Alle lieben Peter
kein Abfallholz mehr zum Heizen. Der hat schon zweimal zahlen müssen, der Wildgruber, wegen dem Harras. Das ist der reine Teufel, dieser Köter! Vier Hunde hat er schon umgebracht, aber der Wildgruber kauft ihm keinen Beißkorb! Es freut ihn sogar, glaub’ ich. Ich hab’s mit angesehen: Ihr Hund ging vorbei, Harras bellte ihn von drinnen an. Der Cocki blieb stehen und bellte auch. Da war der Harras mit einem Satz auf einem Bretterstapel und dann vom Stapel über den Zaun und dann — es war fürchterlich! Erst hat er sich gewehrt, Ihr Kleiner, wie wild, aber was wollte er denn machen! Und dann, als er sich schon gar nicht mehr wehrte und nur noch jammerte und schrie wie ein Mensch, hat Harras noch immer gebissen und ihn geschüttelt. Als er ihn liegenließ, dachten wir, er wäre tot. Der ganze Schnee um ihn ‘rum war ein Blut und wurde immer noch röter! Ich wollte ihn erst ‘reinholen, aber mein Mann sagte: >Laß ihn liegen, das geht uns nichts an. Wir wollen in nichts ‘reinkommen.< Wir sind nämlich Flüchtlinge«, fügte sie leise hinzu.
»Es geht ihm besser«, sagte ich, »er ist schon fast wieder gesund.«
Das blasse Gesicht der Frau rötete sich: »Ach, das ist schön! Sie verraten mich nicht?«
»Nein, bestimmt nicht!«
Es ging gegen Ende Januar. Die Tage rannen nur so dahin, und meine Arbeit wuchs. Cocki war schon wieder sehr munter und grub hinten im Garten die Gänge auf, die sich ein Wiesel gebaut hatte. Mitunter tauchte es in seinem weißen Winterpelz wie ein Blitz aus dem Schnee auf, äugte zu Cocki herüber und stürzte sich dann in den nächsten Gang. Cocki Witterte, stemmte sich durch den Schnee heran wie ein Dampfer mit Bugwelle und grub nunmehr auch diesen Gang auf.
Peter hatte die Wache bei Cocki schon lange aufgegeben und buddelte auf seinem Lieblingshügel. Weffi war meist in der Bahnhofsbude und spielte mit Monikas Stoffhund. Manchmal ging er auch zu Werneburgs, um Tommy und Elfie zu besuchen.
An einem der letzten Januarabende, als ich noch mal mit den dreien draußen war, hatte der Mond zwei Ringe, einen ziemlich dicht in seiner Nähe und dann noch einen großen, ganz-weit außen. Die Berge schienen so nah und gewaltig, daß sie mich fast erdrückten. Mein Herz schmerzte, und in meinem linken Arm stach es. Morgen würde wohl das Wetter Umschlägen. Auch Peterle sah gegen den Himmel, knuckelte bedenklich das linke Ohr und warf mir einen Blick zu: »Du, das gibt was!« Dann war er weg, hinter dem Dicken her.
Wo war der überhaupt? Ich knipste die Taschenlampe an, aber in dem hellen Schneelicht war sie fast unwirksam. Schließlich sah ich weit hinten, nach dem Sägewerk zu, einen Moment zwei rosenrote Lichter aufblitzen, Cockis Augenreflexe: er war im Abmarsch auf seinen Erzfeind Harras! Na, das konnte ja nett werden!
Ich setzte mit großen Sprüngen hinterher, jedesmal bis über die Knie versinkend. Gott sei Dank kam Cocki viel schwerer vorwärts, er hatte zu den hundert oder hundertfünfzig Metern zehn Minuten gebraucht, ich schaffte es in der Hälfte, holte ihn schließlich keuchend ein und kriegte ihn am Kragen: »Du bist wohl nicht gescheit? Hast du noch nicht genug vom letztenmal?«
Er knurrte böse und schmiß sich auf den Rücken. Ich hob ihn an den Hinterbeinen hoch und gab ihm einen Klaps. Peter, das ganze Gesicht weiß gepudert, sah mit schiefem Kopf zu und schien nicht ganz einverstanden zu sein.
»Du wenigstens solltest vernünftig sein!« sagte ich.
Etwas stupste mich in die Kniekehlen, es war Weffi. Ich leuchtete zu ihm herunter, er stand da, wedelte, schlotterte mit allen vier Beinen und winkte mit den Augen, die im Schein der Lampe grün aufflammten, nach Hause. Vor allzuviel Natur, besonders bei Nacht, hatte er Angst.
Wir bummelten heim. Es war schwer, sich von der finsteren Majestät dieser Winternacht loszureißen, und ich stand noch eine ganze Weile vor dem Haus. Leise Musik von drinnen. Dann öffnete sich die Tür, und ein goldenes Rechteck stieß über den aufflammenden Schnee. In der Tür die Silhouette der Mama: .
»Hannes?«
»Ja, hier bin ich.«
»Was machst du denn da draußen?«
»Seh’ mir alles an.«
Auch sie schaute jetzt umher: »Wunderbar!«
»Glücklich?«
»Ja! Brrr — ist das aber kalt! Komm bloß ‘rein, du holst dir was! Sind die Lümmels auch dabei?«
»Ja, alle drei. Paß auf, wenn du sie morgen früh ‘rausläßt, der Dicke hat schon wieder Gelüste. Er war auf dem Weg zum Sägewerk.«
»Das kann ja nett werden! Der
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