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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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seine Söhne nicht ungeheuer wichtig wären. Nur … in dieser einen Sekunde hatte sie sich … ausgenutzt gefühlt.
    Sie würde darüber hinwegkommen. Sie brauchte nur einen Moment, um sich wieder zu fangen.
    “Hey”, sagte Jack, “ich wollte nur wissen, was Cooper bedrückt. Was er dir erzählt hat. Darauf habe ich ein Recht. Ich habe
dir
sehr wohl erzählt, was mit Charlene los ist.”
    “Das ist etwas anderes, Jack.”
    “Inwiefern?”
    Sie suchte nach Worten. “Es ist anders, weil Charlene so jung ist. Ihre Mutter ist sozusagen eine völlig unbekannte Größe. Sie könnte eine Gefahr für Charlie darstellen. Cooper hingegen … sein Geheimnis hat nichts damit zu tun, dass er in Gefahr ist. Es handelt sich um ein ernstes Problem. Aber er ist älter als Charlene und hat mich gebeten, es für mich zu behalten.”
    “Ja, und? Charlene hat mich auch gebeten, nichts weiterzusagen – und ich habe es dir trotzdem erzählt. Ich habe dir vertraut.”
    Die märchenhafte Nacht schien sich von einem Moment auf den anderen zu verändern. Das leichte Abendlüftchen war plötzlich ein scharfer Wind, die feuchte Luft eisig. “Kannst du mir wegen Coopers Geheimnis nur ein kleines bisschen länger vertrauen?”
    “Ich will es wissen. Es geht um meinen Sohn. Ich
muss
es erfahren.”
    “Ja, das musst du. Aber kannst du mir bis Freitagabend vertrauen? Eigentlich …”
    “Was, eigentlich?”
    Dieses Muster, dachte Merry, hatte sich durch ihr ganzes Leben gezogen. Sie konnte nicht einfach den Zeh nur ein bisschen in den Schlamm tauchen. Nein, sie musste bis zum Hals hineinspringen. “Eigentlich”, sagte sie eilig ohne ihn anzusehen, “eigentlich dachte ich daran, Freitagnachmittag mit Charlie nach Washington zu fahren. Ich nehme sie einen Tag aus der Schule. Im Smithsonian-Museum ist eine Ausstellung. Maschinen oder so. Etwas, wo ihr Dad sicher mit ihr hingegangen wäre. Egal … ich könnte deine Söhne an diesem Nachmittag von der Schule abholen, wenn es dir recht ist. Du würdest dir die Fahrerei ersparen. Und vielleicht könnten wir dann später miteinander reden. Zum Beispiel nach dem Abendessen.”
    Er starrte sie an. Im Mondlicht schien sein Gesicht plötzlich kalt und grau. “Ich verstehe nicht, warum du es mir nicht jetzt gleich sagen kannst, wenn du es mir in ein paar Tagen sagen möchtest.” Als sie nicht sofort etwas erwiderte, sagte er: “Vertrauen ist etwas Beiderseitiges, weißt du.”
    “Ja, das ist es”, stimmte sie zu. Dann zögerte sie. Sie steckte ohnehin schon bis zum Hals in diesem Schlammassel, warum also sollte sie nicht riskieren, ganz einzutauchen. Sanft und vorsichtig flüsterte sie: “Willst du, dass ich dir vertraue, Jack?”
    Möglich, dass ihre Stimme so leise gewesen war, dass er sie nicht gehört hatte. Er nahm die Weinflasche und die Gläser, die er mitgebracht hatte, und stand auf.
    Vielleicht hätte er geantwortet. Höchstwahrscheinlich hätte er geantwortet. Aber weil er so lange darüber nachdenken musste, war ihr Herz schon gebrochen – ungefähr drei-, vielleicht sogar viermal.
    Bis zu diesem Augenblick hatte sie nicht gewusst, wie total sie sich in ihn verliebt hatte. Sie hatte nicht gewusst, dass sie sich nur vorgemacht hatte, es würde ihr nichts ausmachen, wenn es nicht weiterginge. Bis zu diesem Augenblick hatte sie die vielen, großen Unterschiede zwischen ihr und Jack zwar erkannt, doch sie hatte einfach geglaubt, diese Unterschiede würden keine Rolle spielen, wenn die Gefühle zwischen ihnen stark und echt waren.
    Schnell sagte sie: “Gute Nacht, Jack”. Dann verschwand sie im Haus, zog die Verandatür hinter sich zu und schloss ab, ehe er noch irgendetwas sagen konnte.
    Manchmal verlief das gemeinsame Frühstück gut, manchmal war es ein einziger Kampf. An diesem Morgen schien es keiner hinzukriegen, die Tür des Kühlschranks zu schließen, ohne sie krachen zu lassen. Niemand schaffte es, seinen Toast durch die Küche zu tragen, ohne Marmelade auf den Boden zu klecksen. Kicker verschüttete Orangensaft, und Cooper verlor seine Schuhe – was in Anbetracht seiner Schuhgröße – siebenundvierzig – ein regelrechtes Kunststück war. Beide Jungs stapelten ihre Bücher und Hefte auf dem Küchentisch, was beinahe das Fundament des Hauses ins Wanken brachte.
    Jack trank seinen Kaffee.
    Kicker war redend aufgewacht und hatte von diesem Zeitpunkt an nicht mehr aufgehört zu quasseln. “Jedenfalls, Dad … ich weiß, dass Mom am Montag zurückkommt, aber irgendwann

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