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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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»Hi, Mom. Hi, Bryan. Das ist Commander Brunswick. Ich glaube, ihr kennt euch noch nicht.«
    Janet streckte ihre Hand einem Mann entgegen, der ihr vorkam wie eine winzige Deutsche Dogge von vollendeter Schönheit, einem Mann, der so klein war wie Sarah. Moment mal - das würde heißen, dass er gar keine Deutsche Dogge ist, sondern ein Weimaraner - und doch -...
    Commander Brunswick sagte: »Guten Tag«, gab aber niemandem die Hand. Er sagte: »Entschuldigen Sie bitte - wir dürfen so kurz vor dem Start keine Menschen mehr berühren. Erkältungen, die Grippe und all dieses Zeug.«
    »Ich verstehe.«
    »Sarah, was ist hier los? Das war doch gar nicht geplant«, sagte Bryan.
    »Es ist eine kurzfristig angesetzte Pressekonferenz - eine Spendenaktion für die Polio-Stiftung. Wir warten noch auf ein paar Kids für eine Fotosession - eigentlich wollten wir das am Cape machen, aber einigen der Kinder ging es zu schlecht. Wir werden in etwa« - sie schaute auf ihre Uhr »sieben Minuten zurück in die Blechbüchse fahren.«
    »Die Blechbüchse?«
    »Die Raumfähre.«
    Ein Radiomensch stellte Commander Brunswick eine Frage, die seine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchte. Wade tauchte aus der Masse von Köpfen und Körpern auf. Sarah packte ihn an der Schulter und sagte zu Janet: »Mom, ich hab gehört, Wade hat den Brunswicks heute Morgen einen Besuch abgestattet. Wie fandest du sie - den Brunswick-Clan?«
    Wade sagte: »Es war wie auf einer Trekkie-Convention all diese Kinder auf dem Rasen vorm Haus.«
    »Ich weiß. Sind die nicht zum Schreien?« Sarah warf Janet einen Blick zu und kicherte. »Sie finden unsere Familie entsetzlich, müsst ihr wissen. Ganz im Ernst. Ich war letzte Woche da, und es hat mich an all die Wissenschaftsmessen erinnert, die ich als Kind besucht habe. Ich dachte, Alanna Brunswick würde gleich mit Schweineföten belegte Ritz-Cracker auf einem Tablett herumreichen.«
    Janet fragte Wade nach Beth.
    »Sie wird gleich hier sein. Sie wollte sich noch für Sarah hübsch machen.«
    Janet nahm einen Schluck aus einer mit Motel-Leitungswasser gefüllten Evian-Flasche. Ständig eine Flasche bei sich zu haben gab ihr das Gefühl einer gewissen Distinguiertheit. Dann bemerkte sie, wie Shw sich ihren Weg durch die Menge bahnte, so kleinwüchsig wie ein Astronaut, gekleidet in Lycra und schwarzes Motorrad-Antikleder. Sie sah aus, als hätte sie sich ausschließlich mit angefeuchteten Fingerspitzen gestylt.
    Bryan, hochzufrieden, eine Freundin präsentieren zu können - egal, was für eine -, sagte: »Wade - das ist ...« Doch er konnte nicht ausreden. Shw schob sich an ihnen vorbei, begrüßte kurz Janet, drängelte sich dann zu Sarah vor und begann sie mit indiskreten Fragen zu bombardieren. »Also, wie viel kannst du stemmen? Kennst du deinen IQ? Hast du außer deiner Hand noch andere gesundheitliche Handicaps, die sich vielleicht auf deine Tätigkeit als Astronautin ... ahm ... auswirken könnten? Glaubst du, dass du je Kinder kriegen wirst? Gibt es irgendeinen Grund, weshalb du womöglich keine kriegen kannst?«
    »Herrje«, sagte Bryan, »lass meine Schwester in Ruhe.«
    Shw dreht sich um und fauchte: »Nein, lass du mich in Ruhe. Dies ist ein freies Land, und deine Schwester und ich unterhalten uns gerade. Kapiert?«
    Janet und Wade warfen einander vielsagende Blicke zu, was Bryan bemerkte und daraufhin rot wurde. Unterdessen wuchs die Menschenmenge immer weiter an, und elektrische Testgeräusche waren zu hören, die wie große, zornige Käfer klangen.
    Dann erschienen Ted und Nickie auf der Bildfläche, und auf diesen Moment war Janet nicht vorbereitet. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als hätte sie plötzlich jemand aufgefordert, auf die Bühne zu kommen und einen KaraokeSong zu singen. Sie wusste, dass ihr Gesicht gerade ebenso rot anlief wie Bryans.
    »Oh, hallo, Jan«, sagte Ted. »Ein ziemlich seltsamer Ort für ein Wiedersehen.«
    »Hallo, Ted.«
    Das charakteristische Blitzen in Teds Augen hatte sich verändert, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und war jetzt zu dem selbstgefälligen Lächeln eines Politikers geworden - das Lächeln eines Menschen, der weiß, dass die Leichen im Kofferraum tatsächlich tot sind. Aber er war braun gebrannt und trug Sachen, die ihm auf eine jugendlichere Art schmeichelten, als wenn Janet sie ausgesucht hätte. Das ist wohl Nickies Einfluss. Janet fand, dass Ted besser aussah, als er verdient hatte; sein innerer Verfall war gut kaschiert, während Nickie an

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