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Allawa

Allawa

Titel: Allawa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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mitzumachen.
    Nach vielen Stunden, in denen die Vögel auf mir hätten nisten können, war er ein geübter Spieler, Tänzer, Ringer. Manchmal lud ich diese Freunde in unseren Garten ein, damit seine verborgene Ängstlichkeit auch da nicht in Aggression umschlüge. Er versuchte zu imponieren, indem er mir übereifrig gehorchte, fast ehe ich etwas befahl — und wunderte sich dann, daß eine von ihm verehrte Riesenschnauzerin es einfach servil fand und sich abwandte.
    Bei leichten Gewittern ging ich mit ihm aus, fünf Minuten, mit und später ohne Leine, immer zuredend. Bald sah er darin eine meiner spleenigen Gewohnheiten, verband es mit Gelobt-, Gefeiert-, Getrocknetwerden . Das Lob draußen war fest, dazwischen auch strenges »Hier, Fuuß , Fuuß «, erst das Feiern beim Abtrocknen sehr weich. Schließlich fürchtete er sich im Haus nicht mehr vor starkem Donner, und wenn wir im Freien davon überrascht wurden, hinderte ihn meine Stimme am Ausbrechen; bei anderen Begleitpersonen allerdings raste er heim.
    Schüsse und Knallgeräusche ertrug er mit knapper Not, wenn ich dabei war; er schlich dann hinter mir, aber der Spaziergang war verdorben. Immerhin hatte er deshalb nie einen Anfall.
    Mit Kühen wurde er so selbstsicher, daß er einmal eine Herde jagte. Herrlich, diese dummen Tiere zu erschrecken. Meine Rufe gingen im ohrenbetäubenden Geläute unter. Aber als Fingal nach Wolfsmanier eine Kurve schnitt, um seitlich vorzustoßen, machte die Oberkuh einen Ausfall gegen ihn. Ein paar Fluchtsprünge seinerseits — und nun alle in holperigem Galopp hinter ihm her. Schrecklich, von solchen Ungeheuern verfolgt zu werden. Er rannte um sein Leben, erreichte mich, fiel bewußtlos auf meine Füße. Die Kühe blieben stehen und sahen zu, halb stumpf staunend, halb mütterlich besorgt, jedenfalls friedlich.
    Erst nach mehreren therapeutischen Kuh-Übungen - von weitem, dann näher, an der Leine, dann frei — und vielen Worten über die gute Milch, die er doch gern trinke, beruhigte er sich wieder. Es ist nebensächlich, was man sagt, es muß nur überzeugend klingen.
    Im Lauf der Zeit wurden die Anfälle seltener; monatelange Pausen, sogar über ein Jahr lang. Die Ursache schien immer Gemütsbewegung zu sein. Warum ihn jedoch Freude oder Angst einmal erschütterte, ein andermal nicht, das blieb rätselhaft. An Flugzeuge gewöhnte er sich, überhaupt an alle hundefeindlichen Erfindungen. Dagegen war es nie sicher, wie er reagieren würde, wenn ich heimkam. Er pflegte wild hochzuspringen, außer sich, ohne einen Anfall zu haben, aber mehrmals sprang er nicht, sondern wurde bei meinem Anblick ohnmächtig.
    Wir trennten uns allerdings nicht oft. Nie länger als zwei Wochen, und auch das erst, als er sich gefestigt hatte. Erwachsene sind frei, dem Hund zuliebe auf eine Reise ans Meer zu verzichten, solange er Führung braucht. Primus war damals kurz nach der Rauferei mit Cid drei Wochen allein im Haus geblieben, weil ich mit der Familie in die Ferien fuhr, und als er schon sehr schwierig war, begann meine Internatszeit.

    Da ihn alles Schulmäßige bedrückte, verlegten wir uns auf Spiele. Die Hauptsache war ja, daß sich auf beliebige Weise der Kontakt vertiefte und die Aufmerksamkeit übte, daß er irgend etwas lernte und sich begeisterte. Für mein Ohr gab ich genauso ernsthafte
    Befehle, verlangte genau dieselbe Konzentration, aber für ihn bestand offenbar ein großer Unterschied zwischen Kunststücken und Dressurnummern; er war wie die Menschen, die mit Liebhabereien in aller Unbefangenheit Erstaunliches leisten und sich auf ihrem Ernstgebiet nur gesträubten Haares bewegen können. Ich verstand ihn — nicht nur von meiner Schulzeit her.
    Er, der als Berufsapportierer gestrandet war, hob also spielend Zeitungskugeln auf und warf sie in den Papierkorb, was eigentlich schon zu höherer Dressur gehören würde. Er, der » Faß « nicht begriff, brauchte nur » Brinxder ...« oder » Brinxdem ...« zu hören, um jeden hingehaltenen Gegenstand zu der genannten Person zu bringen. Mit Eiern übrigens funktionierte sogar » Faß «. Ich gab ihm ein Ei, er eilte mir nach zu unseren Gästen, dort hielt ich die Hand hin und sagte »Aus«: Hokuspokus entfiel dem schwarzen Maul ein weißes Ei, die Leute trauten ihren Augen kaum. Er folgte mir applaustrunken in die Küche zurück, wo das Ei auf sein Futter kam.
    Er sprang sehr schön, das sogar auf normales Kommando im Freien. Im Zimmer über den Teewagen, zuverlässig, also auch

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