alle luegen
früher um Geld gespielt«, sagte Kyle, als er die Bälle wie ein Profi auf den Tisch legte. »Immer wenn ich pleite war.«
Ich schwieg. Glaubte er wirklich, dass ich jetzt mit ihm eine Partie Pool spielen würde?
»Du fängst an«, sagte er und rieb die Spitze seines Queues sorgfältig mit Kreide ein.
»Ich will nicht spielen«, meckerte ich.
Kyle sah mich erstaunt an.
»Ich lass dich auch gewinnen«, grinste er.
»Ich will nicht gewinnen.«
»Jeder will gewinnen«, knurrte er.
»Im Übrigen - wie willst du überhaupt mit dem Arm spielen?«
Kyle blickte auf seinen eingegipsten Arm hinunter. »Ich lass mir schon was einfallen.«
Er beugte sich über den Tisch und probierte verschiedene Positionen aus. Er balancierte den Queue mit dem gesunden Arm und legte den gebrochenen auf den Tisch. »So müsste es gehen«, sagte er schließlich.
Ich begann, meine Jacke anzuziehen.
»Hey. Wo willst du hin?«
Ich hatte genug. Wollte er mir wirklich etwas sagen oder spionierte er mir nur hinterher? »Ich habe keine Ahnung, was ich hier soll.«
»Kannst du bitte eine Sekunde warten?«, fragte er.
Ich sah zu, wie er anstieß. Der Stoß war ziemlich lahm. »Fuck«, fluchte er. Ich machte keine Anstalten aufzustehen. »Du bist dran.«
Ich würde nur noch zwei Minuten bleiben. Ich riss ihm den Queue aus der gesunden Hand und attackierte den Dreier-Ball. Er prallte gegen die Bande, rollte aber nicht in die Tasche. Gewöhnlich war ich besser. Wir hatten einen Tisch zu Hause gehabt. Früher hatten Kyle und ich oft gespielt. Ich versuchte, die Erinnerung zu verdrängen.
»Guter Versuch«, meinte Kyle und hockte sich neben den Tisch, um die Lage der Bälle zu überprüfen. Dann schaute er zu mir auf. »Ich wollte mit dir reden ...«, begann er und wurde dann leiser, »... weil du mir gefehlt hast.«
Sentimentalität sah Kyle überhaupt nicht ähnlich. Ich fragte mich, was er nun wieder vorhatte. Vielleicht wollte er auch bloß Mitleid heischen. »Ich bin hier«, sagte ich.
Er betrachtete den Abstand zwischen Stoßball und Zehn. »Weißt du noch, dass ich dir von den Kubanern erzählt habe?«
»Ja.«
»Na ja ... das war nicht ganz die Wahrheit.«
Ach was. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und wartete schweigend.
»Ich meine ... es hätten Kubaner sein können.« Kyle zielte und stieß zu; die Kugel sprang vom Tisch.
»Scheiße«, murmelte er.
»Aber es waren keine«, bemerkte ich und hob den Ball auf.
»Nein.«
»Wer dann?«, fragte ich, während ich die nächste Kugel anvisierte.
»Böse Menschen.«
»Böse Menschen ?« War Kyle jetzt zur Märchenstunde übergegangen? Immer noch über den Tisch gebeugt, drehte ich den Kopf, um Kyle anzusehen.
»Es ist alles Yassis Schuld«, sagte er mit finsterer Miene.
»Dass du zusammengeschlagen worden bist?«
Er nickte. Ich konzentrierte mich wieder auf meinen Stoß. Ich wusste, dass er danebengehen würde, noch bevor die Queue-Spitze den Ball berührte.
»Du bist dran.«
Kyle rührte sich nicht. »Ich glaube, ich stecke jetzt echt in Schwierigkeiten.«
Es war das erste Mal, dass Kyle so etwas zugab. »Wegen dieser Leute?«
»Die werden wiederkommen«, fuhr er fort und blickte sich um, als würden die bösen Menschen jeden Moment hier auftauchen. Er machte mich nervös.
»Was hast du gemacht?«, fragte ich.
»Nichts«, sagte er. »Glaube ich jedenfalls...«
»Tja, glauben allein reicht wohl nicht.« Ich zog mir einen Hocker heran und setzte mich.
Kyle setzte sich neben mich. Er holte tief Luft und erzählte mir eine neue Version der Geschichte.
Wie er schon sagte, hatte es nie Kubaner gegeben. Kyle war von Yassis >Freunden< verprügelt worden. Zumindest glaubte er das. Er konnte aber nicht sicher sein, weil sie ihn umgenietet und platt getreten hatten, ohne sich erst vorzustellen. Immer wieder hatten sie ihn nach dem Stück gefragt. Sie konnten nur Malcolms Manuskript gemeint haben, aber er hatte es Christian zurückgegeben, bevor dieser starb. Er hatte versucht, es ihnen zu erklären, aber sie hatten es ihm nicht abgekauft. Kyle schwor mit dem für ihn typischen Hang zum Dramatischen, dass sie ihn hatten umbringen wollen. Doch dieses Mal fiel es mir nicht so schwer, ihm zu glauben.
»Nett von dir, dass du endlich anfängst, die Wahrheit zu sagen«, bemerkte ich.
»Tja«, antwortete Kyle. »Es ist halt kompliziert.«
»Hast du Jacob die Geschichte erzählt?«
»Dem Bullen?«
Ich nickte.
»Fuck, bestimmt nicht«, rief er. »Ich hab keine Lust, diese
Weitere Kostenlose Bücher