Alle meine Schaefchen
entgegnete ich pflichtgemäß.
Am Nachmittag nahmen wir die beiden von der Mutter fort, da sie mit Flaschen großgezogen werden sollten. Das ist manchmal etwas schwierig, aber diesmal fuhren John und ich ganz einfach den alten Diesel-Kleinlaster auf die Weide, öffneten hinten die Wagentüren und warteten ab.
Daisy fühlte sich weder durch uns noch durch das Auto irgendwie bedroht, aber die beiden >gefiederten< Indianer machten sie mißtrauisch. Daher trottete sie hinter ihnen auf die andere Seite des Vehikels. Unverzüglich hoben wir die kleinen Kälber in den Wagen und schlossen die Türen. Als Daisy wieder auftauchte, war von den beiden keine Spur mehr zu sehen.
Doch das so plötzliche Verschwinden der Kälber verblüffte die Kuh ganz erheblich. Offensichtlich konnte sie aber einen Zusammenhang mit dem Kleinlaster nicht herstellen. Während einiger Sekunden starrte sie ungläubig auf den Fleck, wo die beiden gestanden hatten, dann marschierte sie einmal suchend um das Auto herum — natürlich ohne Erfolg.
Als wir davonfuhren, hätte sie sich am liebsten nachdenklich am Kopf gekratzt, wenn sie ein Mensch gewesen wäre. Doch erst als wir die beiden Kälber in ein Gehege brachten, begann sie zu brüllen. Sie gaben keine Antwort, denn das Paar war vollauf damit beschäftigt, an den Fingern der Kinder zu saugen.
Ihr Schweigen setzte für Daisy diesem Rätsel die Krone auf. Zögernd suchte sie einmal die Weide nach ihnen ab, rief noch ein paarmal, ohne Antwort zu erhalten, brach dann einfach die ganze Sucherei ab und begann zu grasen. Sie glaubte vielleicht, die Angelegenheit sei nur ein Phantasiegebilde in ihrem Kopf gewesen.
Sie war nicht niedergeschlagen, was bei manchen Kühen vorkam, aber während einiger Tage danach hielt sie ab und zu mit dem Grasen inne und ging suchend umher. Aber ihr Suchen war irgendwie ziel- und planlos, so als wäre sie sich nicht ganz sicher, was sie eigentlich finden wollte.
»Oh, ein wunderbarer Bonus«, rief Shirley aus, als sie die beiden Kälber im Gehege betrachtete. »Willst du sie verkaufen?«
»Wird wohl das beste sein. Mit denen können wir auf schnelle Weise eine kleine Extrasumme verdienen. Jedes Kalb sollte so zwischen fünfzig und sechzig Pfund bringen.«
»Mmmh«, machte Shirley genießerisch. »Eins davon wäre ein großartiger Zuschuß für unsere Urlaubskasse.«
»Nicht so schnell«, warf ich ein. »Da sind noch die unbezahlten Futterrechnungen, außerdem ist die neue Kettenegge noch nicht bezahlt, und weiter...«
»Reg dich nicht auf, laß uns die Sache klar und ruhig betrachten«, sagte Shirley und verwendete meine eigene Taktik. »Mit Zwillingen hast du noch nicht gerechnet. Mit einem einzigen gesunden Kalb wärest du zufrieden gewesen.«
Sie hatte recht.
»Aus diesem Grund ist das zweite Kalb ganz klar als Bonus für die Urlaubskasse gedacht.«
Ihrer Argumentation konnte ich nicht ganz folgen. »Wieso?«
»Weil du immer so liebenswürdig und galant bist und mich immer mit extravaganten Geschenken überraschst.«
Nun, wenn man es so ausdrückte...
Sie küßte mich auf die Wange. »Wann fährst du sie zum Markt?«
»Am übernächsten Montag.«
»Ich komm’ dann mit, und um meine Dankbarkeit zu zeigen, werd’ ich als die Verwalterin der Urlaubskasse dafür zum Mittagessen einladen«, sagte sie.
Später versuchte ich zu begreifen, warum mir dieses Angebot so großzügig vorgekommen war.
Es handelt sich niemals um eine Routineangelegenheit, wenn Shirley mit auf den Markt kommt. Als John und ich die Kälber in den Kleinlaster hoben, tauchte sie auf.
»Die Dame des Hauses schreitet auf uns zu, und das Ganze wird zu einem gesellschaftlichen Ereignis werden«, sagte mein Sohn grinsend. »Bestimmt wirst du deinen besten Sonntagsanzug anziehen müssen.«
Er wollte den Tag helfend mit Howard verbringen, der sich einen Kuhhof bauen ließ.
»Alles fertig«, rief ich ihr zu und schloß die Wagentür. »Steig ein, damit wir losfahren können.«
John drehte sich um, und ich sah, daß seine Schultern bebten.
Shirley glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu dürfen; sie hatte sich ein elegantes Kostüm — aus einer Boutique in London — angezogen. »Du willst doch wohl nicht etwa so gehen?«
»Das ist mein Arbeitszeug.«
Ich trug eine alte Anzugjacke mit ausgebeulten Taschen und eine mit Flicken übersäte Hose, die unten in Gummistiefeln steckte.
Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. »Wenn du glaubst, du kämest auch nur einen einzigen Schritt von
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