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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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aber mollig.«
    Ein paar Stunden später, ungefähr zur Abendessenszeit, saßen Beth und Bryan in Kevins Wohnwagen und sahen sich das Fotoalbum mit den Frauen an, die sich als Gebärmutterspenderinnen beworben hatten. Shw hatte unter einer Stahlplatte unter Lloyds Buick LeSabre gefunden. Sie war bester Stimmung - die Tatsache, dass sie knapp der Gefangenschaft entronnen war, hatte sie ungewohnt umgänglich gemacht. Wade, der von der anderen Seite des Raumes aus zusah, bemerkte hin und wieder ein Knistern, das ihm die Zuneigung verriet, die Beth möglicherweise für Bryan empfand. Derweil versuchte er vergeblich so zu tun, als würde er sich nicht wie in einem Backofen fühlen. Die Temperatur im Innern des Wohnwagens war, wiewohl unerträglich, nichts im Vergleich zu der draußen, wo, obwohl die Sonne bereits am Horizont verschwunden war, alles Lebende in eine faulige Variante von Dörrfleisch verwandelt wurde.
    In der winzigen Küche des Wohnwagens saßen Ted und Nickie auf dem Boden, den Rücken gegen den Spülschrank gelehnt, hielten Händchen und sagten nicht viel. Nickie wusste inzwischen über Teds Leberkrebs Bescheid, ihre gemeinsame medizinische Geschichte verband sie mehr als jedes angenehme Erlebnis es getan hätte. An dem Kühlschrank ihnen gegenüber hing ein Schnappschuss von Kevin, der offenbar auf einer Party für Disney-Maskottchen entstanden war. Er rauchte mit trotzigem Gesicht eine Virginia Slim, und der untere Teil seines Rumpfes steckte in dem Körper Dagobert Ducks, während er Dagoberts Kopf herumwirbelte, als wäre er ein Armband, das ihm ein lästiger Verehrer geschenkt hatte. Neben diesem Foto klebte ein Brief von der Disney-Geschäftsführung, der Kevin darüber in Kenntnis setzte, dass er wegen Verstoßes gegen die Maskottchenordnung entlassen worden war.
    Als Wade sich diese Woche in Florida, die mit dem Start der Raumfähre enden sollte, ausgemalt hatte, war dieser Wohnwagen nicht Teil des Szenarios gewesen. Er hatte sich was? - vornehme Bankette in Flugzeughangars mit auf Aluminiumplatten servierten Speisen vorgestellt, bei denen ihm und seinen Tischgenossen Sechzehn-Millimeter-Filme von Shuttle-Starts der Vergangenheit vorgeführt wurden, wonach silberköpfige Astronauten von einst hinter einem Vorhang auftauchten und in Gesellschaft von Starlets in knappen Kleidchen mit Spaghettiträgern Geschichten von brenzligen Situationen und Festessen nach der Landung erzählten. Kleine, geschlechtslose Kinder in Overalls führten ihn durch komplexe unterirdische Anlagen, wo er mit blendendem weißem Licht bestrahlt wurde, das ihn intelligenter, stärker und freundlicher machte. Hinterher warteten Bruce Springsteen und Pamela Anderson oben auf dem Rollfeld in einem Geländewagen, und zusammen fuhren sie zu einem eleganten französischen Abendessen, bei dem Wade Französisch verstand und mit seinen Geschichten die Anwesenden amüsierte und ergötzte.
    Ted, der auf dem Fußboden hockte, rief: »Ist das hier eine Kakerlake? Was zur Hölle ist das?«
    »Das ist ein Palmetto-Käfer«, sagte Wade.
    »Du kannst ihn doch von da, wo du stehst, gar nicht sehen. Woher willst du das wissen?«
    »Jeder, der ihn sieht, stellt die gleiche Frage.«
    »Du kennst dich wohl in Florida aus wie in deiner Westentasche, was? Nickie, zerquetsch das Biest mit deinem Pumps.«
    »Aber gern, Schatz.«
    Klonk.
    War dies ein neues Tief? War es ein neues Hoch? Wieder konnte Wade nur staunen, wo er und seine Familie auf einmal gelandet waren.
    »Also, wie lange bleiben wir hier?«, fragte Shw.
    »Eine kleine Weile noch«, sagte Wade.
    »Wie lange ist eine kleine Weile?«
    »Bis meine Mutter anruft.«
    Wade sagte, er wolle spazieren gehen, und nahm das Handy mit. Einer Eingebung folgend, rief er Sarah an, und welch ein Glück - erreichte sie sogar. »Schwesterchen?«
    »Wade.«
    »Hey.«
    »Selber hey. Geht es dir wieder besser?«
    »Ein bisschen. Ich bereite mich gerade auf einen Schlafzyklus vor. Gordon hat mir vor ein paar Minuten den Po getätschelt, aber dann kam eine Filmcrew herein, und das war's. Unser Biologie-Experiment in der Schwerelosigkeit ist vielleicht doch noch nicht gestrichen, aber offen gesagt kann ich mich im Moment selbst nicht leiden. Erzähl mir was, das mich vorübergehend aus diesem metallenen Müllcontainer herausversetzt. Wo bist du? Was ist los, hm? Ich kenne dich, Wade. Irgendwas ist doch im Gange. Gestehe, aber sofort. Du bist machtlos gegen meinen Willen.«
    Warum nicht? »Na schön. Ich stehe vor

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