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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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auseinanderstiebende Geflügelwolke, stürzte auf die Wiese, blieb dort unvermittelt stehen, sah sich um, schlug einen Haken und war weg. Nur die Truthenne hatte ihre erhabene Ruhe bewahrt und sah ihr von der Höhe ihres Turmhalses verächtlich nach.
    Wir turnten zu dritt. Dann machte ich die beiden zurecht, erntete mit dem Staubkamm zweiundzwanzig Zolloflöhe, wusch mich und zog mir was Nettes an, um Eindruck zu schinden. Außerdem fiel mir ein, daß Sonntag war. Während der ganzen Zeit übte Matthias >Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus<. Dabei blieb er immer an derselben Stelle stecken. Schließlich gab er es auf und überbrückte sie mit einem Triller, der aber auch zum Schluß abrutschte. Es war rührend und erschütternd zugleich. Als ich herauskam, erschreckte mich Anselmus mit einem blütenweißen Hemd, allerdings ohne Schlips und unten mit Pantoffeln. Er schob den Zigarrenstummel von der einen Mundecke in die andere, schüttelte mir die Hand und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Dort war das Frühstück gedeckt mit zwei großen, frischen Eiern und Blumen.
    Im ersten Stock jetzt weibliches Gezeter. Er grinste und zeigte mit dem Daumen nach oben: »Sie haben Polli eingefangen und zum Kirchgang gewaschen, das hat sie nämlich nicht gern!«
    Dann großes Gepolter, und herunter wälzte sich der weibliche Teil der Familie, voraus die Mama. Sie trug eine Art Zylinder, von dem zwei lange gestickte Bänder über ihre im Trachtenmieder gebändigte mütterliche Fülle hingen. Hinter ihr der gesamte Jungfrauenverein, freundlichen Gesichts und mich hoheitsvoll begrüßend.
    »Kirchgang!« sagte Anselmus und drehte scheinheilig die Augen nach oben: »Ich muß leider in der Mühle bleiben!«
    »Wenn du nicht die Ausrede hättest!« sagte Kathrein.
    Als letzte kam Polli, noch vom Waschen her mit hängender Unterlippe. Als sie an mir vorbeiging, kniff sie kollegial ein Auge zu. Während sich die Familie einen Moment am Ausgang staute, kratzte sie sich ungeniert am Po. Etwas schien mit der Hose nicht in Ordnung zu sein. In der anderen Hand hatte sie dabei das Gesangbuch.
    Nachdem der Harem in Richtung Kirche abmarschiert war, setzten wir beiden Männer uns nach Vertilgung des Frühstücks auf die Bank vor dem Haus. Ich schmiß die Zigarren und Anselmus zwei Schnäpse. »Finden Sie nicht, daß es schon ziemlich kühl ist?«
    Vor uns breitete sich das Tal, ein wahrhaftiges Paradies. Kleine dunkle Tannen am gegenüberliegenden Hang, smaragdgrün davor die Wiese mit hohem Gras, der Glitzerbach dazwischen, dazu das Stampfen der Turbinen. Peter und Zollo spielten eine Runde Haschemich über die Wiese. Wie doch der Peter laufen konnte! Laufen? Ein Fliegen war es. Das hohe Gras der Wiese schlug über ihm zusammen. Von Zeit zu Zeit schnellte er sich wie ein Delphin daraus hervor, um — auf der Höhe des Sprunges sich umblickend — die Orientierung zu gewinnen. Jetzt war er aus der Wiese heraus und schnellte sich mit einem gewaltigen Sprung, die Beine wie ein Rennpferd nach hinten gestreckt, über den Bach.
    »Donnerwetter!« sagte Anselmus anerkennend. Ich barst innerlich vor Stolz. Mein Peter! Dann setzte sich Zollo zu Herrchen, und Peter wanderte weiter über die Wiese, genau wie daheim vorsichtig die Beine zwischen den Blumen setzend und ab und zu einer verspäteten Biene nachschauend.
    Und dann kam wieder die Sau. Sie näherte sich dem Stacheldrahtzaun der Wiese, ein gewaltiger, lehmbekrusteter Brocken mit Riesenohren, die ihm vor den Augen schaukelten. Jetzt hatte sie in der Nähe von Peter eine feuchte Stelle gefunden, die sie mit der Gummischeibe ihres Rüssels aufwühlte, wobei sie kurze, sachverständige Bemerkungen vor sich hin grunzte. Der kleine Löwe wurde aufmerksam, zumal sie Kurs auf seine Knochen nahm. Er ging ihr mit drohend gerunzelter Stirn entgegen, und Peter als sein Adjutant schnellte sofort an seine Seite.
    »Na«, sagte ich besorgt, »hoffentlich tun sie dem Schwein nichts!« Ich wollte aufstehen, aber Anselm hielt mich fest: »Lassen Sie nur — passen Sie mal auf!«
    Meine beiden waren jetzt auf zehn Meter an die Kotelett-Lokomotive heran. Cocki, siegessicher in der Erwartung, daß er sie wie alles andere Getier mit dem ersten Kriegsruf in die Flucht schlagen würde, brüllte sie an, und Peter röhrte pflichtschuldig mit.
    Die Lokomotive hob den Kopf, und zwischen ihren enormen Schaukelohren erschienen zwei tief eingesunkene, verplierte wasserblaue und sehr unfreundliche Augen. Cocki brüllte

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