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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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kauften vier Portionen, streuten Salz darüber, gossen ein paar Tropfen Essig oben drauf und aßen das Ganze auf dem Weg zum Parkplatz.
    »Und was ist mit Paddy?« fragte Shirley.
    »Seine Freunde haben ihn gefunden.«
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Er hat mir von einem Typ erzählt, der Johnny Lord hieß, der ein gesuchter Mörder war und einem andern Mann ein Stück vom Bein abgebrochen hatte.«
    Ein Chip, das eigentlich gerade in ihren Mund wandern sollte, blieb auf dem Weg dahin mitten in der Luft stehen: »Und?«
    »Er wird uns in Egerton besuchen, um uns die Geschichte zu Ende zu erzählen.«
    »Du lieber Himmel!« rief sie. »Wie kann er denn an der Stelle gerade aufhören?«
    »Seine Freunde hatten ihn gesucht.«
    Als wir nach Hause kamen, war John, der etwas anderes vorgehabt hatte, bereits im Bett. Mehr aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit machte ich noch meine Runde im Viehhof und kontrollierte alle Tore. Der Terrier, der es sich in dem Lagerraum in einem Nest aus Stroh gemütlich gemacht hatte, wedelte leicht mit dem Schwanz, aber er stand nicht auf, auch nicht, als ich ihn mit dem Zeh anstupste.
    Beim Ausziehen im Schlafzimmer blickte mich Shirley stirnrunzelnd im Spiegel an und fragte: »Bist du sicher, daß Paddy nicht noch etwas mehr erzählt hat?«
    »Er hat versprochen, uns zu besuchen, wenn die Sonne scheint.«
    »Nein, ich mein’ die Sache mit dem Bein.«
    »Ach so«, sagte ich leichthin. »Das ist ‘ne dolle Geschichte, findest du nicht auch? Sie mußten scheinbar warten, bis sie nach Welshpool kamen, wo sie einen Tischler fanden, der ihm ein neues Bein machte.«
    »Es war ein Holzbein!« rief sie aus.
    »Ja, natürlich«, antwortete ich mit der unschuldigsten Miene, die ich zustande brachte. »Hab’ ich das nicht gesagt?«
    »Du weißt sehr gut, daß du das nicht gesagt hattest«, rief sie und warf mit einem ihrer Hausschuhe nach mir.
     
    Paddy ist nie wieder nach Egerton gekommen. Etwa zwei Monate später, nach der Heuernte, traf ich Aaron, den Bergbauern, auf dem Montagsmarkt. Ich erzählte ihm von der Kirmes und von dem alten Viehtreiber.
    »Ah, ja, Paddy hat ganz gern ins Glas geguckt«, sagte der dicke Mann und lehnte sich gegen die Metallstreben eines Geheges, in dem Rinder zur Schau gestellt wurden.
    »Hat? Ist ihm denn was zugestoßen?«
    Überrascht sah mich mein Gesprächspartner an. »Wußtest du nicht, daß er tot ist? Im Lokalblatt stand was über ihn. Einer seiner Freunde hat ihn auf der Erde liegend in seiner Hütte entdeckt. Wahrscheinlich Hirnschlag. Man sagt, er hätte Familienangehörige in Amerika gehabt. Das hatte ich nicht gewußt.«
    »Zwei Söhne, er hat uns von ihnen erzählt«, sagte ich. Dann wandten wir unsere Aufmerksamkeit wieder den Rindern zu.
     

18.

Daisys Kälber und Shirley als Industrieboß
     
    M ai-Kirmes in Ludlow, Maiblüten in den Hecken. Der Weißdorn stand wieder in voller Blüte und verwandelte damit die Landschaft. Der kleine dornige Busch, der unsere Felder und Weiden begrenzte, strahlte jedes Jahr in seiner herrlichen Pracht. In längst vergangenen Zeiten hat man ihn verehrt, und sogar heute noch behandeln ihn vorsichtige Leute auf dem Lande mit Respekt, denn ist er nicht tatsächlich die wahre Blume des Frühlings?
    Shirley zeigte sich in bester Stimmung. Das freundlichere Wetter war ganz nach ihrem Wunsch, und sie sprang fröhlich und munter im Haus und auf dem Hof herum. An diesem Morgen brauchte ich nicht lange nach ihr zu suchen. Ein verwaistes Lämmchen hatte sich auf seine beiden Hinterbeine gestellt, die Vorderbeine auf eine Gehegepforte gestemmt und versuchte, darüber hineinzuspähen. Weitere vier Lämmer standen beobachtend daneben und warteten darauf, daß ihre >Mami< auftauchen würde.
    Als ich ins Gehege trat, fand ich sie dort mit je einer Flasche in der Hand. Sie fütterte die letzten Ankömmlinge auf unserem Bauernhof, Zwillingskälbchen.
    »Es geht ihnen wirklich gut«, berichtete sie mir. »Daisy wäre stolz auf sie, wenn sie sie sehen könnte.«
    Arme Daisy! Sie war nicht gerade eine Intellingenzbestie. Die beiden Kälber — ein Stierkalb und eine Färse — waren in einer Ecke der Weide direkt am Haus auf die Welt gekommen. Die Kinder überbrachten uns die Nachricht.
    »Daisy, zwei Kälber, schwarz, weiß!« rief Nick, der sich mit Hilfe von Hühnerfedern im Haar als Indianer verkleidet hatte. Er sprach abgehackt und imitierte damit einen bestimmten Helden aus dem Fernsehen.
    »Sehrrr guttt. Brav gemacht«,

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