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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Geschäftsführer zeigte ihr den Schlauch hinter dem Restaurant, mit dem das Personal die Mülltonnen ausspülte. Minuten später fanden Janet und Nickie sie dort. Sie hatte die gespülten Geldscheine zum Trocknen auf einem blendend weiß gestrichenen Sims ausgelegt, und nun krabbelten Ameisen darüber hinweg, die in den Spuren von Blutenzymen eine Mahlzeit witterten.
    »Wir fahren gleich«, sagte Janet und fügte hinzu: »Du musst nicht mitkommen. Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber mir ist, als ob wir dich heute zum letzten Mal gesehen haben.«
    Als Antwort spritzte Shw ihr Geld noch energischer ab.
    »Tja, wie auch immer«, sagte Nickie, »in zwei Minuten sind wir rechtmäßig geschieden, da kannst du uns jetzt ebenso gut sagen, was es mit dem Geld hier auf sich hat. Reine Neugier, mehr nicht. Wenn ich's nicht erfahre, wird mich ein hohles, nagendes Gefühl plagen, bis zu dem Tag, an dem mich ein Bus überfährt.«
    »Es ist mein Körper«, sagte Shw. Der Schlauch knickte ab, sie bückte sich, um ihn wieder gerade zu machen.
    »Da komm ich nicht mit«, sagte Janet. »Kannst du uns vielleicht ein paar Hintergrundinformationen liefern?«
    Shw hörte kurz mit dem Abspülen auf und sah Nickie an. »Also, Bryan hat Ihnen erzählt, dass ich abtreiben will, richtig? Das sieht ihm ähnlich - er ist ein todessüchtiger Schwachkopf.« Sie sprengte weiter und fuhr fort: »Diese Frau in Daytona Beach - ihr Mann handelt mit Auto-Ersatzteilen. Netter Typ, aber er trifft einfach nicht ins Schwarze, dabei wollen sie so gern ein Kind. Das ist alles. Danke, Internet. Dieses Geld hier ist also die Anzahlung. Bryan ist zwar ein Vollidiot, aber er sieht gut aus, und seine Schwester ist Astronautin - das hat mich in den sechsstelligen Bereich katapultiert. Dass ich abtreiben will, hab ich gesagt, weil ich mir dachte, wenn es mit dem Tod zu tun hat, würde er vielleicht Verständnis haben.«
    Janet sagte: »Moooment mal - du willst das Baby verkaufen?«
    »Tja, schöne Scheiße! Woher sollte ich wissen, dass er durchdrehen würde?« Sie sprengte immer weiter.
    »Es gibt immerhin Gesetze.«
    »Bitte mischen Sie sich da nicht ein, Janet, denn eigentlich mag ich Sie, und ich will, dass das so bleibt. Und überhaupt, wenn Sie mich doch finden, werde ich einfach sagen, ich hätte auf der Toilette eines Tastee-Freeze-Eiscafes eine Fehlgeburt gehabt.« Sie sah Janet ins Gesicht. »Ach, starren Sie mich nicht so verächtlich an. Das Kind gehört mir, und ich kann damit tun und lassen, was ich will.«
    »Weiß Bryan von dem Deal?«
    »Nein. Aber ich kann mir vorstellen, dass er bald davon erfahren wird.«
    Shw führte den Schlauch bedrohlich nah an Janets Füße heran, und diese konnte Tröpfchen auf ihren Schienbeinen spüren. »Ich schätze, wir sollten lieber fahren.«
    Janet und Nickie gingen zu ihrem Wagen und stellten dann fest, dass sie gar nicht wussten, wohin.
    »Ich finde, wir sollten uns betrinken«, sagte Nickie. »Im Ernst. Dürfen wir das - in unserem Zustand?«
    »Ich denke schon.«
    Schweigend gondelten sie auf der Suche nach einem guten Elf-Uhr-morgens-Cocktail durch die Straßen.

12
    Im Innern der Monorail-Bahn war es brütend heiß. Wade, Ted und Bryan sausten über einen Disney-World-See hinweg. Aufdringliche, emotionslose Musik hing in der Luft wie der Geruch vom Shampoo fremder Leute. Ted langweilte sich bereits, während Wade sich etwas vergrippt fühlte. Früher bin ich mit der Hitze so gut klargekommen sogar in jenen Sommern in Kansas City. Nur Bryan schien in Feiertagslaune zu sein, er plapperte wie aufgezogen. »Hey, Dad«, sagte er. »Ganz schön cool, was? Du mit deinen Söhnen bei Disney World.« »Ja, klar.«
    »Macht einen irgendwie stolz, hm, Dad?« Bryan ließ nicht locker. Ted drehte sich um und sah Wade an, als wollte er sagen: Stopf diesem Typen bitte das Maul.
    »Und ist das nicht echt Klasse - dass wir hier unten sind und Sarah ins All fliegt?«
    Ted riss der Geduldsfaden. »Ich hab mein ganzes verdammtes Berufsleben als Ingenieur gearbeitet, damit Sarah und andere Leute ihres Schlags ins All fliegen und dazu beitragen können, den Rest unserer Spezies aus der Scheiße zu ziehen. Ja, Bryan, es kommt einem wirklich irgendwie klasse ‹ vor, dass wir alle hier sind.« Die Monorail-Bahn war voll, Menschen starrten sie an. Greinende Kinder verstummten. Bryan machte ein betroffenes Gesicht.
    Wade dachte: Was für ein Depp. Wieso um alles in der Welt sollte Bryan auch nur einen Furz darauf geben, was

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