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Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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ist eine lange Geschichte, Alex.«
    »Was hast du-« Ein durchdringendes Pfeifen drang durch die Leitung. Ein oder zwei Sekunden war die Verbindung unterbrochen. »Carmi?«, fragte ich. »Carmi?«
    »Also gut, meine Liebe«, hörte ich ihn wieder. »Die Leitung ist wirklich schlecht.«
    »Was sollte Christian dir denn geben?«, fragte ich.
    »Ich kann dich kaum verstehen«, antwortete er. »Ich ruf dich noch mal an.«
    »Warte!«, rief ich.
    »Bye-bye.«
    »Tschüs, Carmi«, erwiderte ich, aber er war bereits weg. Ich legte auf. Was zum Teufel hatte Christian Carmi geben sollen?

23
    Ich hatte Jan seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Er hatte auf einer Tagung in New Jersey festgesessen und entschuldigte sich auch immer wieder dafür, sodass ich ihm wohl nicht böse sein konnte. Er schlug vor, sich in einem Hotel in Midtown zu treffen. Er musste dort irgendwas für einen Kunden abgeben. Anschließend könnten wir dort essen, wenn ich einverstanden wäre.
    Das Erlebnis mit Yassi lag mir noch ziemlich im Magen. Ich war nervös, wenn meine Angst auch langsam verblasste. Jedenfalls dachte ich nicht daran, auf Kyles Anruf zu warten. Woher wollte Yassi wissen, ob ich ihn gewarnt hatte oder nicht? Und war sie wirklich eine echte Bedrohung für mich? War sie ernst zu nehmen? Aus der Wohnung herauszukommen, schien mir eine gute Idee; hier herumzusitzen und mich verrückt zu machen, half schließlich auch nicht. Ich würde den Portier bitten, mir ein Taxi zu rufen, das mich direkt vor dem Hoteleingang absetzen konnte. Was sollte schon passieren?
    Als ich das Hotel betrat, sah ich Jan sofort. Er saß mit einem Mann, bei dem es sich vermutlich um seinen Kunden handelte - ein dunkler Typ mit Bürstenhaarschnitt und grauem Anzug - auf einem weißen Sofa und unterhielt sich angeregt mit ihm. Während ich durch die Lobby ging, beobachtete ich sie. Sie gingen miteinander um, als würden sie sich schon lange kennen. Als ich vor ihnen stehen blieb, erhob sich Jan und gab mir einen Kuss. Dann zog er einen Sessel heran und stellte mich Eddie Nazir vor.
    »Es ist mir ein Vergnügen«, sagte Eddie.
    »Mir ebenfalls«, antwortete ich. Eddie war ungefähr fünfunddreißig, schmal gebaut und dunkelhäutig. Seine Augen waren samtschwarz.
    Kurz darauf entschuldigte Jan sich, um uns etwas zu trinken zu besorgen. Mir wäre es lieber gewesen, er wäre geblieben - ich war nicht gerade in Plauderlaune.
    »Das tut mir sehr Leid mit Ihrem Freund«, begann Eddie.
    »Danke«, erwiderte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. Ich verstand nicht so recht, warum Jan ihm von Christian erzählt hatte. Aber so, wie die Dinge sich entwickelten, sollte es eigentlich in den Nachrichten gesendet werden.
    »Sie müssen unheimlich traurig sein«, fuhr er fort.
    »Es war schrecklich«, sagte ich. Der Gedanke an Christian drückte mich wieder völlig nieder.
    »Was für eine Tragödie«, seufzte er und starrte in sein leeres Glas.
    »Wie von Shakespeare persönlich«, sagte ich.
    »Solche Dinge passieren in meinem Land dauernd.«
    »Woher kommen Sie denn?«
    »Aus Pakistan.«
    Zu wissen, dass in Pakistan ständig Leute umgebracht wurden, besserte meine Stimmung keinesfalls.
    »Er war so ein Perfektionist«, meinte Eddie.
    »Wer?«
    »Christian natürlich.« Eddie sah mich peinlich berührt an.
    Ich lehnte mich Halt suchend im Sessel zurück. »Sie kannten ihn?«
    »Oh, ja«, bestätigte Eddie und schenkte mir ein umwerfendes Lächeln. »Die Welt ist klein, oder?«
    Diese Welt war für meinen Geschmack ein bisschen zu klein. Scheinbar hatte Christian die ganze Welt gekannt. Ich muss ziemlich fassungslos ausgesehen haben, denn Eddie fügte erklärend hinzu: »Ich hab an ihn verkauft.«
    Ich musste mich zusammenreißen, um nicht unbeherrscht herauszuplatzen: Drogen?
    »Er war sehr, sehr wählerisch«, fuhr Eddie fort. »Meine Teppiche waren nie genau so, wie er sie haben wollte.«
    Also Teppiche, keine Drogen. Wenigstens ergab das einen Sinn. »Für seine ... Projekte als Innenarchitekt?«
    »Ja.«
    »Sie verkaufen Teppiche?«
    »Kelims.«
    »Oh.«
    »Ich exportiere«, sagte er. »Kelims, Stoffe, schmiedeeiserne Figuren. Christian war sehr kritisch. Er hatte einen Kunden mit einer sehr aufwändigen Küche.«
    Ich wollte ihn gerade nach Einzelheiten dieser sehr aufwändigen Küche befragen, als Jan mit den Drinks zurückkam. Gin Tonic für mich, Scotch für Jan und Eddie. Wieder begannen sie so locker zu plaudern, als wären sie alte Freunde. Eddie hatte

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