Allan Quatermain
Vorboten des himmlischen Lichts anrücken. Er stieß einen gellenden Angstschrei aus, und ich konnte ihn nur mit Mühe und unter Zuhilfenahme des Paddels wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückholen. Doch nun zu den anderen drei: Good lag platt auf dem Rücken. Sein Monokel saß noch immer auf dem Auge, und er starrte bestürzt nach oben in die Dunkelheit. Sir Henry hatte seinen Kopf auf die Duchten des Bootes gestützt und hielt eine Hand ins Wasser, um die Geschwindigkeit der Strömung zu testen. Als der Lichtstrahl auf Umslopogaas fiel, mußte ich fast laut loslachen. Ich glaube, ich erwähnte bereits, daß wir einen halben Wasserbüffel mitgenommen hatten. Und wie es der Zufall nun wollte, war Umslopogaas, als wir uns alle auf den Boden des Kanus geworfen hatten, um zu vermeiden, daß die Felskante uns heraushaute, mit seinem Kopf verführerisch nahe bei dem köstlich duftenden Fleisch des Wasserbüffels zu liegen gekommen. Und kaum hatte er sich von dem ersten Schreck über unsere vertrackte Situation erholt, als er einen mächtigen Hunger verspürte. Kaltblütig hatte er sich mit Inkosi-kaas ein Stück von dem Fleisch abgeschnitten, und nun war er dabei, es mit allen Anzeichen höchster Befriedigung zu verzehren. Wie er mir später erklärte, hatte er gedacht, er würde auf ›eine lange Reise‹ gehen, und da hätte er es vorgezogen, diese Reise lieber mit vollem Bauch anzutreten. Es erinnerte mich an die Leute, die gehängt werden sollen, und von denen die englischen Tageszeitungen im allgemeinen schreiben, sie seien mit einem ›exzellenten Frühstück‹ im Bauch zum Galgen geschritten.
Sobald die anderen bemerkt hatten, daß es mir gelungen war, die Laterne anzuzünden, packten wir Alphonse in das hintere Ende des Kanus und brachten ihn schnell mit der Drohung zum Verstummen, wir würden ihn, wenn er uns weiterhin mit seinem schauerlichen Geheul heimsuche, sehr rasch aus seiner Spannung befreien, indem wir ihn dahin schickten, wo der Wakwafi jetzt wäre; und in jener anderen Sphäre könnte er dann in aller Ruhe auf seine Annette warten. Das beruhigte ihn ungemein.
Alsdann begannen wir, über unsere Situation zu diskutieren. Vorher jedoch stellten wir auf Goods Vorschlag hin zwei Paddel hochkant im Bug des Kanus auf und befestigten sie, so gut wir konnten, um gleich gewarnt zu sein, wenn sich das Dach der Höhle wieder senken sollte. Es war uns mittlerweile klar geworden, daß wir uns in einem unterirdischen Fluß befanden, oder, wie Alphonse es definierte, in einem ›'auptabfluß‹, der das überschüssige Wasser des Sees ableitete. Es ist eine bekannte Tatsache, daß es solche Flüsse in vielen Teilen der Welt gibt, jedoch sind wohl noch nicht allzu oft Forscher in die unheilvolle Lage gekommen, sie als Transportweg zu benutzen.
Der Fluß mußte sehr breit sein; der Lichtstrahl der Laterne reichte jedenfalls nicht bis an die Ufer. Gelegentlich jedoch, wenn die Strömung uns nahe an eines der Ufer herantrieb, konnten wir für einen Augenblick die Felswände des Tunnelgewölbes sehen. Wir schätzten, daß es sich in etwa fünfundzwanzig Fuß Höhe über uns wölbte. Die Geschwindigkeit der Strömung betrug nach Goods Schätzung etwa acht Knoten; sie war zu unserem Glück am stärksten in der Mitte des Flusses, was ja auch gewöhnlich der Fall ist. Das erste, wofür wir sorgten, war, daß immer einer von uns im Bug des Kanus mit der Laterne und einer Stange (die wir glücklicherweise im Boot hatten) bereitstand, um möglichst zu verhindern, daß wir an die Felswand oder einen hervorstehenden Stein trieben. Umslopogaas, der ja schon gegessen hatte, war als erster damit an der Reihe. Ein weiterer von uns postierte sich mit einem Paddel im Heck, um das Kanu einigermaßen auf Kurs in der Mitte des Flusses zu halten. Dies war alles, was wir im Moment für unsere Sicherheit tun konnten. Nachdem wir diese Maßnahmen ergriffen hatten, nahm jeder eine kleine Ration des kalten Büffelfleisches zu sich (wir wußten ja nicht, wie lange wir damit auskommen mußten), und danach fühlten wir uns schon wieder weitaus besser. Ich vertrat die Ansicht, daß unsere Lage, so ernst sie auch sein mochte, nicht gänzlich hoffnungslos war, es sei denn, die Eingeborenen hatten doch recht und der Fluß ergoß sich direkt ins Erdinnere. Sollte das aber nicht der Fall sein, dann mußte er zwangsläufig irgendwo wieder ans Tageslicht treten, vermutlich auf der anderen Seite des Gebirges. In dem Fall konnten wir nur eines tun:
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