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sich mit verschiedenen Haushaltsgeräten amüsierte; Christian der Pusher und sein Netzwerk exklusiver Kunden; Christian außer Rand und Band, der Orgien mit Dildos und Peitschen organisierte. Als der Arbeitstag zu Ende ging, war ich nach wie vor der Meinung, dass das alles Bullshit war. Christian war ermordet worden. Zufällig. Es hätte jeden treffen können. Es hätte mich treffen können.
Und dann, ich war gerade dabei einen Kaschmirmantel zu verpacken, präsentierte Malcolm mir noch einen letzten Leckerbissen Klatsch, der mich sofort auf hundertachtzig brachte. Angeblich war ein »rothaariger Riese mit irrem Blick« durch Barneys gestürmt und hatte wissen wollen, wo er mich finden könne. Er hatte sogar verdatterte Kunden befragt. Der fragliche Riese war zweifellos Kyle. Laut Malcolm hatte Kyle ihn übel beschimpft, hauptsächlich weil dieser ihm nicht verraten wollte, wo ich mich aufhielt. Außerdem hatte Kyle ihn Pseudo-Genet geschimpft. »Kannst du dir das vorstellen?«, fragte Malcolm. »Dieser Kretin besitzt die Dreistigkeit, mich - einen Künstler - zu beleidigen!« Plötzlich fiel mir Malcolms Stück wieder ein. Ich hatte es immer noch nicht zurückgegeben, und es überraschte mich, dass Malcolm nicht mehr danach gefragt hatte. Ich konnte mich im Übrigen nicht daran erinnern, wann ich das Manuskript das letzte Mal gesehen hatte. Eine beunruhigende Tatsache. Hatte ich es vielleicht versehentlich mit einem Stapel alter Zeitschriften weggeworfen? Seltsam auch, dass Kyle etwas über Malcolms Werk wusste, auch wenn er in letzter Zeit öfter Bühnenbilder für irgendwelche Hinterhoftheater baute. Warum hatte Kyle mir nicht von seinem Besuch bei Barneys erzählt? Vielleicht hatte er es ja nur vergessen. Wie auch immer - er hatte auf Malcolm einen denkbar schlechten Eindruck gemacht. Malcolm, eifriger Anhänger der Carmi-Neurosen-Schule, warnte mich, ich solle vorsichtiger sein - vielleicht hatte Kyle Christian in einem Anfall blindwütiger Eifersucht getötet. »Wer weiß«, sagte er. »Vielleicht ist dein Freund ein Mörder.« Das kam mir so unwahrscheinlich vor, dass es schon wieder lustig war. Kyle, der große, ungelenke Feigling - ein Killer! Andererseits hatte Kyle sich ja auch schon die ausgesprochen unerfreuliche neue Gewohnheit zugelegt, mir nachzuspionieren.
Kurz vor Dienstschluss bekam ich einen Anruf von Barneys Personalabteilung. Sie wollten mich sofort sprechen. Sie beteuerten, es hätte nichts damit zu tun, dass ich mich ein paar Tage krankgemeldet hatte. Man verstand mich wirklich absolut. Einem anderen Angestellten war etwas Ähnliches passiert - da war jemand in seinem Bett gestorben. Nein, nein, es war leider eine Frage von notwendigen Sparmaßnahmen. Der Verkauf ging schleppend und ich war die Letzte, die eingestellt worden war - der Maulwurf unter der Hierarchie-Pyramide. Ob es mir etwas ausmachen würde, aus dem Haus geleitet zu werden? Und ob es mir etwas ausmachen würde, meine Personalkarte zurückzugeben? Ich könnte mein ausstehendes Gehalt nächste Woche abholen. Als ich von einem Security am Ellenbogen geführt durch die CO/OP-Abteilung marschierte, kreischte Malcolm ihm hinterher: »Gurkenfressendes Faschisten-Pack!« Ich musste lachen. Mir tat der Abschied nicht weh. Meine Zeit war hier ohnehin bald um - Carmi würde in zwei Wochen zurückkommen. Irgendwie war das einfach der Zeitpunkt: der Anfang vom Ende der Geschichte.
20
Als Jan erfuhr, dass ich gefeuert worden war, sagte er alle Verabredungen ab und wir trafen uns vor dem Metropolitan Museum of Art. Es war das erste Mal, dass ich ihn im Anzug sah. Der graue Flanell stand ihm gut und das sagte ich ihm. Er erwiderte, dass ich meinerseits besser aussehen würde als in den vergangenen Tagen. Dann küsste er mich lange, seine Wangen rau an meinem Gesicht. Er wirkte lockerer als sonst, seine Schritte beschwingter - aber vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil ich selbst besser drauf war als die ganze letzte Zeit nach Christians Tod. Ich war beinahe wieder ich selbst. Und bereit, mich auf Jan einzulassen.
Er wollte sich die Gemälde aus dem neunzehnten Jahrhundert ansehen. Wir wanderten von Raum zu Raum. Jan überflog die Texte auf den Informationstafeln. Ich dachte an die vielen Male, die ich mit Kyle im Museum gewesen war. Er war immer Hals über Kopf wie ein kleiner
Junge in einem Spielzeuggeschäft durch die Räume gestürzt und hatte mir quer durch die Säle etwas zugebrüllt, während die anderen Museumsbesucher uns
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