Alle lieben Merry
noch. Deshalb dachte ich, ich könnte dich vielleicht ein paar Minuten allein sprechen.”
“Klar.” Wieder sah sie ihn besorgt an. Sie hatte Coop immer eher für zurückhaltend als wirklich schüchtern gehalten. Eben mehr für ein stilles Wässerchen. Ihr Vater hätte gesagt, Coop wäre jemand, der “sich nicht in die Karten schauen lässt”. Aber im Moment hatte er alles andere als ein Pokerface, sondern wirkte ziemlich nervös.
Er wippte unruhig auf seinen Absätzen vor und zurück, sah ihr in die Augen und dann wieder weg, kam nicht ganz zur Tür herein, ging aber auch nicht fort, und hatte eine tiefe Sorgenfalte auf der Stirn. Merry hatte keine Ahnung, was gerade in seinem Kopf vorging. “Hey, wir sind uns ja nicht fremd. Du kennst mich zumindest gut genug, um zu wissen, dass ich nicht beiße”, sagte sie sanft.
“Ich weiß, ich weiß. Deshalb wollte ich ja mit dir reden.”
“Wenn man etwas nicht herausbringt, ist manchmal die einzige Möglichkeit, es einfach auszuspucken.”
“Ich versuch’s ja. Glaub mir. Nur …”
“Möchtest du Kaffee? Oder Saft oder ein Glas Milch?”
“Was ich dir sage, muss unter uns bleiben.”
“Verstehe.” Sie hatte zumindest genug verstanden, dass das, was Cooper auf dem Herzen hatte, etwas Ernstes war.
Sie warf einen Blick auf den Herd. Der erste Pfannkuchen war bereits angebrannt und begann zu qualmen. Sie schaltete die Platte aus.
“Ich habe einfach ein Problem, mehr nicht. Ein persönliches Problem. Etwas, weswegen ich eine Frau fragen muss.” Er räusperte sich. “Eine erwachsene Frau.”
“Okay.”
“Es geht um Folgendes … Wie spät ist sehr spät?”
“Wie bitte? Oh.” Manchmal stand sie auf der Leitung, aber diesmal ganz sicher nicht. Coop redete von einer Periode, die überfällig war. Wenn man nicht verhütet hatte. Wenn man, wie er, offensichtlich eine Freundin hatte.
Sie schenkte Kaffee in zwei Tassen, schaltete ihr Handy aus, schob den Jungen zu einem der Stühle am Küchentisch und dachte:
Huch.
Sie fühlte sich geehrt, dass Coop der Ansicht war, er könne mit etwas Vertraulichem zu ihr kommen, aber das war ein ziemlicher Kracher. Du liebe Güte, sie hatte gerade mit seinem Dad geschlafen. Und kam kaum mit Charlene klar. Ihre Nase also in etwas so Ernstes wie das Liebesleben von Jacks Sohn zu stecken, schien eine denkbar schlechte Idee. Aber
nicht
helfen konnte sie ja auch schlecht. Wie sich aus dem Schlamassel helfen?
“Tja, Coop, ich sag’s einfach gerade heraus … Mädchen in deinem Alter bekommen ihre Tage nicht pünktlich wie die Uhr”, versuchte sie es taktvoll. “Das heißt, dass man oft nicht genau weiß, wann die Periode kommt. Aber das bedeutet auch, dass es keinen absolut sicheren Zeitpunkt gibt, an dem man ungeschützt miteinander schlafen kann.”
“Es war nur das eine Mal.” Cooper hielt den Blick so starr auf den Tisch gesenkt, als wolle er mit den Augen Löcher in die Platte bohren.
Wenn er etwas kleiner gewesen wäre, hätte sie ihn auf den Schoß genommen und umarmt. Aber leider hatte sie es hier mit dem Problem eines Erwachsenen zu tun, auch wenn er noch ein Junge war. “Ich fürchte, ein Mal genügt schon.”
Er sah sie mit seinen braunen Augen bedrückt an. “Wir wollten nicht, dass es passiert, ich schwöre es. Ich hätte Kondome gekauft, wenn ich geahnt hätte, dass es so weit gehen würde. Zumindest so schnell. Ich meine, ja, ich habe gehofft, dass es passiert. Wie hätte ich nicht darauf hoffen sollen? Ich mag sie. Sie ist toll. Mit uns läuft es wirklich gut. Aber ich dachte, dass es … irgendwann einmal passiert. Nicht so bald. Es ist einfach … geschehen.”
Es wird ja immer schlimmer, dachte Merry. Nicht weil er es ihr gesagt hatte, sondern weil es mit ziemlicher Sicherheit sowohl für ihn als auch für das Mädchen das erste Mal gewesen war. “Wie viel ist sie über der Zeit, Coop?”
“Sechs Tage, vier Stunden und drei Minuten.” Er seufzte. “Sie hat mich angerufen, bevor ich zu dir gekommen bin. Ich kann nichts essen. Kann nicht schlafen.” Er wischte sich mit der Hand übers Gesicht. “Ich wusste, dass ich dich fragen kann und du nicht mit mir schimpfen würdest.”
Da lag er ganz richtig. Merry hatte keine Ahnung, wie Cooper das gespürt hatte, aber sie war unfähig, irgendjemanden zu verurteilen, egal, was passiert war. Und ganz sicher würde sie kein verzweifeltes Kind verurteilen. “Okay, als Erstes muss sie einen Schwangerschaftstest kaufen. So etwas kostet ungefähr
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