Alle lieben Peter
lernt’s auch nie,«
»Das hat er mit uns gemeinsam. Wir machen auch immer wieder dieselben Dummheiten.«
»Du vielleicht. Komm ‘rein.«
In der Nacht schlief ich erst gar nicht und später wie ein Stein. Schließlich träumte ich, ich läge in einem Ruderboot. Jemand kam herangeschwommen und begann das Boot zu schaukeln. »Hören Sie doch auf mit dem Quatsch!« sagte ich. Dann wurde ich wach. Es war schon ganz hell. Frauchen stand an meiner Couch und schüttelte mich.
»Was ist denn los? Schon so spät?« Dann sah ich ihr Gesicht und richtete mich mit einem Ruck hoch: »Was ist passiert?«
»Du mußt dich gleich anziehen«, sagte sie, »Cocki ist der Mama durchgebrannt, Richtung Sägewerk, die beiden anderen auch!«
Ich glaube, ich habe mich noch nie in meinem Leben so schnell angezogen. Dann stampfte ich den Spuren nach, daß mir der Schweiß die Stirn herunterfloß. Der Himmel war diesig, die gedämpfte Helle stach in die Augen. Die Spuren führten über den Weg und dann quer über die weite, tief verschneite Wiese, an Peterles Hügel vorbei, direkt auf das Sägewerk zu. Ein Wunder, daß die drei das überhaupt geschafft hatten, aber der Schnee hatte sie wohl getragen, er war leicht verharscht. Mein Gewicht hielt er leider nicht aus, und ich brach dauernd ein.
Jetzt hörte ich es von fern bellen. Das war Cocki! Nun die gellende Trompete Weffis und dann der schwere Baß eines großen Hundes — Harras! Darauf ging alles in einem wütenden Geknurre und Getobe unter.
Da links, ungefähr zwanzig Meter vor mir, vor dem Zaun des Sägewerks war der Schnee in Bewegung. Kleine Wolken stoben hoch, ab und zu erschienen dunkle Körper. Das Gefauche, Gejaule und Gekreische stieg noch immer an. Mein Herz klopfte zum Zerspringen, meine Knie zitterten. Natürlich hatte ich einen Stock vergessen. Nicht mal eine Leine hatte ich mit! Den Wolfshund am Halsband kriegen und unter den Schnee drücken oder ihn an den Hinterbeinen packen, hochwerfen und die Hinterbeine auseinanderreißen! Das hatte mir auch mal jemand als Rezept empfohlen.
Endlich war ich heran. Erst hatte ich lauter dunkle Flecke vor den Augen durch die Anstrengung und Aufregung. Dann aber sah ich: es war nicht nötig, Harras festzuhalten. Sie machten ihn fertig, zu dritt! Er hatte sie wohl kommen sehen und war ihnen vom Bretterstapel über den Zaun weg entgegengesaust. Durch seine Schwere war er aber in dem verharschten Schnee eingebrochen, während meine leichte Kavallerie um ihn herumsauste wie ein Hornissenschwarm.
Peter hatte sich an einem seiner Ohren «festgebissen und hing dort wie festgeklebt. Der Dicke kroch ihm gerade auf den Rücken und packte ihn dann im Genick. Der Wolfshund warf sich auf die Seite, an der Peterchen hing, und drückte ihn unter den Schnee, so daß er loslassen mußte. Auch Cocki flog zur Seite und brach mit den Hinterpfoten ein, aber im Nu war er wieder hoch. Der große Wolfshundrachen fuhr ihm entgegen, aber der kleine Löwe war schneller. Er stieß von der Seite gegen die fauchende Schnauze und biß sich in Harras’ Lefze fest. Jetzt war auch Peter wieder hoch und nahm sich das schon blutende Ohr aufs neue vor. Harras drehte ab und watete brüllend und winselnd auf seinen Zaun zu. Da kam Weffi zum Zuge und packte ihn an dem buschigen Schwanz. Er schien den Schwanz für eine Art Schlange mit Puscheln zu halten, die da hin und her fuhr und ganz zweifellos zu seinem persönlichen Vergnügen geschaffen war. Herrlich, da hineinzukneifen und mit seinen mörderischen Zähnen fest zuzubeißen. Und vor allem: der Schwanz biß nicht zurück! Harras schrie, fuhr schließlich herum und pflügte auf Weffi zu. Aber der tänzelte zur Seite und kläffte ihn aus sicherer Entfernung an. Peter hatte sich derweilen eine ganz besondere Sache ausgedacht. Er tauchte in den Schnee herunter, daß er ganz darin verschwand, und kurz darauf zog Harras mit einem Jammerschrei seinen linken Vorderfuß hoch. Ganz mit Schnee verkleistert hing Peter dran, während Cocki ihm jetzt an die Kehle fuhr und Weffi sich wieder den Schwanz vornahm.
Allmählich tat mir Harras leid. Aber was sollte ich machen? Ich versuchte, den einen oder anderen meiner drei zu fassen, aber ebensogut hätte ich nach Flöhen in einem Heuhaufen jagen können.
Auf dem Bretterstapel standen ein paar Arbeiter. Sie lachten. Harras schien auch bei ihnen nicht sehr beliebt zu sein. Dann wandelte sich ihre Haltung, Herr Wildgruber persönlich erschien: »Halten Sie zum Donnerwetter Ihre
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