreis drehte und hinfiel – nie! Ich werde es immer genau vor mir sehen.«
    Ich sagte ihr, so solle zu Bett gehen und ein bißchen schlafen. Sie gehorchte, und als sie am Abend aufwachte, war sie wieder einigermaßen hergestellt, zumindest physisch. Es mutete mir irgendwie seltsam an, daß ein Mädchen, das die Nerven besaß, einen riesigen schwarzen Burschen, der mit einem Speer auf sie losging zu erschießen, hinterher von dem Gedanken daran dermaßen aufgewühlt werden konnte. Aber das ist wohl charakteristisch für das weibliche Geschlecht. Arme Flossie! Ich fürchte, daß sie noch viele Jahre dazu brauchen wird, jene Ereignisse in dem Masailager zu verarbeiten. Später sagte sie mir, das Schlimmste sei die Ungewißheit gewesen; Stunde um Stunde während

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