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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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uns am Leben zu erhalten, bis wir dort ankamen – wo immer dieses ›dort‹ auch war. Natürlich konnten wir, wie Good kummervoll bemerkte, auf dem Wege dorthin noch hundert anderen unbekannten Fährnissen zum Opfer fallen – oder, was durchaus zu befürchten war, der Fluß versickerte irgendwo im Erdinnern, was in der Tat ein grauenvolles Ende für uns bedeutet hätte.
    »Nun dann, laßt uns auf das Beste hoffen und uns auf das Schlimmste vorbereiten«, sagte Sir Henry, der immer gleichmütig und guter Dinge ist – ein wahrer Turm der Stärke in Zeiten der Not. »Wir sind gemeinsam schon aus so vielen Zwickmühlen herausgekommen, daß ich fast sicher bin, wir kommen auch aus dieser heraus.«
    Das war ein ausgezeichneter Ratschlag, und jeder von uns versuchte auf seine Weise, das Beste daraus zu machen – das heißt, mit Ausnahme von Alphonse, der inzwischen in eine völlig Abgestumpftheit verfallen war. Good befand sich mit dem Paddel im Heck des Bootes, und Umslopogaas hielt seinen Posten im Bug inne, so daß Sir Henry und mir einstweilen nichts zu tun blieb, als im Boot zu liegen und nachzudenken. Es war eine seltsame, ja schon fast unheimlich anmutende Lage, in der wir da steckten – in einem Boot durch die Eingeweide der Erde zu schießen, getragen von den Fluten eines Höllenflusses, wie die Seelen, die von Charon gefahren wurden, wie Curtis bemerkte. Und wie dunkel es war! Der dünne Strahl unserer kleinen Lampe machte uns die Dunkelheit erst so richtig bewußt. Vorn im Bug saß der gute alte Umslopogaas, wachsam und unermüdlich, die Stange fest in der Hand, bereit, sofort einzugreifen, wenn Gefahr auftauchte; und hinten, schon im Dunkeln, sah ich die Umrisse von Captain Good, der angestrengt nach vorn in den Lichtkegel spähte, um rechtzeitig sehen zu können, wie er mit dem Paddel steuern mußte, das er ab und zu kurz ins Wasser tauchte.
    »Na schön«, dachte ich, »du wolltest Abenteuer erleben, alter Knabe, und nun hast du erreicht, was du wolltest. Und das in deinem Alter! Du solltest dich was schämen! Aber du tust es ja doch nicht. Und, so schrecklich die Sache im Moment auch aussieht, vielleicht kommst du ja durch; und wenn nicht – nun, dann kannst du es auch nicht ändern. Und wenn alles gesagt und alles getan ist, dann ist ein unterirdischer Fluß auch keine schlechte Grabstätte.«
    Ich will jedoch nicht verhehlen, daß die Spannung, die auf meinen Nerven lastete, sehr groß war. Selbst der kaltblütigste und erfahrenste Mann wird nervös, wenn er über Stunden hinweg darüber im Ungewissen ist, ob er nicht schon in den nächsten fünf Minuten ein toter Mann ist; aber es gibt nichts auf der Welt, an das man sich nicht gewöhnen könnte, und mit der Zeit gewöhnten wir uns selbst an diesen Zustand. Schließlich und endlich war unsere Angst, auch wenn sie zweifellos natürlich war, genau besehen unlogisch, wenn man bedenkt, daß wir ja niemals wissen, was uns in der nächsten Minute zustoßen kann, selbst wenn wir in einem trockenen Haus sitzen, vor dessen Tür zwei Polizisten patrouillieren. Ebenfalls wissen wir nicht, wie lange wir noch zu leben haben. Wenn unsere Stunde geschlagen hat, meine Lieben, dann müssen wir eben abtreten. Was sollen wir uns also viel den Kopf zerbrechen und uns grämen?
    Es war kurz vor Mittag gewesen, als wir in die Dunkelheit hineingetaucht waren, und wir hatten die erste Wache (Umslopogaas und Good) gegen zwei Uhr eingesetzt. Wir waren übereingekommen, daß sie nach fünf Stunden abgelöst werden sollten. Daher waren um sieben Uhr Sir Henry und ich an der Reihe; Sir Henry am Bug und ich am Heck. Die anderen beiden legten sich schlafen. Drei Stunden lang lief alles ohne besondere Vorkommnisse ab; nur einmal mußte Sir Henry eingreifen und uns mit der Stange ein wenig abstoßen, als wir zu nahe ans Ufer geraten waren. Ich hatte sehr bald festgestellt, daß es nicht viel Arbeit mit dem Paddel erforderte, uns gerade zu halten; die starke Strömung bewirkte das schon ganz von allein. Nur gelegentlich neigte das Kanu dazu, sich querzulegen und seitwärts voranzutreiben, aber das konnte ich stets leicht wieder korrigieren. Was mir bei diesem unterirdischen Fluß am sonderbarsten erschien, war, daß die Luft immer frisch blieb. Sie war zweifellos feucht und muffig, aber trotzdem noch lange nicht schlecht oder gar unerträglich. Die einzige Erklärung, die ich mir denken kann, ist die, daß das Wasser des Sees genügend Luft enthielt, um die Atmosphäre in dem Tunnel

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