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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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irgendwie viel größer vorgestellt.«
    »Ich bin größer als Sie«, meinte Nellie Morris lachend.
    Aaron legte einen Arm um jede der beiden. »Weder die eine noch die andere würde viel Geld bringen, wenn man sie nach dem Gewicht verkaufte. Kommt zum Essen.«
    »Und was ist mit Onkel Russell?« fragte jemand. »Soll’n wir nicht lieber warten?«
    »Ach, der verflixte alte Russell«, rief Ria verärgert. »Der weiß ganz genau, um wieviel Uhr er hier sein sollte. Wir fangen ohne ihn an.«
    »Vielleicht benimmt sich sein Auto nicht so wie es sollte«, wagte ein kräftig gebauter Vetter schelmisch einzuwerfen.
    Damit rief er bei den anwesenden Männern laute Heiterkeit hervor, und ich fragte: »Hat er denn damit ‘ne Menge
    Ärger?«
    Mit todernster Miene nickte er. »Das hat ganz schlimme Angewohnheiten — es hält vor jeder Gastwirtschaft an.«
    Alle nahmen dann irgendwo Platz, um das gute Essen genießen zu können. Es wurde hörbar ruhiger im Raum*
    »Wunderbar, wenn man mal etwas essen kann, was jemand anderes gekocht hat«, meinte Nellie Morris sichtlich begeistert.
    »Aber wer ist eigentlich Onkel Russell?« fragte Shirley. »Ist der Dellas Onkel?«
    Harry Cleeton, der unten auf dem Teppich mit dem Rücken gegen die Anrichte und seinem Teller auf den Knien saß, grinste durch seinen frisch gestutzten Bart.
    »Aarons, er ist Aarons Onkel. Er hat in der Gegend von Cleobury einen Hof. Wir werden’s schon hören, wenn er auftaucht.«
    Das war zweifellos die größte Untertreibung des Abends. Fast alle waren gerade mit dem Essen fertig, als ein beinahe als Wrack zu bezeichnendes Auto mit einem halben Auspuff, der wie ein durchgehender Traktor einen Höllenlärm verursachte, auf den Hof röhrte, über die betonierte Fläche rutschte und schließlich mit einem Knall an der Steinmauer stehen blieb.
    Harry deutete mit einem Daumen in Richtung Geräusch: »Onkel Russell!«
    Ria lugte durch den Vorhang. »Er hat getrunken, und außerdem hat er noch jemand bei sich. Es wär’ wohl besser, wenn von den Männern ein paar hinaus gingen, um ihm zu helfen, falls es notwendig sein sollte.«
    Doch er brauchte keine Hilfe. Ein alter Mann, der nach den gleichen großzügigen Maßstäben gebaut war wie Aaron, dessen vom Wetter gegerbtes Gesicht fast völlig von einem Wirrwarr von Haupt- und Barthaar verdeckt wurde, kletterte aus dem Auto und atmete tief ein. Dann ging er um das Auto herum, öffnete die Tür des Beifahrers und zerrte seinen Passagier heraus. Es war der kleine Taffy Beniams mit dem steifen Bein, der zu Weihnachten einmal mit seinem Akkordeon in der >Schmiede< aufgespielt hatte.
    »Gebt auf eure Röcke acht, Mädchen«, warnte Ria ihre weiblichen Gäste. »Er benimmt sich manchmal wie ein alter Ziegenbock, wenn’s ihm danach zumute ist.«
    Shirley fing an zu kichern.
    Mit der Grazie eines Ochsen zelebrierte Onkel Russell seinen Auftritt. Es war nicht so sehr seine Größe, sondern eher sein Umfang, der so beeindruckend war. Eine riesige Menge an Hopfen war notwendig gewesen, um einen solchen Bauch zu formen.
    Mit seiner erhobenen Hand, die die Ausmaße einer Mistgabel hatte, wollte er Ria abwehren, die kochend vor Wut auf ihn losstürmte.
    »Halt! Ich weiß, ich bin spät. Wir wär’n schon mindestens eine Stunde hier, wenn Taffy nicht sein Akkordeon in der >Golden Crown< vergessen hätte. So mußten wir den ganzen Weg nochmals machen, um’s zu holen.«
    Diese Erklärung hielt Ria in ihrem Angriff auf.
    »Es liegt tatsächlich in der Familie«, sagte sie zu uns gewandt und wiegte dabei bewundernd den Kopf. »Es sind alles Lügner, bis hin zum letzten Sprößling.«
    »Du solltest so was nicht sagen«, protestierte Onkel Russell. »Komm, gib uns ‘nen Kuß und laß uns wieder Freunde sein.«
    Bevor Ria sich wehren konnte, wurde sie fest gegen den bierfaßähnlichen Bauch gequetscht, und sie mußte es sich gefallen lassen, daß Onkel Russell ihre breiten Pobacken drückte.
    »Laß mich los, du verflixter Narr, sonst setzt’s was...« keifte sie und schob ihn von sich, dann fuhr sie sich mit den Fingern durchs rote Haar. »Wenn du dich nicht benimmst, fliegst du raus und verbringst die Nacht in der Scheune.«
    Durch das Grinsen des alten Mannes legte sich sogar seine Stirn in Falten. »Ich werd’ mich wie ein Heiliger benehmen, kein einziges ungezogenes Wort...«
    Taffy Beniams fing an zu spielen. Er hatte zwar genug getankt, um hin und wieder einen falschen Ton zu erwischen, aber er brachte eine merkwürdig

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