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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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luden wir die Leichen der Masai auf einen Ochsenkarren, den wir eigens zu diesem Zweck von der Missionsstation mitgebracht hatten, nicht ohne jedoch zuvor die Speere, Schilde und die anderen herumliegenden Waffen eingesammelt zu haben. Fünfmal mußten wir den Karren, auf dem jeweils fünfzig Masai Platz fanden, beladen, zum Fluß ziehen und dort ausleeren. Hieraus kann man ersehen, daß nur wenige Masai geflohen sein konnten. Die Krokodile müssen sich in jener Nacht meilenweit völlig überfressen haben. Eine der letzten Leichen, die wir auf den Karren luden, war die des Wachtpostens vom anderen Ende des Kraals. Ich fragte Good, wie er es geschafft hatte, den Mann auszuschalten, und er antwortete mir, er sei ähnlich wie Umslopogaas ganz nahe an den Posten herangeschlichen und habe ihn dann mit dem Schwert niedergestochen. Der Mann habe noch eine ganze Weile ziemlich laut gestöhnt, aber zum Glück hatte niemand ihn gehört. Wie Good glaubhaft versicherte, hatte er bei der Sache ein abscheuliches Gefühl gehabt, denn noch niemals hätte er jemanden so kaltblütig ermorden müssen.
    Mit der letzten Leiche, die von der Strömung des Tana fortgetrieben wurde, war auch dieser Zwischenfall mit unserem Angriff auf das Masailager beendet. Die Speere, Schilde und sonstigen Waffen nahmen wir mit zur Missionsstation, wo sie ein ganzes Lagerhaus füllten. Ein Ereignis jedoch muß ich unbedingt noch erzählen. Als wir von dem Leichenbegräbnis wieder zur Missionsstation zurückkehrten, kamen wir an dem hohlen Baum vorbei, in dem Alphonse sich am Morgen während der Schlacht verkrochen hatte. Zufällig war der kleine Mann gerade in meiner Nähe. Er hatte uns bei unserer höchst unangenehmen Aufgabe mit weit besserem Willen assistiert als dem, den er am Morgen, als es sich noch um höchst lebendige Masai handelte, an den Tag gelegt hatte. In der Tat, für jede Leiche, die er aufladen half, hatte er eine passende höhnische Bemerkung parat. Der Alphonse, der tote Masai in den Fluß warf, war ein völlig anderer Mensch als der Alphonse, der vor einem lebendigen, speerschwingenden Masai um sein Leben rannte. Er war lustig und guter Dinge, und jedesmal, wenn einer der toten, grimmigen Krieger mit einem lauten ›platsch‹ im Wasser landete, um die Botschaft von Tod und Vernichtung zu seiner Verwandtschaft hundert Meilen flußabwärts zu tragen, klatschte er in die Hände und trällerte lauthals ein paar Takte. Da ich der Ansicht war, daß er dringend einmal einen Dämpfer brauchte, machte ich den anderen den Vorschlag, ein Kriegsgericht über ihn abzuhalten wegen seines Verhaltens vom Morgen.
    Wir brachten ihn also zu dem Baum, in dem er sich versteckt hatte, und schickten uns an, über ihn zu Gericht zu sitzen. Sir Henry hielt ihm in bestem Französisch seine unerhörte Feigheit vor und führte ihm eindringlich sein unverzeihliches Verhalten vor Augen, besonders die Tatsache, daß er den öligen Lappen aus dem Mund hatte fallen lassen, was beinahe zur Folge gehabt hätte, daß er mit seinem Zähneklappern das gesamte Masailager aufgescheucht und damit unsere Pläne zum Scheitern gebracht hätte. Er beendete seine Anklage mit der Aufforderung an Alphonse, eine Erklärung abzugeben.
    Aber wenn wir geglaubt hatten, Alphonse zerknirscht und vor Scham am Boden zerstört zu sehen, dann hatten wir uns gewaltig geirrt. Er verbeugte sich tief, machte einen Kratzfuß und gab charmant lächelnd zu, daß sein Verhalten auf den ersten Blick wohl merkwürdig erscheinen könne, es in Wirklichkeit jedoch nicht im geringsten so wäre. Schließlich hätte er nicht vor Angst mit den Zähnen geklappert – oh, lieber Himmel, nein! Doch deswegen nicht! Er wundere sich, wie die ›Messieurs‹ auch nur im entferntesten an so etwas denken könnten – sondern die Kälte der Morgenluft hätte ihn dazu gebracht. Und was den Lumpen anbetrifft, wenn Monsieur selbst seinen gräßlichen Geschmack hätte probieren können – der sich in der Tat zusammensetzte aus einer Mischung von muffigem Paraffinöl, Fett und Schießpulver –, so hätte Monsieur ihn selbst auf der Stelle ausgespien. Aber er, Alphonse, hätte das nicht getan! Er hätte fest entschlossen den Lappen im Mund behalten bis – o weh! – sein Magen ›revoltiert‹ und den Lappen in einem Anfall von entsetzlicher Übelkeit gleichsam hinauskatapultiert habe.
    »Und was haben Sie dazu zu sagen, daß Sie sich in dem hohlen Baum versteckten?« fragte Sir Henry, der nur mit Mühe die Fassung

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