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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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wärst selbst irgendwie radikal.«
    »Kann schon sein. Aber er ist total peinlich. Er glaubt immer noch an all diesen Kommunistenquatsch - das ist heutzutage so, als würde man glauben, man könne durch Wasserproben Hexen entlarven. Die Globalisierung ist der wahre Dämon. Globalisierung gemischt mit Wissenschaft. Dad ist so beschränkt, dass er nichts als seinen albernen Hass auf den Mittelstand - uups - Entschuldigung, die Bourgeoisie sieht.«
    Janet wechselte das Thema. »Was ist mit Ihnen, Nickie? Wie lautet Ihre Geschichte?«
    »Nichts Besonderes. Ich bin ein ganz bürgerliches Mädchen, das zu lange damit gewartet hat, einige der fundamentalen Lebensentscheidungen zu fällen, und diejenigen, die ich gefällt habe, waren nicht besonders clever.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, dass ich im Moment großen Hunger habe.« Sie deutete auf ein profanes Kettenrestaurant. »Lasst uns da drüben reingehen. Auf dem Schild da steht, dass eine Extraportion Speck diese Woche nur neunzehn Cent kostet.«
    »Ich bin Vegetarierin«, sagte Shw. »Und außerdem ist mir morgens immer schlecht.«
    Nickie lenkte den Wagen auf den Parkplatz. Im Restaurant sicherten sie sich gleich eine Sitzecke. Offenbar war alles in dem Laden orange, violett oder braun.
    »Uuh, ist der schnuckelig«, sagte Nickie, als der Kellner wieder ging.
    »In allem, was es hier gibt, ist Fleisch drin«, sagte Shw und putzte sich die Nase - eine aufkommende Erkältung.
    »Ihr Vegetarier seid alle bloß neurotisch«, sagte Nickie. »Bestell dir doch einfach einen Obstteller.«
    »Wahrscheinlich schneiden sie das Obst auf einem Schlachtblock, auf dem sie gerade vorher eine Kuh zerteilt haben.«
    »Ein Obstteller in einem Lokal wie diesem«, sagte Nickie, »ist bestimmt schon im Februar in einem Obsttellerlabor in Tennessee hergestellt worden.«
    »Oh, seht mal«, zwitscherte Janet mit ihrer munteren 1956er Stimme, »Rühreier. Wie schön.« Ihr mütterlicher Ton brachte die anderen dazu, sich die Speisekarte richtig durchzulesen. Janet holte eine Pillendose aus ihrer Handtasche und knallte sie auf den Tisch.
    Nickie machte große Augen. »Himmel, deine Pillendose ist ja so groß wie ein Nähset. Muss ich mir jetzt auch so eine kaufen?«
    In dem Moment kam der Kellner - auf seinem Namensschild stand Kevin - zurück. »Das ist noch gar nichts«, sagte er. »Ein paar von den Leuten, die hier herkommen, haben Pillendosen so groß wie eine Kimball-Wurlitzer-Orgel.«
    Janet deutete mit einem Kopfnicken auf Nickie. »Wir haben beide AIDS.«
    »Tja, ich auch«, sagte der Kellner.
    Nicke sagte: »Na, wir sind ja ein toller Haufen.«
    »Ich seh schon, wir fallen uns gleich alle um den Hals«, sagte der Kellner, »aber mein Chef sitzt mir im Nacken, dass ich hier ein bisschen Dampf machen soll. Vor einer Viertelstunde ist eine Busladung französischer Touristen eingetroffen, und das ist der wahrgewordene Albtraum eines jeden Kellners. Daher muss ich ganz schnell Ihre Bestellung aufnehmen. Lassen Sie einfach das Trinkgeld weg.«
    Die Frauen bestellten, während am anderen Ende des Restaurants lautes Pariser Geschnatter zu hören war.
    »Was ist eigentlich los mit Ihrer Familie?«, fragte Shw. »Sie sind ja völlig verseucht. Ist irgendjemand von Ihnen nicht krank?«
    Nickie sah Shw an und wechselte das Thema. »Ich hab gehört, du bist nicht gerade begeistert, ein Kind zu kriegen, hm?«
    »Ach, schau an - das Blondchen kann sogar sprechen.«
    »So wohlerzogen«, sagte Nickie. »Da hab ich ja wie üblich den wunden Punkt getroffen. Falls es dich beruhigt: Ich hab es ungefähr ein halbes Dutzend Mal getan.«
    »Es?«
    »Abgetrieben.«
    »Ich gehe auf die Toilette.« Shw schlurfte davon.
    »Ich hab gehofft, wenn sie sieht, dass ein Wrack wie ich auch schon im selben Boot gesessen hat, denkt sie vielleicht noch mal über ihr Vorhaben nach.«
    »Wollen Sie Kinder?«
    »Ich schätze schon. Aber ich wäre eine miserable Mutter.« »Wären Sie nicht.«
    »Oh, danke schön, Cindy Brady. Doch wir könnten uns ohnehin keine Kinder leisten.«
    »Hab ich ganz vergessen - so pleite ist er, ja?«
    »Oh! Wir sind so abgebrannt, dass es schon pervers ist.«
    »Aber Sie sind Marline angeln gefahren -«
    »Dank einem seiner so genannten Freunde. Und wissen Sie, was wir hier unten gegessen haben, seit wir angekommen sind? Nachos mit Salsa. Und Hot Dogs. Mehr nicht. Wir haben auf dem Weg vom Flughafen an so einem Mega-Schnäppchenmarkt gehalten.« Nickie betrachtete ihre Nägel und fand sie

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