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Alle Farben der Welt - Roman

Alle Farben der Welt - Roman

Titel: Alle Farben der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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bin, dass ich unverwechselbar bin, dass ich Teresa bin.
    Hier kennt niemand meinen richtigen Namen. Er ist ein Geheimnis, das nur Sie hätten lüften können. Doch Sie haben es nicht getan. Wie viele Nächte habe ich gebetet, Sie mögen zu mir kommen, mich beim Namen nennen, mich in Ihre Arme schließen und mich bitten, mit Ihnen zu gehen, irgendwohin zu fliehen und wieder loszuwandern, ohne ein Ziel.
    Nach Geel zurückzukehren. Das wäre schön gewesen.
    Doch Sie haben mich nicht erkannt.
    Wir sind nun wie zwei Fremde füreinander.
    Ich existiere nicht mehr, nicht einmal mehr für Sie.
    Das war meine letzte Hoffnung, sie hat sich in Luft aufgelöst.
    Und wenn Sie mich nun doch erkannt haben?
    Womöglich haben Sie absichtlich so getan, als würden Sie mich nicht kennen. Wollten keine Zeit verschwenden, wollten nichts, was Ihrer sogenannten Kunst im Wege stehen könnte.
    Oder empfanden Sie vielleicht Abscheu vor mir, so erbärmlich, wie ich bin?

    Es gab nichts Schöneres für mich, als in die Waschküche zu gehen. Ich fieberte dem Tagesanbruch entgegen und wartete auf den ersten Lichtschimmer. Die Schwestern wunderten sich über meinen Eifer. Ich hielt nicht einmal die Sonntagsruhe ein und wollte die Arbeit auch mit niemandem teilen. »Um die Wäsche kümmere ich mich!«, verkündete ich. »Schmutzige Unterhosen? Was für ein Glückstag!«, »Verdreckte Zwangsjacken? Meine Lieblingsbeschäftigung!«, »Putzlappen? Je sauberer sie sind, desto besser!«.
    Die Schwestern hatten ja keine Ahnung!
    Viele Stunden verbrachte ich in diesem Raum und betrachtete jedes einzelne Bild. Sie können sich meine Freude nicht vorstellen, wenn ein neues dazukam. Als ich zum Beispiel das Porträt des Doktors entdeckte oder das des Gärtners. Als ich mich in dem Krankensaal suchte, den Sie gemalt hatten, oder mich in dem kränklichen, grün-rosa Lächeln einer Azalee wiederfand, als ich die kleine Allee der Anstalt sah, die Mandelblüten, die Säulen der Vorhalle, und erst recht, als Sie mich mit sich hinausnahmen, zu den knorrigen Olivenbäumen, zu den Straßenarbeitern, ins Unterholz und wieder auf die Felder, wie damals, wie in unserem Kempenland.
    Nur dass heute Morgen, als ich wie üblich herunterkam, die Bilder nicht mehr da waren.
    Haben Sie sie mitgenommen?
    Hat man sie weggeworfen?

    Sie wollen wissen, warum ich hier bin?
    Vielleicht grübeln Sie nun darüber nach, wie es sein kann, dass Sie mich nicht erkannt haben. Sie lassen alle Gesichter Revue passieren und fragen sich: »Aber wo war Teresa? Ich erinnere mich an sie, aber doch nicht in Saint-Rémy ...«
    Nur so viel: Als Doktor Tarascon vor einigen Jahren erkannte, dass er sich auf der ganzen Linie geirrt hatte, dass er einen kolossalen Fehler begangen hatte, verlegte man mich aus der Irrenanstalt von Paris hierher. Er ließ mich aus Paris fortschaffen, so weit weg wie irgend möglich. Nach Geel konnte er mich nicht zurückschicken, sein Ruf stand auf dem Spiel, und so beschloss er, mich hier einzuweisen, im Süden Frankreichs. Das konnte jemandem wie mir nur guttun, jemandem, dem nur noch wenige Jahre zu leben bleiben. Hat es Ihnen nicht auch gutgetan? Hier im Süden ist die Sonne glühend heiß. Hier ist immer schönes Wetter. Die Verpflegung lässt zwar zu wünschen übrig, und die Kolonialwaren schmecken oft schimmlig. Doch wozu sich beklagen?
    Vielleicht, Monsieur van Gogh, denken Sie nun auch, was alle denken, dass nämlich der Wahnsinn schicksalhaft von der Mutter auf die Tochter übergeht. Vielleicht denken Sie, mein Los sei eben das Los aller Frauen der Familie Ohneruh, ein Ende im Irrenhaus von Paris. Zum Teil stimmt das auch.
    Der Unterschied ist, dass ich nicht wie meine Mutter in der Salpêtrière war. Ich war in Bicêtre, dem Irrenhaus für Männer.

    Tarascons Sprechzimmer im fünften Stockwerk der Anstalt war immer eiskalt. Der Doktor rauchte Pfeife und ließ die Fenster offen, weil es ihn störte, wenn dieser Geruch sich festsetzte. Ich stand vor einem kleinen Tisch, in einem dünnen Leinenanzug, und starrte in die Petroleumlampe, bis sich ihr Licht in meine Augen gefressen hatte. Am liebsten hätte ich meine Hand in die Flamme gehalten, mich verbrannt, mir Schmerz zugefügt, gespürt, dass dieser Körper noch da war. Doch meine Hände waren gefesselt.
    Der Assistent begann stets mit derselben Frage: »Wie heißen Sie?«
    »Teresa Ohneruh.«
    Er warf Tarascon einen Blick zu.
    »Versuchen wir es noch einmal«, sagte der Professor.
    »Wie heißen

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