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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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bemessenen Whisky entgegen und wurde dann, gemeinsam mit Shirley, einer verwirrenden Ansammlung von Mamas, Papas, Onkel, Tanten und weiteren Verwandten sämtlicher Breiten, Höhen und Grade vorgestellt.
    Schließlich stellte mich Aaron einer hübschen, unauffällig gekleideten Frau vor, die ihr dickes braunes Haar oben auf dem Kopf in Locken gesteckt hatte. Sie war sehr wirkungsvoll.
    »Das ist Nellie Morris; du weißt doch, sie wohnen nicht sehr weit von Egerton entfernt.«
    Sie rückte auf dem Sofa ein wenig zur Seite, um mir Platz zu machen, und ich setzte mich dankbar neben sie.
    Aaron ließ uns allein, und Shirley hatte sich Ria angeschlossen, um den Rest der Geschenke sowie das Haus anzuschauen.
    »Ein interessanter Wohnraum, nicht wahr?« sagte ich und versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Ich hab’ The Bank immer sehr gern gemocht«, antwortete sie mit tiefer, angenehm klingender Stimme. »Alfie und Aaron sind weitläufig miteinander verwandt; deswegen haben wir uns damals, als wir anfingen miteinander zu gehen, oft hier getroffen. Das ist allerdings mehr als nur ein paar Jahre her.«
    Jetzt fiel bei mir endlich der Groschen.
    »Sie sind Morris vom Blacktree-Hof?«
    Sie lächelte wehmütig. »Ich bin Morris’ Frau, Mr. Holgate.«
    »Ah«, machte ich, weil mir nichts anderes einfiel. »Bitte, nennen Sie mich einfach Jack.«
    Man sah mir meine Verlegenheit deutlich an, und sie fing an zu lachen. »Lassen Sie sich das nicht peinlich sein, was geschehen ist, ist ja doch nicht Ihre Schuld.«
    »Haben Sie Nachricht von ihm?«
    Sie berührte ihre Lippen mit langen, verarbeiteten Fingern.
    »Alfie ist ein guter Vater; er schreibt den Kindern. Edward, der älteste Sohn, bekommt Briefe wegen der Arbeit, die gemacht werden muß. Dort drüben steht er übrigens.«
    Ein großer, schlanker Bursche mit einem widerspenstigen Haarschopf vernahm plötzlich die Stimme seiner Mutter und blickte flüchtig zu uns herüber.
    »Hat man Ihnen erzählt, daß ich Edward erwartete und daß mich Alfie deswegen geheiratet hat und nicht Katie? Es ist die Wahrheit. Ich liebte ihn, und nur auf diese Weise konnte ich ihn bekommen.«
    »Sie haben das absichtlich gemacht?«
    Nellie Morris sah mich prüfend an mit dem Anflug eines Lächelns in ihren Augen und nickte dann. »Ja. Was denken Sie jetzt? Sind Sie schockiert?«
    »Eigentlich nicht. Aber was wird jetzt daraus? Werden Sie ihn wieder bei sich aufnehmen?«
    Ihr Mund zeigte nun ein breites Lächeln, und sie nickte nochmals. »Ja, jederzeit, sobald es soweit ist, und ohne Fragen zu stellen... Glauben Sie, er wird zurückkommen?«
    »Er wär ein dummer Narr, wenn er’s nicht täte«, entgegnete ich ehrlich. »Vielleicht wird doch noch alles gut.«
    »Nur Gott kennt die Zukunft«, sagte sie. »Wir Menschen müssen geduldig abwarten und sehen, was kommt.«
    Aus dem Zimmer nebenan waren laute Hurra-Rufe zu vernehmen.
    »Lassen Sie uns sehen, was dort los ist«, sagte ich. »Außerdem brauchen Sie etwas zu trinken.«
    »Wird Zeit, daß ich mich ein wenig bewege«, erwiderte sie lächelnd und stand auf. »Ich fing ja fast schon an, Wurzeln in diesem alten Kissen zu schlagen.«
    Ihr Sohn gesellte sich zu uns. »Alles in Ordnung, Mama?«
    »Ja, geh nur und amüsier dich, Junge. Mr. Holgate nimmt sich meiner an.«
    Wir reichten uns die Hand.
    »Sie sind drüben auf Egerton, Johns Vater«, sagte er.
    »John spielt heute für uns den Babysitter.«
    Ein blondes Mädchen in einem selbstgenähten Baumwollkleid zupfte an seinem Ärmel. »Edward... komm doch.«
    Nellie Morris lächelte und zuckte die Schultern. »Wie schnell wachsen sie zu Männern heran... und falls die Mütter das nicht mitkriegen, die Mädchen merken’s bestimmt.«
    Ich nahm unsere Gläser und folgte ihr.
    In dem Raum, den wir jetzt betraten, war auf zwei langen Tischen eine Unmenge an leckerem Eßbaren aufgebaut worden: Fleisch und Geflügel, Gemüse und Kuchen und ein großer Laib selbstgebackenes Brot.
    »Ria hat bestimmt einen Monat lang dafür gekocht«, sagte ich zu Shirley, die zu uns herüber kam.
    »Della hat ihr dabei geholfen«, erklärte meine Frau und sah meine Begleiterin an.
    Ich stellte die Damen einander vor, was mir eine gewisse Genugtuung verschaffte. »Das ist Nellie, Mrs. Morris, du weißt doch, Alfies Frau. Das ist Shirley.«
    Sie gaben sich die Hand.
    »Sie sehen überhaupt nicht so aus, wie ich Sie mir vorgestellt hatte«, platzte Shirley heraus. »Ich weiß zwar nicht warum, aber ich hab’ Sie mir

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