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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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mir Signal gab, sah ich im Rückspiegel seinen besorgten kleinen Affenkopf um die Ecke des Koffergebirges lugen, um festzustellen, was es da vorn gäbe. Wenn er sich dann beruhigt hatte, starrte er wieder zum Rückfenster hinaus.
    Der Löwe hatte mehrfach versucht, sich zu kugeln, mußte sich aber überzeugen, daß er sich nicht in der Breite, sondern nur in der Tiefe ausdehnen konnte. So wählte er denn die Stellung >tote Padde<: die Hinterpfoten gerade weggestreckt, Bauchlage, Kopf auf den Vorderpfoten. Seine Knudeltatzen hingen in den Raum zwischen Vorder- und Hintersitzen hinunter, wo mein heißgeliebtes Radio und die bedeutend weniger geliebte Schreibmaschine sich mit Spirituskocher, Hundenäpfen, Bürolampe und Fotoausrüstung verhedderten. Cocki schnarchte nur sehr sporadisch. Die Mama, die alle Viertelstunden Situationsberichte über unseren Zoo herausgab, stellte fest, daß das >arme Tier< zwar ruhig liege, aber dauernd mit den Augen rolle, weil es offenbar der ganzen Sache nicht traue.
    Weffi saß auf Mamas Schoß, weil er am wenigsten herumhampelte. Wenn nicht gerade eine Kuh oder ein Pferd in Sicht kam, die er mit reservierter Aufmerksamkeit betrachtete, hatte er seinen Schwanenhals über Mamis Schulter und drusselte, oder er kringelte sich auf ihrem Schoß zusammen und schlief dort ganz fest. Die Mama hielt seinem Gewicht heldenhaft stand. Ihre Beine steckten in einem Salat von Handtaschen, die mit Thermosflaschen, Toilettenzeug und der Nachlese des »zum Schluß beinahe Vergessenem vollgestopft waren. Wenn ich mal einen Moment zur Seite blickte, sah ich ihre runzlige Hand mit dem breiten Ehering in dem weißen Plusterfell Weffis liegen. Sie kraulte ihn sacht.
    Der dicke Lastwagen vor mir fuhr endlich zur Seite. Ich trat den Gashebel herunter, und mit einem leisen Zischen schossen wir an ihm vorbei. »Prachtvoll!« sagte ich. »Hast du das bemerkt? Ein Sechs-Zylinder ist eben doch kein leerer Wahn. Viel höhere Elastizität. Ist es nicht ein Glück, daß wir diesen schweren Wagen haben?«
    »Das hast du mir schon dreimal gesagt. Außerdem würde ich jetzt wieder langsam fahren. Davon abgesehen — wohin fahren wir eigentlich?«
    »Also, paß auf. Wir fahren zunächst nach Waldenau. Das kenne ich von früher. Hübscher kleiner Ort in den Alpenvorbergen, ein Kilometer vom Riffelsee. Zwei Kinos, Bahn- und Autobusverbindung, nette Läden, ‘ne Menge alter Damen, mit denen du plaudern kannst.«
    »Ich mach mir nichts aus alten Spinatwachteln. Das bin ich selber.«
    »Na, es sind natürlich auch mittlere Kaliber da. Es gibt eine Menge schöner, bequemer Spazierwege, eine kleine Konditorei.«
    »In die gehe ich nicht, das ist zu teuer. Wo wohnen wir?«
    »Das wird sich herausstellen. Zunächst steigen wir in der >Krone< ab, das ist ein reizender, sauberer Gasthof, eigene Metzgerei, freundlicher Wirt. Kretzschmer heißt er.«
    »Die werden uns gar nicht erst ‘reinlassen mit unseren dreien hier.«
    »Nicht? Hach — es ist doch Saisonschluß! Die nehmen uns, und wenn ich einen Schimpansen auspacke, der Durchfall hat.«
    »Na schön. Und da willst du bleiben? Das können wir doch gar nicht bezahlen!«
    »Will ich ja auch gar nicht. Von dort schwärmen wir aus und suchen uns einen schönen Bauernhof in der Nähe, wo wir billig wohnen und uns das Essen zu Hause machen können.«
    »Bauern vermieten nicht im Winter. Außerdem ziehen sie dir das Fell über die Ohren, wenn du mit diesem Klotz von Wagen vorfährst.«
    »Das ist ‘ne Idee«, sagte ich versöhnlich. »Ich werde Prächtig eine Ecke davor parken und erst mal so hingehen. Außerdem ist ein Bauer, dem man mit Bargeld vor der Nase wedelt, zu allem fähig. Selbst zum Vermieten im Winter.«
    Sie seufzte. »Na, du mußt es ja wissen. Ich sehe uns schon...«
    »Ich weiß, wie du uns siehst, Hiobinchen. Wir enden, von allen verstoßen, in einer verfallenen Scheune, wo ich mir meine Unterhosen aus Schilf flechte und das Herdfeuer mit getrockneten Hundeköteln betreibe.«
    »Spotte du nur! Hättet ihr sparsamer gelebt...«
    »...dann hätten wir sieben Jahre nicht so nett gelebt, und die Erinnerung an ein schönes Leben ist das einzige, was einem nicht genommen werden kann. Na, was sagste nun?«
    »Nichts.«
    »Fein! Da tauchen schon die Berge auf. Sieh doch mal um dich. Was für ein herrliches Wetter, ein richtiger Indianersommer! Hier sind die Bäume übrigens noch ganz grün, nicht schon so gescheckt wie ihre armen Brüder in der Stadt. Und riechst du —

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