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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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anzumalen, damit man rausfinden kann, was sie auf dem Kerbholz haben. Hältst du das nicht auch für einen interessanten Vorschlag?«
    »Er entspricht ja ungefähr dem Niveau, das man von euch beiden erwarten kann«, entgegnete sie und lachte anschließend. »Vielleicht kämen damit recht unerwartete Ergebnisse zum Vorschein.«
    Sie hatte recht. Man sollte sich in diese Dinge lieber nicht einmischen.
    Nach etwa drei Kilometern stand am Weg ein selbstgefertigter verwitterter Wegweiser mit >The Bank< in ungelenken Buchstaben daraufgemalt. Er führte uns von der Straße, die von der Gemeindeverwaltung in Ordnung gehalten wurde, fort auf einen Pfad, der noch für ein paar Meter eine asphaltierte Oberfläche vortäuschte, sich aber dann sehr bald zu einem ähnlich schlimmen Weg verschlechterte, wie wir einen hatten. Glücklicherweise waren wir bald am Ziel.
    Das Wohnhaus der Farm The Bank war ein langgezogenes, niedriges Gebäude aus grauem Feldstein, das sich fest an den Boden zu schmiegen schien, um den Winden auszuweichen, die heftig um den Berg zu brausen pflegten. Das Dach war mit blaugrauen Schieferplatten gedeckt, die wahrscheinlich aus Rias Heimatgegend in Wales, Snowdonia, stammten; und obgleich es heute ein warmer Abend war, stieg Rauch aus dem Schamotteschornstein.
    Zwischen zwei torlose Einfahrtspfosten steuerte ich das Auto auf den betonierten Hof, wo bereits ein halbes Dutzend anderer Autos parkten. Zwei schwarzweiße Schäferhunde kamen angelaufen, bellten und wedelten mit den buschigen Schwänzen.
    Durch den Lärm alarmiert, eilte Aaron von der Schmalseite des Hauses auf uns zu. Er öffnete eine kleine Pforte, die zu dem üppig blühenden und gedeihenden Küchen- und Blumengarten führte, in den das Haus eingebettet lag.
    »Ria kümmert sich darum, ich nicht«, sagte unser Gastgeber, als er unsere bewundernden Blicke bemerkte. »Fast alle sind bereits da, außer euch und Onkel Russell.«
    Shirley hob ein wenig ihren Rocksaum, um damit nicht den Boden zu berühren.
    »In eurem alten London gibt’s natürlich keinen solchen verflixten Schafsdreck«, bemerkte Aaron; er war deutlich froh, uns zu sehen. »Hier oben leben wir halt in unserer eigenen Welt.«
    Als wir den Wohnraum betraten, lachte gerade die frischgebackene Ehefrau, ein großgewachsenes Mädchen in einem blauen Kleid mit rabenschwarzem Haar und einer Haut wie Milch und Honig, über eine Bemerkung, die ein junger Mann ihr zugeflüstert hatte. Dieser schwingende, glückliche Klang übertönte das Gemurmel der allgemeinen Unterhaltungsgespräche, das Klirren von Tassen und Gläsern sowie die Musik eines Schallplattenspielers in einer Ecke, nach der einige junge Leute zu tanzen versuchten. Der Tag gehörte der Braut: Sie war der Mittelpunkt von all dem, und das strahlte aus ihren Augen.
    »Sie erinnert mich an Ria, als ich sie hierher holte«, sagte Aaron voller Anerkennung. »Wenn sie auch soviel von einem Mann verlangt, wie Ria damals, wird Harry wohl in bezug auf die Arbeit zurückstecken müssen, da gibt’s gar nichts.«
    Shirleys Augen weiteten sich.
    »Eine Frau, die das Gras zum Rauchen bringen kann«, stimmte ich zu und verwendete dabei einen Ausdruck, den er bei einer ähnlichen Gelegenheit benutzt hatte.
    Das war zuviel für sie!
    »Ich laß’ euch beiden wollüstigen...«, begann sie, wurde aber von Ria unterbrochen, die aus der Küche mit einem beladenen Tablett auftauchte.
    »Da seid ihr ja!« rief unsere Gastgeberin, die in einem purpurfarbenen Kleid erstrahlte, das ihr prächtiges Haar noch röter als sonst machte. »Kommt, ich möchte, daß ihr unsere Della kennenlernt.«
    Der Name paßte zu dem lachenden Mädchen. Er gehörte zu ihr, ebenso wie sie zu diesen Menschen und zu Räumen wie diesen gehörte mit tiefhängenden Balkendecken, offenen Kaminen und kleinen Fensteröffnungen.
    Als Shirley ihr den Kochtopf überreichte, wickelte sie ihn sofort aus und hielt ihn in die Höhe, damit alle ihn bewundern konnten.
    »Genau, was mir fehlte«, sagte sie. »Sie müssen meine Gedanken gelesen haben.«
    »Du lieber Himmel, Harry! Jetzt will sie dich auch noch bekochen!« scherzte ein kleiner, untersetzter Mann, der sich als Vetter des frischgebackenen Ehemannes herausstellte.
    »Na, ich muß ihm doch seine Kraft erhalten, wenn er all das tun soll, was bei uns noch zu tun ist«, sagte Della völlig arglos und ohne Hintergedanken.
    Alle lachten. Ich küßte Della auf die Wange, schüttelte Harry die Hand, nahm dankend einen reichlich

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