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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Yankee.«
    »Helena, du solltest mal sehen, was seine Mutter ihm für Päckchen schickt - da wird mir jedes Mal ganz schwindelig. Haufenweise Pullover und Hemden - mit Monogramm, und in einem Bündel Hemden steckte eine Flasche Whiskey stell dir vor! Von seiner Mutter! Ich mag mir gar nicht ausmalen, was sein Vater ihm schickt.«
    »Eine Kiste voller Huren.«
    »Ach, Helena, hör auf!« Janets Nase explodierte. »Sonst platz ich noch.«
    »Vielleicht einen Kiste voll toter Huren. Du kennst doch diese Amerikaner.«
    Janet schnappte nach Luft.
    »Sag mal, Troo, wünscht er sich dich als sein nettes kleines Mädchen oder sollst du sein Luder sein?« Troo war Janets Spitzname, eine Abkürzung von Truro.
    »Helena!«
    »Beantworte meine Frage - als was will er dich?« »Aber - das weiß ich doch nicht.« »Doch, das weißt du.«
    Janet war sehr wohl klar, was Helena meinte, doch ihre Frage machte ihr Angst, sowohl in ihrer offenkundigen Bedeutung als auch in dem, was unterschwellig darin mitschwang. »Er will, dass ich ein nettes Mädchen bin.«
    »Na, das war ja eine befriedigende Antwort.« Ein Betonmischer rumpelte vorbei. »Also, wenn Ted in Amerika so ein As ist, warum geht er dann hier in Kanada zur Schule? Warum kommen die Leute von Yale nicht mit Kutschpeitschen her, um ihn zurück nach Amerika zu treiben?«
    »Die Amerikaner halten Kanada für irgendwie glamourös. Geheimnisvoll.«
    Ein Schnauben: »Ach du Schande. Du machst Witze.«
    Janet konnte es selbst nicht recht glauben - diese Stadt des Haferbreis, der Backsteine und der vernünftigen Regenkleidung -, aber sie musste ihren Verehrer verteidigen. »Nun ja, wir vergöttern schließlich die Queen. Und für die Amerikaner ist das Königshaus so merkwürdig und fremdartig wie der Kommunismus. Kommunismus mit Juwelen und fliehendem Kinn.«
    Sie blieben stehen und sahen sich mexikanische Sombreros und einen Pappmachekaktus im Schaufenster eines Reisebüros an. Dahinter streckte das maßstabsgetreue Modell einer Verkehrsmaschine die Nase in Richtung Zukunft. Janet lief die Straße hinunter. »Fang mich, Helena.«
    »Nicht so schnell, Troo.« Helena hatte ein bisschen Übergewicht. »Man könnte meinen, wir sind beim Pferderennen.« Sie schnaufte bis zu der Ecke, an der eine rote Fußgängerampel Janet Einhalt geboten hatte. »Komm schon, Troo - lass uns rübergehen.«
    »Aber die Ampel ist rot.«
    »Was bist du bloß für ein Feigling, Troo. Lebe gefährlich und geh bei Rot. Komm!« Helena hatte die Straße inzwischen überquert. »Ju-hu!«, höhnte sie. »Ich bin drüben, und es ist herrlich hier.«
    Janet entschloss sich genau in dem Moment, über die Straße zu gehen, als ein Wachtmeister um die Ecke kam, in seine Pfeife blies, sie zu sich rüber rief und ihr einen Strafzettel wegen verkehrswidrigen Verhaltens verpasste. Helena lachte sich schief. Janet verging vor Scham - noch so ein typischer 50er-Jahre-Ausdruck. Ein Schandfleck auf meinem Führungszeugnis!
    Mr. Truro versäumte das Mittagessen in der Eaton's-Cafeteria - Sheperd's Pie, Karotten, Milchreis und Cola - und bot Janet und Helena stattdessen an, sie nach Hause zu fahren. William war mit den Jahren etwas korpulent geworden, was ihm eine gewisse Attraktivität verlieh. Helena saß auf dem Beifahrersitz und ließ lauter haarsträubende Sprüche vom Stapel, um ihn zu provozieren: »Frauen haben viel mehr Talent als Männer, Details auszuhandeln. Ich wette mit Ihnen, dass die Frauen bis 1975 den Juristenberuf erobert haben werden.«
    »Janet, wo hast du denn diese Suffragette aufgegabelt? Demnächst bringt sie dich noch dazu, meinen Job bei Eaton's zu übernehmen.«
    »Und was wäre daran so schlimm?«, fragte Helena.
    »Meine kleine Janet soll arbeiten gehen? Das wäre ... ein Fiasko.«
    Helena biss an. »Ein Fiasko? Wieso das}« »Die Welt ist ein unbarmherziger Ort, Helena«, sagte William.
    »Ja und?«
    »Ja und} Ihr seid jung.« »O Mann!«
    Janet sagte: »Ihr redet über mich, als wäre ich gar nicht da.«
    Ihr Vater hatte nur Ohren für Helena.
    »Du hast ja keine Ahnung«, sagte William. »Das Leben ist langweilig. Die Menschen sind rachsüchtig. Alles Gute ist irgendwann wieder vorbei. Wir tun so vieles, ohne zu wissen warum, und wenn wir es herausfinden, sind Jahrzehnte vergangen, und es spielt keine Rolle mehr.«
    »Sie wollen Ihre kleine Janet in einen Elfenbeinturm sperren?«
    »Ja, genau.« Der Impala war an einer roten Ampel stehen geblieben, und der gedrosselte Motor ließ Williams

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