Alle Farben des Schnees
sind hellgrau. Es werden Teams zusammengestellt, die aus 18 Schülern der unterschiedlichen Altersstufen (1. bis 9. Klasse) bestehen. Sie besuchen die verschiedene Schulen. Die meisten Schüler lernen sich in ihrer Gruppe erst während der Spiele kennen. In zwei Großgruppen (Waldtiere und Vögel) absolvieren sie gegenläufig einen zwischen der Lichtung und dem Campingplatz von Sur En im Wald aufgebauten Parcours. Matthias ist bei den Muntanellas, den Murmeltieren. Es gibt auch Hasen, Füchse, Dachse, Marder, Wiesel, Eichhörnchen, Rehe, Hirsche, Gemsen, Steinböcke und Bären. Und in der Vogelgruppe: Adler, Sperber, Schwalben, Raben, Schneehühner, Geier, Lerchen, Meisen, Finken, Dohlen, Spechte. An den verschiedenen Stationen sägen die Kinder Holz, schieben mit verbundenen Augen eine Schubkarre, bewegen sich zu viert auf überdimensionalen Skiern, schlagen Nägel mit der Hammerspitze ein. Sie stellen pantomimisch Dinge, Berufe, Tiere dar: eine Krawatte, einen Coiffeur, einen Frosch; sie bauen aus winzigen Hölzern einen möglichst hohen Turm, sie hüpfen im Sack, fahren mit
Mountainbikes über Stock und Stein, sie balancieren. Sie kämpfen, sie sind geschickt, sie halten zusammen. 45 Lehrer und Helfer aus dem Dorf haben seit Wochen die Stationen vorbereitet.
Jede Gruppe hat auf der Lichtung von Tramblai einen Versammlungsplatz unter ihrem Tiernamen. Hier packen die Kinder ihre Brote aus. Während des Festes kann man außer Apfelsaft und Wasser nichts kaufen.
Am Ende zeigen die Kinder zusammen eine in den verschiedenen Schulen einstudierte Tanzformation. Die Siegerplätze werden ausgerufen, der Reihe nach dürfen sich alle Waldtiere und Vögel ein Eis abholen.
Die Senter Schüler haben sich morgens um 7.30 Uhr beim Fußballplatz getroffen und sind von dort eine Stunde nach Sur En hinuntergelaufen und weiter bis Tramblai. Um 8.45 Uhr begann das Fest. Nach 16.00 Uhr war es zu Ende.
Zu Hause geht Matthias direkt zum Sofa, legt sich hin und schläft sofort ein.
Freitag, 11. Juni
Mit dem Hund gehen. Leichter Wind, die Wiesen wogen, seidiger Klatschmohn an den Rändern, Teppiche von wildem Thymian, Flächen von so blauem Wiesensalbei, daß es in den Augen weh tut. Leicht dunstig, aber warm. Der Hund wälzt sich in den Blumen. Ich lasse ihn nur von der Leine, wo die Wiesen nicht abgezäunt,
also eher wild sind, wo sie steil abfallen. Eine Photographin kniet selbstvergessen in den Blumen. Auf dem Rückweg sehe ich, wie sie aufsteht. Sie dreht sich um, sieht mich an mit einem Blick völliger Verklärung. Sie hat die Figur einer Radrennfahrerin; ihre Beine sind braun.
Die Kastanien an der Allee nach Val Sinestra zeigen hohe weiße Blütenstände. Ein Surren, Summen ist in der Luft, die Vögel sind aufgeregt.
Da Sent am Hang liegt, gibt es in den Gassen immer wieder hochgemauerte alte Gärten. Jetzt scheinen sie von Blumen überzuquellen. Aus den Steinen springen Polster von weißen Steinnelken und gelbem Steinkraut. In den Gärten beginnen Pfingstrosen zu blühen und Feuerlilien.
Ein Moment der Stille: In das Läuten der Kuhglocken ruft ein Kuckuck hinein.
Gegen Abend. Christof, der Architekt, holt mich zu einem Dorfrundgang ab. Wir beginnen in seinem Haus, das uns gegenüber, oberhalb der nach Norden ansteigenden Gartenzeile der Straße, liegt. In ein altes Engadiner Haus hat er einen neuen Holz- und Glaskörper hineingesetzt. So blieb nach außen die ursprüngliche Architektur erhalten. Die Idee für die Gestaltung der Innenräume orientierte sich an Bauernfamilien, die hier
einmal mit ihrem Vieh unter einem Dach lebten. Auch er wollte Wohn- und Arbeitsräume verbinden. Das Haus im Haus ist vollständig umlüftet. Im Zentrum ist Platz für ein großes Architekturbüro mit Zeichentischen, daneben gibt es Spielräume für kleinere Büros oder Feriengäste, mit Küchen und Bädern, die durch Wände, die gleichzeitig Türen sind, gegeneinander abgegrenzt oder miteinander verbunden werden können. So werden Räume je nach Bedarf klein oder groß. Eine drehbare Wendeltreppe mit einer nach oben abschließenden, halbrunden Wand kann einem Zimmer wie eine Tür Schutz geben. Sie läßt sich aber auch so drehen, daß die Stufen noch ein wenig höher hinaufführen bis zu einem Dachfenster, durch das man die Sterne beobachten kann. Der Umbau, den er mit einem Freund realisierte, bekam 2001 die Auszeichnung »Gute Bauten Graubünden. Denkmalpflege und Heimatschutz«.
Wir gehen durchs Dorf.
Seit der Öffnung
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