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Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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fantastisch.«
    »Danke«, antwortete ich. »Die hab ich für zwei Dollar in San Francisco gekauft.«
    Wir lachten. Dann betrat sie eine der rosafarbenen Kabinen und verriegelte die Tür. Ich sah im Spiegel ihre kanugroßen Pumps. Dann fing sie an zu würgen - so hörte es sich wenigstens an - und ich war einen Moment versucht, sie zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Aber weil das vermutlich eine dämliche Frage war, schnappte ich mir meine falsche Pucci-Tasche und zog die Tür leise hinter mir zu.
    Wieder zu Hause liebten Jan und ich uns auf die übliche schweigsame Art und Weise, während Miles Davis im Hintergrund spielte. Wir waren in einen Rhythmus gefallen, der ganz und gar anders war als alles, was ich bisher erlebt hatte. Es war sexy, sehr innig und irgendwie isoliert, als würde sich die Außenwelt während unseres Liebesspiels gänzlich zurückziehen. Ich würde den Sex mit Jan vermissen, wenn er nicht mehr da war, insbesondere seine bedächtigen, entspannten Berührungen. Danach döste Jan ein, sein dünner Arm auf meinem Bauch, sein Bein gegen meine Hüfte gepresst. Es war schön, ihn so nah bei mir zu spüren. Von irgendwoher drang ein kalter Luftzug herein, auf der Straße war es ausnahmsweise ruhig. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war. Es war mir auch egal. Jans gleichmäßiger Atem betonte die Stille. Er schlief genau so ruhig wie er im Wachzustand war. Er schnarchte nicht, warf sich nicht herum. Sein Körper war wie der eines Yogis während der Meditation.
    Als das Telefon klingelte, wusste ich, dass es Kyle war. Es musste so sein; niemand anderes würde mich mitten in der Nacht anrufen. Ich wand mich unter Jans Arm aus dem Bett und legte mir Carmis Bademantel um. Im Gehen warf ich einen Blick auf die Uhr: Es war halb zwei durch.
    »Hallo?«, sagte ich.
    »Alex.«
    »Kyle?«
    »Ja.« Er hustete. »Was geht ab?«
    »Was geht ab? Es ist verdammt spät!«
    »Ich bin im Krankenhaus!«
    Mir wurde plötzlich eiskalt. »Bist du krank?«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Ich bin aufgemischt worden.«
    Yassis Gesicht tauchte sofort vor meinem inneren Auge auf. »Bist du verletzt?«
    »Meine Arme«, sagte Kyle. »Beide gebrochen. Ich kann mir nicht mal mehr den Arsch abwischen.«
    »O Gott«, sagte ich.
    »Komm bitte. Ich bin im Saint Vincent’s.«
    » Jetzt ?«
    »Ich muss dich sehen«, flüsterte er, als wäre es ihm peinlich.
    »Okay«, sagte ich. »Ich komme sofort morgen früh.«
    Kyle schwieg einen Moment. Im Hintergrund waren gedämpfte Stimmen wie aus einem Fernseher zu hören. »Ich liebe dich«, sagte er.
    »Ich dich auch«, sagte ich, was nicht ganz stimmte. Aber er würde sich besser fühlen, und das war im Moment die Hauptsache.
    »Bis dann.«
    Die Verbindung brach ab. Ich stand im Dunkeln und starrte auf den Hörer. Was für ein Melodram. Ich hätte Yassi gern angerufen, um ihr zu sagen, dass sie offenbar seherisch begabt war, aber ich hatte ihre Nummer nicht - ich wusste nicht einmal ihren Nachnamen. Außerdem saß sie wahrscheinlich schon in einem Flugzeug nach Algerien ... zumindest hoffte ich das inständig.
    Als ich zurück ins Schlafzimmer kam, war Jan wach. Er hatte bereits seine Unterhose angezogen. »War das das Telefon?«
    »Ja.« Ich kam mir vor, als würde ich träumen.
    »Du siehst nicht besonders gut aus«, sagte Jan und hielt beim Anziehen inne.
    »Ich fühle mich auch nicht besonders gut.«
    Er zog sich seinen Pullover über. Seine Haut wirkte geisterhaft bleich im Kontrast zu der grauschwarzen Wolle. »Wer war dran?«
    »Kyle.« Ich setzte mich auf die Bettkante und zog Carmis Bademantel fester um mich.
    Jan setzte sich neben mich. Er roch nach Sandelholz. Offenbar hatte er sich das Gesicht gewaschen, während ich telefoniert hatte. »Was hat er gesagt?«
    »Er ist im Krankenhaus.« Ich musste die Worte beinahe herauswürgen. Alles schien sich so zu entwickeln, wie Yassi es gesagt hatte.
    »Was ist jetzt schon wieder passiert?«, fragte Jan. Er verzog das Gesicht, als könnte auch er es nicht glauben.
    »Er ist aufgemischt worden.«
    »Aufgemischt?«
    »Ach, du weißt schon«, antwortete ich. »Zusammengeschlagen.«
    »Ach so«, sagte er, während er den Gürtel durch die Schlaufen seiner Hose zog. »Überfallen.«
    Das erschien mir unwahrscheinlich. Wenn jemand auf Beute aus war, würde er sich nicht ausgerechnet Kyle aussuchen. Er war zu groß und zu wachsam. Außerdem sah er nicht danach aus, als wäre bei ihm was zu holen. »Das glaube ich nicht«, sagte ich. »Nicht

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