Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
sagte: »Sie wollten uns einen Brief vorlesen?«
    »Ja.« Gayle nahm das Duplikat, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schaltete ihr Lächeln ein. »Von der kleinen Emily.« Sie öffnete den Brief etwas ungeschickter, als sie es vermutlich getan hätte, bevor Ted den Tisch zerstört hatte. Im Umschlag steckte eine Karte mit dem Aufdruck: Für den besten aller Söhne zu seiner Bar-Mizwa. Im Innern der Karte war der ringförmige Abdruck einer Kaffeetasse zu sehen. »Emily?«
    Shw schaute sie an und sagte: »Was hat es denn mit dem rosa Kerker da unten auf sich, hm?«
    Zuerst sah es so aus, als würden Gayle und Lloyd eine gut gelaunte Wer? Ich? -Unschuldsmiene an den Tag legen wollen, aber ihr Gesichtsausdruck morphte schnell zu einem ausdruckslosen, geschäftsmäßigen Starren.
    »Kerker?«, fragte Bryan.
    Janet sagte: »Ja, wir haben ihn gerade besichtigt - Gebärstuhl, Handschellen, Ledergurte und ein süßes kleines rosa Schlafzimmer in einem Gorillakäfig.«
    Wade sagte: »He, Lloyd, he, Gayle - Sie sind ganz schön pervers, was?« Lloyd und Gayle hatten nichts zu sagen.
    Janet wusste, dass dies der Punkt war, an dem gegebenenfalls Waffen ins Spiel kämen. Sie sagte: »Wade ... Ted ... Bryan ... Emily ... könntet ihr bitte Lloyd und Gayle festsetzen? Vielleicht sollten wir sie in ihr eigenes Gefängnis sperren. Kimba ist glaube ich im Zwinger hinterm Haus.« Es folgte ein Moment des Schweigens, dann kommandierte Janet in einem Ton, als spräche sie zu Kimba: »Hopp hopp!«
    ... Hektik ... Beschimpfungen ... Gerangel ... zerbrochene blitzblanke Möbelstücke, und schon saßen Lloyd und Gayle unten im rosa Zimmer hinter Gittern. Lloyd meldete sich zu Wort: »Ihr habt sie wohl nicht mehr alle. Ich werd dafür sorgen, dass jeder verdammte Cop von hier bis Atlanta Hackfleisch aus euch macht, bevor ihr wisst, wie euch geschieht. Mir doch egal, ob eure Tochter den Nobelpreis gewonnen hat - eure beschissenen Kinder sind doch alle nicht ganz dicht.«
    Janet begutachtete in aller Ruhe den Kerker und sagte: »Nicht solche Ausdrücke, Lloyd. Ach, seht mal - na so was, ein elektrischer Viehtreiber. Die Geburtshilfe hat sich ganz schön weiterentwickelt, seit meine Kinder geboren wurden. Und dazu noch Handschellen. Wie clever. Wer hätte das gedacht?«
    Shw zog einen Stuhl an das Gitter heran und starrte Lloyd und Gayle finster an. »Was hattet ihr vor, hm? Wann wäre ich in eurem kleinen Barbie-Gefängnis gelandet?« Bryan stand neben ihr und bespuckte die beiden.
    »Du solltest hier doch gar nicht rein«, sagte Gayle.
    »War dieser Raum vielleicht für jemand anders reserviert?«
    »Ich versteh ja, wie das für dich aussehen muss ...«
    Shw fuchtelte mit dem elektrischen Viehtreiber zwischen den Gitterstäben herum, woraufhin Lloyd und Gayle sich rasch an die Wand flüchteten.
    Wade sagte: »Shw, lass gut sein. Wir haben Wichtigeres zu tun.«
    Shw wirbelte herum. »Und was hat es mit diesem Brief auf sich, hm? Ihr lest doch wahrscheinlich noch nicht mal die Sonntagscartoons, also wieso liegt euch so viel an einem Brief? Hm? Hm? Hm?«
    Janet sagte: »Na gut. Wir sagen's dir, aber du musst versprechen, dass du dein Baby weder abtreibst noch an die Meistbietenden verkaufst.«
    Bryans Miene hellte sich auf.
    Shw fragte: »Springt dabei was für mich raus?«
    »Ich schätze schon.«
    »Abgemacht.«

23
    Janet sagte: »Ich halte es für das Beste, wenn wir nach handfesten Beweisen suchen, mit denen wir sie erpressen können. Findet ihr nicht auch?« Und damit begann die Familie Schubladen und Schränke zu durchwühlen und nach Hinweisen über die Kombination aus Babyfabrik und Kerker, die Lloyd und Gayle sich da eingerichtet hatten, zu stöbern.
    Wade war sich der Tatsache bewusst, dass seine Familie bereits tief in einer Welt aus unsauberen, schmierigen und illegalen Machenschaften versunken war, aus der sie womöglich nie wieder auftauchen würde. Gab es überhaupt noch ein Zurück? Gab es noch irgendwas, wohin sie zurück konnten? Wade war über zwei Jahrzehnte lang durch den Schmutz gewatet - das war sein Leben - und sein Vater wahrscheinlich ebenso lange. Bryan? Fünfzehn Jahre. Sarah? Wie sich letzte Woche herausgestellt hatte, ungefähr ein Jahr. Aber Mom} Sie, die immer so anständig und unfehlbar gewesen war, benahm sich jetzt, als sei sie dazu geboren, durch die warmen, furzigen Gewässer der Unmoral zu navigieren - sie kippte auf der Suche nach irgendwelchen Schweinereien im ersten Stock die

Weitere Kostenlose Bücher