Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
Vom Netzwerk:
ansteuerte, die in einem ruhigen Winkel lag.
    »Wie ist es Ihnen ergangen?« fragte ich, während die Gläser gefüllt wurden.
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht so besonders, Sir. Aber das macht nichts. Ich trag’ schon ‘ne Weile was mit mir herum, das ich Ihnen zeigen wollte.«
    Suchend fummelte er in seiner Jackentasche herum und zog daraus eine zerknitterte und verblaßte Photographie hervor. Darauf war eine hübsche Frau zu sehen, die etwas verlegen und steif auf einem Atelierstuhl saß, hinter ihr stand ein gut aussehender junger Mann.
    »Na, was meinen Sie wohl, wer das ist?«
    Wer hätte es außer ihm sein sollen.
    »Sie sind das, Paddy«, antwortete ich. »Das sieht doch ein Blinder. Ist das Ihre Frau?«
    Es schmeichelte ihm, daß ich ihn gleich erkannt hatte.
    »Das Bild wurde an ihrem Geburtstag gemacht, während die Jungen bei der Schwiegermutter waren. Wir verbrachten einen herrlichen Tag.« v
    Wir nahmen einen kräftigen Schluck Bier. Dann sagte er: »Warum wollten Sie die Geschichte von den Viehtreibern hören?«
    »Nur so. Aus Interesse.«
    »Einige von ihnen waren drollige Typen«, erinnerte er sich. »Ich könnt’ Ihnen ‘ne Menge erzählen. Da war zum Beispiel Johnny Lord, für den ich arbeitete, als ich noch ein ganz junges Bürschchen war. Der trank pro Tag eine Flasche Whisky und redete so vornehm, daß einige behaupteten, er wäre der Sohn eines Lords. Aber andere meinten, daß er wegen Mordes gesucht würde. Und eins war sicher: wenn er besoffen war, ließ er ganz schön die Sau raus — und das war die meiste Zeit. Und dann gab’s da noch Harry Griffiths, ein Waliser aus Radnor, der ständig schmutzige Reden schwang. Beim Saufen kriegten die beiden sich in die Wolle, und Johnny Lord warf ihn dann zu Boden und trampelte auf ihm rum und brach ihm ‘n Stück vom Bein ab.«
    »Sie meinen, er brach dem andren Mann das Bein?«
    Die Frage irritierte meinen Freund. »Ich mein’ das, was ich sage. Johnny Lord warf ihn zu Boden und trampelte auf ihm rum und brach ihm ‘n Stück vom Bein ab. Er hat’s ins Feuer geschmissen.«
    »Du lieber Himmel«, sagte ich. »Hat Griffiths das überlebt?«
    »Überlebt? Warum sollte er das nicht überleben? Klar hat er das, aber er mußte sich ein neues Bein machen lassen. Die haben ihm erstmal eins aus Eschenholz gemacht, aber später hat er sich dann ein richtiges von einem Tischler machen lassen, als wir nach Welshpool kamen.«
    »Er hatte eine Prothese?«
    Paddy prustete vor Lachen in sein Bierglas, weil ich davon offensichtlich keine Ahnung hatte. »Natürlich! Old Griffiths hatte ‘n Holzbein, aber damit hüpfte der schneller durch die Gegend als Sie und ich. Er und Johnny haben sich ständig verkloppt.«
    Die Geschichte wurde unterbrochen, weil zwei von Paddys Freunden, fast so alt wie er und sicherlich von ebenso schlechtem Ruf, sich zu uns gesellten. »Wir haben dich gesucht, Paddy. Hast du sie?«
    Der Ire hob eine Hand zum Zeichen, daß sie den Mund halten sollten. »Das hier ist mein Freund Mr. Holgate von Egerton. Er ist ein reicher Bauer«
    Wir begrüßten uns.
    »Wo ist sie?« fragte der größere von beiden erneut.
    »Wo ist was?«
    »Die Kokosnuß, auf die du aufpassen solltest. Wo ist sie?«
    »Kokosnuß?« wiederholte der kleine Viehtreiber und sah den Frager an, als hätte dieser den Verstand verloren. »Was faselst du denn da, Taffy?«
    Es schien zwar interessant zu werden, aber auf der anderen Seite war es wohl auch nicht schlecht, jetzt fortzugehen. Die Auseinandersetzung würde sicherlich etwas länger dauern, und Shirley mit den Kindern wartete auf mich.
    »Also, Tschüß, Paddy«, sagte ich. »Ich glaub’, es wird Zeit für mich zu gehen.«
    Er hielt einen Finger warnend vor den Mund, der zu einem fröhlichen Grinsen ansetzte.
    »Ja, es wird wirklich Zeit für Sie, Sir. Der Vogel ist weise, der rechtzeitig fortzufliegen versteht.«
    »Sie werden uns mal wieder besuchen kommen?«
    »Wenn die Sonne scheint«, versprach er.
    Die Kinder entdeckten mich in der Menschenmenge. Sie hatten ihr Geld ausgegeben, und es gelang ihnen nicht, noch einen Penny aus ihrer Mutter herauszuquetschen. Hungrig waren sie auch.
    »Mama sagt, du würdest uns Fisch und Chips kaufen, was wir auf dem Heimweg essen könnten.«
    Mit der Kokosnuß in der Hand kam Shirley dazu. »Für manche Leute sieht das Leben eigentlich wunderbar aus.«
    »Du möchtest auch ‘ne Portion Fisch und Chips?« fragte ich.
    »Warum nicht? Laß uns mal leichtsinnig sein.«
    Wir

Weitere Kostenlose Bücher