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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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diesem Hof herunter, solange du aussiehst wie eine abgewirtschaftete Vogelscheuche, dann hast du dich gründlich getäuscht. Ich hab’ dir deine Cordhose und ein Tweedjacket auf dein Bett gelegt.«
    »Na gut, wenn du dich schämst, in Gesellschaft eines verarmten, arbeitsamen Bauern gesehen zu werden...«
    Bedrohlich holte sie mit ihrer Handtasche aus, so daß ich schleunigst ins Haus zum Umziehen lief. Es ist manchmal gefährlich, einen Spaß zu weit zu treiben.
    Bereits eine Viertelstunde später ächzte und stöhnte das Auto den steinigen Pfad hinauf — es hatte sein Leben damit begonnen, daß es Wein in den Londoner Vororten ausfuhr.
    Das neue Gras leuchtete an den Böschungen, der Weiderich erstand wieder von den Toten, das Farnkraut begann sich zu entrollen, und die Hecken erwachten zu neuem Leben. Auf den Weiden neben der kurvenreichen Straße spielten junge Lämmer übermütig miteinander, eine Herde Milchkühe graste friedlich um einen stattlichen Hereford-Bullen herum, die Gerste war kräftig beim Wachsen, und in den Gärten der kleinen Häuser aus grauem Feldstein leuchteten hell und freundlich die gelben Blüten der Narzissen und Schlüsselblumen.
    »Der Monat Mai«, sagte meine Frau glückselig, »erscheint einem als ein ganz besonderer Monat, weil der Winter noch nicht allzu lange vorbei ist und man sich noch gut an die schlimmen Zeiten erinnern kann. Daher genießt man dann besonders das schöne Wetter und freut sich darüber, daß der ganze Sommer noch vor einem liegt.«
    Nach unserer Ankunft half mir ein Arbeiter, der ein Khakihemd trug und sonst bei den Schafen zur Hand ging, die beiden Kälber auszuladen.
    »Das ist ein prächtiges Paar, Mr. Holgate«, sagte er. »Die werden ein gutes Stück Geld bringen, mein’ ich.«
    »Ich werd’s gut gebrauchen können.«
    »Und falls du’s nicht kannst, dann weiß ich mit Sicherheit, was ich damit machen werde«, lachte Shirley, die uns folgte.
    Mein Helfer kicherte. »Meine Missus ist ganz genauso, Boß. Wir sind jetzt schon dreißig Jahre lang verheiratet und noch immer so arm wie damals, als wir anfingen.«
    »Sieht so aus, als würd’s mir genauso gehen«, erwiderte ich.
    Die kleine Arena zum Verkauf für die Kälber befand sich in einem Halbrund, das von interessierten Käufern und Zuschauern gesäumt wurde, die auf betonierten Abstufungen gegenüber dem Pult des Auktionators standen. Angebot und Nachfrage waren heute sehr lebhaft. An diesem Tag hatte der junge Mann mit dem Hammer keine Probleme, zahlungsfreudige Käufer zu finden. Als es dann so weit war, daß unsere Kälber — die Nummer 34 und 35 — hereingebracht wurden, lag das Verkaufsniveau bereits fest.
    Ein älterer Bauer, der hinter uns stand, mit rotem Gesicht und grüngenopptem Tweedanzug, eröffnete das Bieten mit fünfzig Pfund. Doch sehr schnell blieb er auf der Strecke. Das kleine Stierkälbchen wurde schließlich für siebenundsechzig Pfund an einen wohlhabend aussehenden Herrn verkauft, der über seine Anschaffung sehr froh zu sein schien.
    Das Rotgesicht versuchte sich nochmals an der kleinen Färse. Aber wieder zog er den kürzeren im Wetteifer mit demselben Herrn, der als letztes Angebot sechzig Pfund nannte. Er wäre offensichtlich auch noch höher gegangen, wenn ein Gegner dagewesen wäre, der ihn gefordert hätte.
    »Der hat mehr Geld als Verstand«, kommentierte der Verlierer, an einen jungen Mann gewandt, der neben ihm stand.
    »Wenn man das halbe Land besitzt, braucht man auch keine Shillinge mehr zu zählen«, pflichtete ihm dieser bei.
    Empört drehte sich Shirley nach den beiden um. »Das sind ausgezeichnete Kälber!«
    Die Männer machten verlegene Gesichter. Dann lachte der Rotgesichtige und sagte: »Das weiß ich, Missus. Wenn sie’s nicht wären, hätte ich ja auch nicht für sie geboten. Gehören sie Ihnen?«
    »Ja, eins davon.«
    »Die Färse«, fügte ich schnell hinzu.
    Die Männer in unserer Nähe lachten, und Shirley steckte den Punkt ohne aufzumucken ein: »Das stimmt.«
    »Ein nettes kleines Tierchen«, sagte das Rotgesicht mit einem Grinsen. »Zukünftig werde ich für Ihre Kälber ein Auge offenhalten.«
    Nach dem Verkauf der beiden Kälber zeigte Shirley keinerlei Interesse mehr für den Rest der Auktion. Während ich noch dabei blieb, ging sie schnell zu dem Teil hinüber, wo ein vielfältiges Angebot an Gemüse, Geflügel, Wild, Eiern und verschiedenen Dingen, an denen vielleicht noch ein paar Shilling zu verdienen waren, herrschte.
    »Na, ist sie

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