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alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
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nur, ich hätte es Kyle niemals erzählt. Alles, was er wusste, verwandte er gegen mich.
    Kyle ignorierte meinen Ausbruch. Er war gerade erst in der Aufwärmphase. »Darüber ist der Typ total ausgerastet und fing an, noch mehr Fragen zu stellen.«
    »Halt den Mund«, befahl ich. Mir wurde langsam schlecht.
    »Ich bin noch nicht fertig«, erwiderte Kyle grinsend. »Richtig unangenehm wurde es nämlich erst, als ich Jan erzählt hab, dass Christian dauernd versucht, dich flachzulegen ...«
    »Du lügst doch«, sagte ich. Seine Stimme hatte inzwischen diesen unechten Tonfall angenommen, jetzt kam dieses Drogen-vergiftete Gelaber, das ich nur allzu gut kannte. »Das war’s jetzt«, fuhr ich fort und drängte mich an ihm vorbei. Doch er blieb mir dicht auf den Fersen und redete einfach weiter.
    »Ich lüge nicht. Er sagte, er würde jetzt sofort zu Christian gehen und ihn platt machen ... ich schwör’s!«
    Ich war bereits auf der Straße und ging Richtung Carmis Wohnung. Louis würde dafür sorgen, dass Kyle nicht weiter als bis in die Lobby kam. Nur noch einen Block lang würde ich mir diesen Müll anhören müssen. Ich verfluchte die Ampel, als sie auf Rot sprang.
    Kyle stand frierend neben mir. Ausnahmsweise war seine Miene ernst. »Alex«, flehte er, »was immer du vorhast - geh nicht mit ihm!« Er legte seine gesunde Hand sanft auf mein Haar. Ich schüttelte ihn nicht ab. Die Erinnerung an früher meldete sich ein letztes Mal. »Ich trau diesem Kerl nicht über den Weg... und ich sage das nur, weil ich dich liebe.«
    Er sagte das nur, weil er nicht wollte, dass ich ihn allein ließ. Die Ampel sprang auf Grün. Ich warf ihm einen Blick zu - vielleicht den letzten
    - und ließ ihn an der Ecke stehen. Ich hörte, wie er hinter mir her schrie und rannte gehetzt zurück nach Hause, wo ich keuchend wie ein Rennpferd ankam. Es hätte mich nicht überrascht, wenn mich jemand darauf hingewiesen hätte, dass mir der Schaum vor dem Mund stand. Ich schoss an Louis vorbei, ohne ihn richtig zu sehen. Er rief mich zurück, um mir zu sagen, dass eine Frau »mit kahle Kopfe - beinah so kahle wie ich« nach mir gefragt hatte. Nicht einmal das holte mich wieder runter. Ich wies Louis an, sie unter keinen Umständen heraufzulassen. Wenn er wollte, konnte er die Cops oder meinetwegen seine so genannten Freunde rufen - mir war alles egal.

31
    Ich brütete nicht allzu lange über das nach, was Kyle gesagt hatte. Ich bestellte eine Pizza und verschlang die Hälfte, obwohl das Ding kalt und matschig war, wobei ich zufrieden feststellte, dass Kyle es wenigstens nicht geschafft hatte, mir meinen Appetit zu verderben. Ich nahm ihm ab, dass er Jan von den Schuhen erzählt hatte, obwohl Jan das Thema nie zur Sprache gebracht hatte. Aber dazu war er auch viel zu sehr Gentleman. Aber all das andere Zeug glaubte ich nicht.
    Ich schob gerade den Rest der Pizza ins Tiefkühlfach, als das Telefon klingelte. Es war Jan, der von einer Telefonzelle aus anrief. Ich konnte ihn bei den Hintergrundgeräuschen kaum verstehen.
    »Alex«, sagte er.
    »Hi.«
    »Ich will dich sehen.«
    »Wo bist du?«, brüllte ich gegen eine penetrante Hupe an.
    »Was?«
    »Wo du bist«, wiederholte ich.
    »In der Nähe. Kannst du runterkommen?«
    »Jetzt?«
    »Ja«, sagte er aufgeregt. »Ich habe eine Überraschung für dich.«
    »Was für eine Überraschung?«
    »Das verrate ich nicht«, sagte er leise lachend. »Dann ist es ja keine Überraschung mehr.«
    »Okay«, sagte ich. »Warum kommst du nicht rauf?«
    »Nein«, antwortete er. »Komm du runter.«
    »Wo bist du?«
    »Komm einfach. Ich warte in der Lobby.«
    Ich hatte keine große Lust, wieder in die Kälte hinauszugehen. Aber Jans gute Laune wirkte fast ansteckend.
    »Also gut«, lenkte ich ein. »Ich bin in ein paar Minuten unten.«
    »Okay.« Er legte auf.
    Das war unser letzter gemeinsamer Abend. Und das war wohl auch der Grund dafür, dass er nicht heraufkommen wollte; er hatte irgendetwas Besonderes geplant. Der Gedanke gefiel mir. Während ich mir hastig die Zähne putzte, überlegte ich, was ich ihm sagen würde. Ich musste ihm eine Antwort geben. Es gab eigentlich nichts, was mich davon abhielt, mit ihm zu gehen. Carmi würde in drei Tagen zurück sein, die Wohnung würde also nur zwei Tage leer stehen. Ich konnte meine Eltern morgen früh noch anrufen und ihnen Bescheid geben. Sie würden mich vermutlich für verrückt erklären, aber ich war achtundzwanzig Jahre alt -alt genug, um zu tun, was ich für

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