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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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fragte Janet Wade.
    »Woher soll ich das wissen?« Wenn sie es erführe, würde sie ausrasten.
    »Ruf ihn von diesem Apparat hier aus an, der hat eine Freisprechanlage.«
    »Dann wird er durch die Telefonnummer wissen, wo wir sind.«
    »Du rufst ihn jetzt sofort an, Wade.«
    Mutter wird schon wissen, was sie tut, und außerdem bin ich dann aus dem Schneider. Innerhalb einer Minute war Florian am Apparat, und Wade reichte Janet den Hörer und schaltete die Freisprechanlage ein. Sie fragte: »Ist da Florian?«
    »Allerdings. Und wer, bitte, sind Sie?« »Hier ist Janet, Wades Mutter.«
    Ein teutonisches Keckem erscholl am anderen Ende. »Oh, das ist wirklich starker Tobak. Wade, wer auch immer diese Schauspielerin ist, bitte erspare ihr diese unmögliche Rolle.«
    Wade sagte: »Das ist meine Mutter, Florian, sei gefälligst nett zu ihr.«
    »O Gott, Wade - das ist tatsächlich dein Ernst, was? Na gut, dann werde ich eben auf meine Manieren achten.
    Hallo« - Florian verhielt sich plötzlich wie jemand, der den imaginären Freund eines Kindes anspricht - »Janet.«
    »Tja, wir können ebenso gut gleich zum Geschäft kommen. Wie viel wollen Sie für den Brief ausgeben, und wie viel müssen wir zahlen, um« - eine bedeutungsschwangere Pause - »Howie zurückzubekommen?«
    »Ja, Ihr Schwiegersohn. Ein reizender Mensch.«
    »Sie können sich vorstellen, wie begeistert wir sind, dass wir auch noch dafür zahlen müssen, ihn zurückzubekommen. Sie sollten ihn zu Weihnachten erleben. Er braucht ein ganzes Stockwerk für sich allein, damit er seine Weihnachtslieder singen kann. Das hört sich dann so an -« Janet begann in einem spöttischen Sopran zu schmettern: »›Frooooooosty the snnnnnnnnnnowwwwwwwman.. . ‹ Und so weiter. Und so fort.«
    Ted platzte dazwischen: »Er ist eine gottverdammte Nervensäge.«
    Florians Neugier war geweckt. »Und wer, bitte, ist dieser Herr?«
    »Das ist mein Dad, Florian. Benimm dich.«
    Florian wirkte beleidigt. »Ich benehme mich doch nie daneben, Wade. Wer ist sonst noch bei euch im Zimmer?«
    »Mein Bruder, Bryan.«
    »Spielt ihr gerade Scrabble? Oder Mikado?«
    Janet sagte zu allen Anwesenden: »Seid bitte still.« Sie wandte sich der Freisprechanlage zu. »Florian, lassen Sie uns ›Flohmarkt‹ spielen. Was immer Sie für Howie verlangen wir wollen hunderttausend mehr für den Brief.«
    Florian sagte: »Ich will eine Milliarde Dollar für Howie.«
    Janet sagte: »Ich will eine Milliarde Dollar plus hunderttausend für den Brief.«
    »Ich habe Ihren Anruf bereits zurückverfolgen lassen und weiß jetzt, wo Sie sind.«
    »In fünf Minuten sind wir weg. Na toll. Und was dann? Wir werden den Brief schreddern. Hunderttausend, Florian. Das ist ein Hundertstel des ursprünglichen Preises.«
    »Fünfzigtausend.«
    Janet sagte forsch: »Wissen Sie was, Florian? Nein. Hundert, und damit basta. Ich bin eine alte Frau, die an AIDS stirbt, mein Ex-Mann ist ein alter Mann, der an Leberkrebs stirbt -«
    Wade und Bryan standen da wie vom Schlag getroffen und starrten ihren unbekümmert wirkenden Vater an. Janet fuhr fort: »- und Wade sieht auch nicht grade fit aus.«
    »Ist mir bereits zu Ohren gekommen. Haben Sie Schmerzen?«
    »Ja. Ein bisschen. Aphthen, aber dagegen kann ich Medikamente nehmen. Nur diese Pillen, Florian, großer Gott, allein daran zu denken nimmt mein ganzes Leben in Anspruch. Das nervt mich mehr als alles andere.«
    »Meine Mutter hatte Brustkrebs. Sie hat sich auch praktisch von Pillen ernährt.«
    »Ach, Sie Ärmster. Wann?«
    »Als ich noch jünger war.«
    »Hat es lange gedauert?«
    Florian klang nachdenklich: »Bei dem, was sie durchmachen musste, was ein einziger Tag schon zu lang.«
    »Sie armes Lämmchen. Wie hat Ihre Familie es aufgenommen?«
    »Meinem lieben Vater war es peinlich, und wissen Sie warum?« »Warum?«
    »Weil er der führende Pillenhersteller der Welt war und trotzdem kein einziges Medikament finden konnte, das meine Mutter gerettet hätte. Für ihn war dieses Versagen eine persönliche Schande, und diese Schande machte ihm mehr zu schaffen als der Tod meiner Mutter.«
    »Die Reaktionen der Menschen aufs Sterben sind unberechenbar. Das war seine.«
    »Aber Janet, eins sollten Sie wissen: Glauben Sie, er hat, nachdem die Trauerzeremonie vorbei war, Geld in die Forschung gesteckt? Nein. Er hat sich in Nassau in die Gosse getrunken. Ekelhaft. Cochon. Und dann kriegte er Alzheimer.«
    »Mein Vater hatte auch Alzheimer. Vier Jahre Hölle.« »Wie werden Sie

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