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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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allein unterhalten, Charlene”, sagte June, erhob sich und ging vor in Charlies Zimmer. Charlie warf Merry einen Blick zu, als wolle sie sagen: “Wie kannst du mich das allein durchstehen lassen?”
    Merry kehrte also allein ins Wohnzimmer zurück und begann wieder nervös auf und ab zu gehen. Es bedrückte sie, dass sie Charlie nicht vor diesem Einzelgespräch bewahren konnte, das dem Kind offensichtlich zuwider war. Noch mehr bedrückte sie, dass das Gericht Charlie eine Frau zugeteilt hatte, die so streng und altmodisch war.
    Als June nach einiger Zeit aus Charlies Zimmer kam, schloss sie wortlos die Tür hinter sich. Es war klar, dass das, was sie nun besprechen wollte, nicht für die Ohren des Kindes bestimmt war. Merry spürte, wie ihr Herz heftig klopfte, als sie zurück in die Küche ging. Es war nicht zu übersehen, dass die Lippen der Verfahrenspflegerin schmal wie ein Strich waren.
    “Sie haben dem Kind erlaubt, in diesem Aufzug in die Schule zu gehen?” June klang missbilligend. In ihrer Stimme war etwas Unerbittliches. “Ist es das, was Sie unter Vormundschaft verstehen? Betrachten Sie es nicht als Teil Ihrer Aufgabe, einen gewissen Einfluss darauf zu nehmen, wie sich das Kind kleidet und benimmt – oder wie es spricht?”
    Merry spürte, wie es ihr kalt den Rücken hinunterlief. Sie hatte diesem Treffen zwar mit Schrecken entgegengesehen, aber doch sehr gehofft, dass June Innes eine Art Verbündete sein würde.
    “Ich gebe zu, ich war auch erschrocken, als ich sie zum ersten Mal in ihren Klamotten gesehen habe. Aber ich glaube, sie trägt ein paar von den Sachen ihres Dads, um ihm dadurch noch nahe sein zu können. Und sie ist erst elf …”
    “Ihr Alter ist genau der Grund, warum Sie ein Machtwort hätten sprechen müssen.”
    Merry versuchte ruhig zu bleiben. “Vielleicht haben wir diesbezüglich unterschiedliche Sichtweisen. Ich sehe ihre Kleidung nicht als etwas, das mit mir und meiner Macht zu tun hat. Ich sehe sie vielmehr als Ausdruck dafür, dass Charlie das Bedürfnis hat, sich stark zu fühlen.”
    “Indem Sie das Kind ‘Charlie’ nennen, verstärken Sie das Problem, das es mit seiner Geschlechtsidentität hat. Das Mädchen heißt Charlene.”
    Merry wurde nie wütend. Sie war immer viel zu vergnügt, um wütend zu werden. Aber diese Frau entpuppte sich allmählich als Provokation. “Ich glaube nicht, dass sie ein Problem mit ihrer Geschlechtsidentität hat. Was sie meiner Meinung nach hat, ist ein Trauerproblem. Außerdem habe ich den Eindruck, Sie halten mich für ziemlich unfähig – aber ich ersuche Sie trotzdem, Charlene wegen ihrer Kleidung und ihrer Frisur in Ruhe zu lassen.”
    “Sie halten sich für eine Expertin in Sachen Kindererziehung, nicht wahr?”
    “Nein, das tue ich nicht. Ganz bestimmt nicht. Ich bin keine Expertin. Aber ich denke, Charlene versucht auf ihre Weise, mit etwas umzugehen, das dermaßen bedrückend für sie ist, dass sie eben schwer damit klarkommt.”
    “Und Sie sind nicht der Ansicht, dass sie besser in der Schule zurechtkäme, wenn sie normale Kleidung trüge und sich normal benähme?”
    “Ich weiß nicht, was
normal
ist, wenn man einen derartig großen Verlust erlitten hat. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendjemand schnell über so etwas hinwegkommen sollte. Es braucht Zeit.”
    “Natürlich. Aber Ihre Aufgabe sollte sein, diesen Prozess zu beschleunigen, indem Sie für das Kind eine positive Identifikationsfigur darstellen. Wenn Sie es Charlene erlauben, sich wie ein Junge anzuziehen und eine männliche Version ihres Namens zu verwenden, stärkt das kaum Ihre erzieherische Autorität …”
    “Mrs. Innes, wenn Sie mich kritisieren wollen, bitte schön. Aber lassen Sie Charlie wegen ihrer Kleidung in Ruhe.” Keine von beiden hatte sich hingesetzt. Merry kam es vor, als umkreisten sie den Küchentisch wie zwei Kampfhähne. Ursprünglich hatte sie gehofft, June Innes ihre Sorgen mitteilen zu können – wie unsicher sich Charlie fühlte, oder wie sie den Jungen aus der achten Klasse geschlagen hatte. Aber das schien nun alles völlig unmöglich. Die Frau war einfach niemand, dem sie sich mit so sensiblen Themen anvertrauen konnte.
    Gut, Merry mochte heute Morgen und auch am Nachmittag bedrückt über ihre Unfähigkeit für diesen Job als Vormund gewesen sein. Und ja, vielleicht hatte sie sogar überlegt aufzugeben. Aber das war, bevor sie feststellen musste, was für eine menschliche Null June war.
    Charlie hatte außer Merry

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