Alle lieben Peter
ein paar Instruktionsstunden für meine beiden! Im Gärtchen bewegte sich ein junges Mädchen, blondes Haar in einer Zopfkrone. Jetzt trat jemand aus dem Haus über die Schwelle. Es war ein hagerer Mann in einer Unterjacke mit Hosenträgern, weißbestaubter Hose und Holzpantoffeln — Müller Widderhals sicher. Er rauchte eine Pfeife und sah in die Gegend. Das war vielversprechend: Leute, die sich selbst Ruhe gönnen und sich so, das Pfeifchen schmauchend, die Natur ansehen.
Da kam etwas über die kleine Brücke gelaufen: ein Hund. Konnte ein leicht vermantschter Schäferhund sein, irgendso ‘ne Mischung. Auf jeden Fall war’s ‘ne Komplikation. Der Hund hatte einen Stock im Maul, trabte auf den Mann zu und warf ihm den Stock vor die Füße. Der Mann nahm den Stock und schleuderte ihn. Also tierliebend. Das wiederum war besser.
Durch die klare Luft hörte ich jetzt deutlich das Wumm-wumm-wumm der Mühle. Aber kein Mühlrad war sichtbar. Natürlich nicht — wer hatte heute noch Mühlräder? Turbinen wahrscheinlich. Ich richtete mein Glas auf das andere Gehöft. Das war bedeutend größer und stattlicher. Große Bretterstapel davor und Berge von Kästen, deren frisches Holz honiggelb in der Sonne leuchtete. Jetzt auch der helle Schrei einer Säge. Aha! Das eine war eine Mehlmühle, das andere eine Sägemühle. Kein Hund auf der Sägemühle, nur ein paar Hühner. Tja, Hunde und Hühner mußte man überall erwarten.
Ich setzte seufzend das Glas ab, stieg wieder ein und ließ >Prächtig< langsam ins Tal hinuntergleiten. Als ich vor dem Haus hielt, trat der magere Mann, gefolgt von seinem Hund, an die Wagentür heran. »Aha, da sind Sie ja«, sagte er, »meine Base hat mir schon telefoniert.«
Die vom Hügel aus gesichtete Unterjacke war etwas schmuddelig, aber er hatte gute braune Augen. Die Haare auf dem Kopf bildeten einen ungekämmten Wirbel. Er war unrasiert und hatte eine leichte Stichflamme. Alles zusammen war mir ausgesprochen sympathisch. Ich wollte etwas erwidern, aber in diesem Augenblick brausten zu beiden Seiten meines Gesichts Cocki und Peter durch das geöffnete Fenster und stürzten sich auf den Hund, der sie hochbeinig überragte und zunächst grimmig die Zähne entblößte. Meine beiden nahmen davon jedoch nicht die geringste Notiz. Cocki roch ihm in die Schnauze und stieß sein Bernhardinergrollen aus, Peter entblößte nur schweigend sein Haifischgebiß und steckte die Höllenlichter in den Augen auf. Dann legte er dem Großen die Arme um den Hals, während der Dicke ihn sich von hinten vornahm. An ihm entlangrutschend, prallten sie an seiner Mitte gegeneinander und fauchten sich an. Der Große, absolut nicht geachtet und als Gebrauchsgegenstand behandelt, sah uns ratlos und erstaunt an. Ebenso erstaunt war sein Herrchen. Es kratzte sich auf dem Kopf und sagte dann voll tiefer Verwunderung: »Jadaleckstmigleiamorsch!«
Ich dachte nicht länger darüber nach, an wen diese Aufforderung gerichtet war. Mir genügte, daß sie fiel, denn sie gilt in Bayern als Beweis dafür, daß es gemütlich wird. Der Mann sah mich an. »Zollo heißt er«, sagte er, noch immer ziemlich ratlos, und meinte damit seinen Hund, »sonst ist er nämlich sehr scharf und läßt so leicht keinen anderen Hund ‘ran!«
»Na, Hauptsache, sie vertragen sich«, meinte ich.
In der Tür erschien eine dicke Frau mit weißer Schürze und blauen Augen. Ich ging auf sie zu und schüttelte ihr die Hand: »Grüß Gott, Frau Widderhals — nehme ich wenigstens an!«
Sie nickte. Ich zeigte mich außerordentlich begeistert: »Also da schau, das ist die Mutti Widderhals. Kommt mal her, ihr beiden, sagt mal schön guten Tag.«
Die beiden dachten gar nicht daran. Der Dicke hatte Zollos Knochenlagerplatz entdeckt und war schon damit beschäftigt, die besten Stücke einzugraben. Peter musterte mit schiefem Kopf eine Truthenne, die feierlichen Schrittes an ihm vorbeiging. Offensichtlich erwog er, ob eine Schwanzdemontage notwendig sei.
»Zwei Stück?« fragte die dicke Frau und zog die Stirn in Falten. »Ich dachte, nur einer!«
»Ach geh, Alte«, sagte der Mann, »die sind richtig. Laß mal.«
In diesem Augenblick tat sich eine Tür zur Seite auf, und es entströmten ihr hintereinander drei weitere blonde Mädchen.
»Alles eigene Produktion?« fragte ich den Mann.
Anselmus kniff ein Auge zu: »Immer auf Jungen gearbeitet, und jetzt habe ich den Weiberstall am Hals! Also, hier die Älteste ist die Kathrein.« Das zuerst gesichtete Wesen
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