Alle lieben Peter
und erst mal die Haustür freilegte. Damit war zunächst auch nicht viel gewonnen, denn nun stand ich in einem kleinen Schacht, der mir genau bis an den Kopf reichte.
Ich fluchte anstandshalber, aber im Grunde war ich glücklich. Wütende Naturgewalt hat mich immer glücklich gemacht, wie alles, was aus der Natur kommt. Dann begann ich zu überlegen: Spazierengehen war ausgeschlossen. Na schön, blieben wir in unserem Knusperhäuschen. Irgendeine Gefahr war nicht vorhanden: zu essen hatten wir, zu heizen auch. Aber meine drei!
»Na, das ist ja eine schöne Bescherung!« sagte die Stimme der Mama hinter mir in der Haustür.
»Wieso? Ist doch herrlich! Ich komme mir vor wie dieser Kerl da im Märchen, der sich durch einen Schlagsahneberg essen mußte.«
»Es war Pudding!« sagte sie streng. »Außerdem — wo soll ich den Mülleimer hinschütten? Wir können uns doch nicht den ganzen Dreck vor die Nase legen!«
»Ich grab’ dir schon ein Loch, mein Pessimunkelchen!«
»Und wenn nun jemand von uns eine Blinddarmentzündung kriegt, und man muß den Arzt holen?«
»Sehr einfach, dann telefonieren wir.«
»Und möchtest du mir mal sagen, wie der Arzt dann hierher kommen soll, wenn kein Weg ist und er im Schnee ersäuft?«
»Dagegen gibt’s ein ganz simples Mittel.«
»So! Und welches?«
»Man bekommt keine Blinddarmentzündung. Und nun gib mir mal den Mülleimer.«
Ich stach einen Kubikmeter Schnee aus, schüttete das Müllzeug hinein und schippte wieder zu. Dann sah ich gerade über den Schneeberg drüben bei Werneburgs Margot, den Hausgeist.
»Margot«, schrie ich, »was macht ihr denn mit den Hunden?«
Ihr über den Schnee aufragendes Brustbild antwortete, daß es dieses nicht wisse.
»Passen Sie auf, Margot«, schrie ich zurück, »wir graben von beiden Seiten, bis wir zusammenkommen, dann haben wir einen Korridor, da drinnen können sie’s machen!«
»So lange können die armen Tiere nicht warten«, erklärte die Mama, »ich lasse sie schon immer ‘raus!«
»Aber nicht durch die Tür, da sind sie mir beim Schippen im Weg!«
Ich ging ins Haus, bekam Cocki beim Kragen, stemmte schwer keuchend seine achtundvierzig Pfund und setzte ihn vom Fenster aus auf den Schnee. Er ging unter wie eine bleierne Ente, und es war nicht das geringste mehr von ihm zu sehen.
»Schnell! Er erstickt!« schrie die Mama.
»Blödsinn, über sich hat er ja Luft.«
Ich grub mich bis zu ihm hin, und da saß er, einen Meter tiefer, völlig schneeverkleistert und verdattert. Ich reichte ihn wieder hinein und legte dann los. Nach drei viertel Stunden knallte meine Schaufel auf eine andere: Margot! Wir schüttelten uns die Hände, trampelten den Korridor fest, und dann wurden von beiden Seiten die Hunde in den Schneetunnel gelassen. Zunächst alberten sie miteinander herum und taten alles andere, nur nicht das, was sie sollten. Dann ging die alte blinde Elfie in die Knie, und das brach endlich den Bann, indem es die vier Männer ermutigte, das Resultat zu begutachten und zu quittieren. Margot und ich erwarteten beiderseits, auf unsere Spaten gestützt, die Ergebnisse. Als sie schließlich eingetreten waren, warfen wir sie oben auf den Schnee. Dann wurden die beiden Vereine wieder zurückgebracht, und ich machte mich daran, nunmehr den Garageneingang freizuschaufeln.
An diesem zweiten Tag kam auf der Straße noch der Schneepflug. Aber am dritten Morgen kam auch er nicht mehr durch. Im Radio hörte man von steckengebliebenen Zügen, gesperrten Straßen, abgeschnittenen Ortschaften. Es war direkt aufregend und gab der Mama Stoff zu Prophezeiungen von großartiger Düsternis. Während der ganzen Zeit buddelte ich. Ich grub eine Ausfahrt bis zur Landstraße und trampelte einen Pfad bis zum Bach hinunter. Gemeinsam mit Herrn Werneburg legten wir eine breite Bahn bis zu den Felsen hinter seinem Haus an, wo der Grund anstieg und weniger Schnee lag. So war auch das Problem des Hundeauslaufs gelöst. Wir taten das alles mit vielen fachmännischen Bemerkungen und sorgenvoll gefurchten Stirnen, aber zwischendurch streiften wir uns mit gewissen Seitenblicken und wußten sehr wohl, welches Glück uns da geschenkt worden war: als erwachsene Männer noch mal so richtig buddeln zu können wie Anno dazumal auf dem Sandplatz.
Am vierten Tag endlich hörte es auf zu schneien. Strahlendes Wetter! Die gesamte Belegschaft beider Häuser trat an und schippte zum soundsovielten Male die Ausfahrten bis zur Straße frei. Auf besagter Straße fuhr auch
Weitere Kostenlose Bücher